Читать книгу Insolvenzplan, Sanierungsgewinn, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenz - Paul Groß - Страница 81
a) Maßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit
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Die Formulierung in § 19 Abs. 2 InsO stellt darauf ab, ob der Fortbestand des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Dies ist ein Gesamturteil über den möglichen weiteren wirtschaftlichen Unternehmensverlauf, und zwar insbesondere bezogen auf die Fähigkeit, jederzeit die fälligen Verbindlichkeiten begleichen zu können.
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Jeder Planung ist immanent, dass die zugrunde gelegten Annahmen aufgrund nicht vorhersehbarer Umstände nicht eintreten oder anders ausfallen können. Mit zunehmender zeitlicher Entfernung der prognostizierten Ereignisse oder Annahmen vom Beurteilungsstichtag steigt der Grad der Unsicherheit und sinkt der Detaillierungsgrad der Annahmen. Naturgemäß ist deshalb auch die insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose – in besonderem Maße für das folgende Geschäftsjahr – mit Unsicherheit behaftet. Der Gesetzgeber hat diese Unsicherheit bei der Definition der Insolvenzgründe gesehen und in Kauf genommen. Bei der positiven insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose kommt es deshalb darauf an, dass die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit innerhalb des Prognosezeitraums mit überwiegender Wahrscheinlichkeit begründbar ist.
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Für eine positive insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose muss die mittelfristige Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit wahrscheinlicher sein als der Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit. Drohende Zahlungsunfähigkeit setzt mithin voraus, dass der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher ist als deren Vermeidung. Dies ist dann der Fall, wenn nach dem Abwägen aller für die Fortbestehensprognose relevanten Umstände mehr Gründe dafür sprechen als dagegen. Maßgeblich ist die Sicht der gesetzlichen Vertreter, denen – wie auch bei der Beurteilung der Fortführungsannahme – ein gewisser Beurteilungsspielraum zugebilligt werden muss (vgl. BGH 6.6.1994 – II ZR 292/91 – DB 1994, 1608).
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Dem Fortbestehen des Unternehmens steht nicht entgegen, wenn eine Teilliquidation (Veräußerung von aufgrund des Unternehmenskonzeptes nicht betriebsnotwendigen Vermögensteilen) erforderlich ist.
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Soll zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit Liquidität zugeführt werden, können auch eingeleitete oder beabsichtigte Maßnahmen, z.B. Gesellschafterdarlehen, Zuzahlungen in das Eigenkapital, Kapitalerhöhungen, Aufnahme von (Sanierungs-) Krediten etc., mit ihren erwarteten Auswirkungen in die Finanzplanung einbezogen werden, wenn diese Maßnahmen hinreichend konkretisiert sind. Gleiches gilt für die geplante Verwertung von Vermögensgegenständen zur Schöpfung von Liquidität.