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6.

BOSTICH I

20. April 2046 NGZ

Da Nardonns Sonden meldeten ihm nur wenige Stunden später die Ankunft eines zum Schutz der Werftwelt ausgeschickten Rhagarns der gegnerischen Flotte. Die sechzig Kugelraumer aus allen Kreuzerklassen schwärmten aus, um den Raum rings um Murnark zu sichern. Die größten schleusten Leichte Kreuzer und Jäger aus, die sofort Jagd auf die Sonden machten und die meisten abschossen. Nur zwei entgingen ihnen und lieferten dem Anführer der Gos'Pothora weiter in ultragerafften Paketen Daten.

Wenig später folgten drei schwere Lakans, die von einem GAUMAROL-Raumer begleitet wurden. Mit vor Erregung tränenden Augen musterte da Nardonn das Schiff.

»Identifiziert den Raumer!«, forderte er. »Ich will wissen, ob das die TARTS ist!«

Immer wieder hatten da Nardonn und seine Verbündeten Jagd auf Atlan gemacht. Aber der Mascant hatte sich bedeckt gehalten, hatte sein Flaggschiff nie als einzigen GAUMAROL-Raumer an einer Schlacht teilnehmen lassen, und es war unmöglich gewesen, während der Gefechte die Befehlskette zu einem bestimmten Schiff zurückzuverfolgen.

»Wenn er tatsächlich selbst aus seinem Loch gekrochen sein sollte, muss es wirklich um ein wichtiges Projekt gehen«, murmelte da Nardonn. »Und wenn wir als Krönung noch ihn selbst ins Netz bekämen ...«

Er musste sorgfältig planen, sehr sorgfältig. Atlan war ein gerissener Fuchs, das hatte er immer wieder unter Beweis gestellt. Andererseits konnte selbst er keine Einheiten aus dem Ärmel schütteln. Da Nardonn dagegen hatte direkt nach dem Rückzug Verstärkung angefordert. Die zu seinen beiden Lakans gehörigen Rhagarns trafen bereits ein und schlossen zu seinem Verband auf, und er rechnete jeden Moment mit weiterer Verstärkung. Alle Raumer trieben mit Sprunggeschwindigkeit durch das All und warteten nur auf sein Signal.

»Wir haben die vorletzte Beobachtungssonde verloren«, meldete ein Offizier der Funk- und Ortungsstation. »Aber sie konnte vorher noch einen Teil des Funkverkehrs auffangen. Entschlüsselung läuft.«

Wenig später wandte da Minterol sich mit einem Lächeln um. »Der Funkverkehr bestätigt, was die Auswertung der Ortung schon mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben hat: Es ist die TARTS.«

»Perfekt!«, sagte da Nardonn und lehnte sich zurück. »Zufällig weiß ich, dass wegen der Experimente auf der Talur-Werft niemals ein Transmitter installiert wurde, weil das als zu gefährlich angesehen wurde. Wir warten noch, bis der Mascant zum Planeten aufbricht. Erst dann schlagen wir zu.«

Da Nardonn lächelte. Womöglich bot sich hier die einmalige Gelegenheit, dem Yilld durch schnelles Handeln den Kopf abzuschlagen.

*

Wie der Sandsturm über die Berkomnairs kamen da Nardonns Einheiten über den Gegner. Sie materialisierten so dicht am Planeten, wie es vertretbar war, und Augenblicke später jagten sie zwischen den Reihen der gegnerischen Raumer hindurch und eröffneten das Feuer.

Die Schrecksekunden waren alles, was da Nardonn brauchte. Zwar hatte der Mascant in etwa die gleiche Tonnage aufzubieten, doch dieses Mal kam ihnen die zahlenmäßige Überlegenheit zugute, denn sie konnten an mehr Orten gleichzeitig sein. Da Nardonns wichtigstes Ziel war ohnehin eine kleine Raumfähre, die soeben die Schutzschirme der TARTS hinter sich gelassen hatte, um auf dem Planeten zu landen.

Im Rahmen des schnellen Schlagabtausches löste die BOSTICH I sämtliche Impulskanonen und Owes'Coort-Strahler in Richtung dieses einen Ziels aus. Der Schutzschirm der Fähre wurde weggefegt wie ein Seidenschleier im Sturm, und in Sekundenschnelle ließ die auf der Außenhülle materialisierende Antimaterie den Stahl eines großen Teils der Hülle in energetischem Wabern verpuffen.

Falls die Besatzung Schutzanzüge trug, mochte sie diesen Teil des Angriffs vielleicht sogar noch überlebt haben. Doch der nächste Impulskanonentreffer setzte neben den eigenen Energien die der Bordreaktoren und Energiespeicher der Fähre frei. Auf Murnark musste es wirken, als ginge am Taghimmel ein neuer Stern auf, der für Sekunden selbst das Streulicht der Sonne überstrahlte.

Während die Trümmer auf der ursprünglichen Bahn des Kleinraumers in die Atmosphäre eintauchten und verglühten, jagten da Nardonns Schiffe am Planeten vorbei, passierten unter weiterem heftigem Feuer die Wachschiffe auf der anderen Seite und sammelten sich anschließend außerhalb der gegnerischen Reichweite.

»Hyperfunkspruch an alle Einheiten um Murnark«, ordnete da Nardonn an. »Hier spricht Jarak da Nardonn. Der Planet Murnark, Hort arkonidischer Traditionen, ist imperiales Territorium. Ich fordere hiermit alle Raumschiffe der Anhänger des Thantur-Barons auf, sich aus dem Parauvsystem zu entfernen. Jedes Schiff, das diese Aufforderung umgehend und mit desaktivierten Schutzschirmen befolgt, erhält freies Geleit.«

Da Nardonn beobachtete die gegnerischen Reihen. Als er schon nicht mehr daran glaubte, erfolgte eine Antwort – allerdings nicht in der Art, die er erhofft hatte.

Auf dem Holoschirm entstand das Abbild eines hochgewachsenen Arkoniden in schlichter Flottenuniform. Sein etwas über schulterlanges Haar trug er im Nacken zusammengefasst. Die roten Augen schienen zornig zu funkeln, dennoch drückte seine Haltung eiserne Selbstbeherrschung aus.

»Hier spricht Atlan, Mascant der Vereinigten Sternenbaronien Thantur. Wir sehen keinen Anlass, die Bevölkerung von Murnark der Willkür eines Mannes auszuliefern, der gerade zum zweiten Mal an einem Tag mehrfachen Mord an Arkoniden begangen hat.«

Da Nardonns Augen tränten heftig. So sehr hatte er sich gewünscht, diesen Mann aus dem Weg geräumt zu haben, und nun stand er da und schleuderte ihm Beschuldigungen entgegen.

»Lüge!«, rief er. »Wir haben versucht, ein Kurierschiff aufzuhalten, das Eigentum des kommenden Imperiums veruntreuen wollte. Niemand hätte zu Schaden kommen müssen, doch in ihrer Verblendung hat die Besatzung ihr Schiff gesprengt! Daran tragen bestenfalls diejenigen Schuld, die sie zu solcher Verblendung getrieben haben: Der Thantur-Baron und seine Marionetten, wie du eine bist, Mascant!«

»Hätte der Thantur-Baron Marionetten statt Mitarbeitern, wäre er bereits ein Herrscher im Stil eines Imperators, und du müsstest dich nicht gegen ihn auflehnen«, gab Atlan eisig zurück. »Außer natürlich, es ginge dir gar nicht darum, welche Staatsform das arkonidische Reich hat, sondern nur darum, dass du an der Spitze stehst!«

»Als Mitarbeiter siehst du dich also? Ob Larsav da Ariga klar ist, was er sich da ins Boot geholt hat? Allem Hörensagen nach hast du ja schon einmal deine Verantwortung einfach abgelegt und das Arkonidische Reich anderen überlassen. Andererseits passen zwei Verräter an der arkonidischen Seele ja gut zusammen.«

»Du weißt nichts von der arkonidischen Seele, da Nardonn«, behauptete sein Gegenüber. »Ich habe mein Volk schon mehrmals aufsteigen, in Dekadenz fallen und wieder aufstehen sehen. Es mag mir nicht immer gefallen haben, wie das Aufstehen aussah, und manchmal musste ich mich den schlimmsten Auswüchsen entgegenstellen.

Vor dem, was mein Volk dieses Mal für sich aufgebaut hat, habe ich aber allerhöchsten Respekt, und ich bin bereit, diese neu gestaltete Zukunft sowohl gegen die ewig gestrigen Geister zu verteidigen, die ihr Heil lieber in einem überkommenen Imperium suchen, als auch gegen jeden, der eine solche Bewegung lediglich für seinen persönlichen Machtgewinn unterstützt.«

»Wie kommst du dazu, mir eine solche Haltung zu unterstellen?«, ereiferte sich da Nardonn. »Ich habe schon an die imperiale Sache geglaubt, als ich noch ein kleiner Kadett war! Zu sehen, wie alles zerredet und durch tausend Verwaltungsmühlen gejagt wird, hat mich krank gemacht.

Die Baronien mögen eine gute Übergangslösung gewesen sein, um das Volk in der Krise zusammenzuhalten, und der Übergang zu den Vereinigten Sternenbaronien als der nächste notwendige Schritt war als solcher gut – aber an dieser Stelle dürfen wir nicht stehen bleiben! Die Zeit ist gekommen, den dritten logischen Schritt zu tun! Wir benötigen eine starke Spitze, die notfalls alle Bedenken und Bürokraten beiseitewischen und ohne Verzögerung handeln kann!«

»Und wer entscheidet, wann solche Notfälle eintreten, in denen der Wille eines Einzelnen sich über den aller anderen hinwegsetzen darf? – Aber du hast gefragt, wie ich dazu komme, dir zu unterstellen, du wärst nicht am Schicksal des arkonidischen Volkes interessiert, sondern nur an deinem eigenen Machtgewinn. Das ist einfach zu beantworten.

Wer sich für das arkonidische Volk interessiert, richtet sich nach dem, was es sagt und wie es handelt. Und wer das tut, hat es nicht nötig, Fremde ins Reich zu holen, um für seine Sache zu kämpfen. Du hast dich über die Ablehnung hinweggesetzt, die du unter den Arkoniden erfahren hast, und hast Arkon an die Naats und die Ladhonen verraten. Der einzige Grund, den es dafür geben kann, ist persönliche Machtgier.«

*

Da Nardonn spürte, dass er an Boden verlor. Sein Gegenüber hatte tatsächlich alles, was man von ihm behauptete: Selbstsicherheit und Ausstrahlung, dazu eine zugrunde liegende Ruhe und Abgeklärtheit, die sogar durchschienen, wenn er seinen Gefühlen Ausdruck verlieh. Ein Rededuell gegen einen solchen Mann konnte er auf Dauer nur verlieren.

Aber das war auch nicht die Art Gefecht, wegen der er hergekommen war. Er musste versuchen, sich irgendwie ohne Gesichtsverlust daraus zurückzuziehen.

»Das mag in deiner Welt so sein«, antwortete er, »in der Welt, in der jeder für sich alleinsteht und für sich allein kämpfen muss. In meiner Welt dagegen passt man aufeinander auf, und wenn mein Volk verführt und verblendet wird, sehe ich mich in der Pflicht, es an die Hand zu nehmen und notfalls mit sanftem Druck dorthin zu führen, wo es besser ist. Wir haben Verbündete für diesen Weg gesucht, aber wenn wir das Ziel erreicht haben, ist es dem arkonidischen Volk überlassen, ob es ihm dort besser gefällt oder nicht. Denn dann werden unsere Freunde abziehen.«

»Wie weit geht dein sanfter Druck? Wirst du ihn weiter ausüben, wenn deine Untertanen lieber sterben wollen, als sich weiter zu beugen? Und wirst du die Wehrlosesten unter deinen Gegnern am meisten unter Druck setzen, um nur ja deine Ziele zu erreichen? Und was, wenn das schiefgeht – wirst du dann einen Flächenbrand legen? Wirst du Murnark angreifen, nur weil ich mich irgendwo dort aufhalte?«

Da Nardonn warf einen fragenden Blick zur Ortung. Dort schüttelte man den Kopf und deutete auf das Holo der TARTS.

»Natürlich nicht«, antwortete er daraufhin. »Außerdem bist du an Bord deines Flaggschiffs. Was soll die Frage also? Glaubst du, mich dazu verleiten zu können, meine eigenen Verbündeten anzugreifen? Denn ich bin sicher, dass die Murnarkoniden auf meiner Seite stehen! Auf dieser Welt werden Traditionen und die Werte aus den Zeiten des Großen Imperiums noch hochgehalten, das habe ich immer wieder während meiner früheren Besuche hier festgestellt.«

Er spürte das kurze Zögern seines Gegenübers. Hatte er endlich eine Schwäche gefunden?

»Eine Verbindung zur Tato Markane da Chao«, forderte er seine Funkabteilung auf. »Fragen wir die planetare Verwalterin, wem ihre Unterstützung gilt. Das muss dann wohl als die Stimme zumindest des hiesigen Volkes genügen, oder?«

Erneut zögerte Atlan, ehe er mit einer Geste seine Zustimmung gab.

In diesem Moment flackerte im Holo neben Atlans Bild das Gesicht einer Arkonidin auf. Sie hatte sich keine Mühe gemacht, die Spuren ihres fortgeschrittenen Alters kosmetisch zu korrigieren, und ihr weißes Haar war am Hinterkopf wie etwas aufgetürmt, das im nächsten Moment zustechen mochte. Von ihrem Aufenthaltsort war nur verwaschenes, halb transparentes Grau zu erkennen.

Der Blick, mit dem sie da Nardonn musterte, zeugte von hohem Selbstbewusstsein. »Wie kann ich dir helfen, Cousin?«

Die Anrede hatte nichts mit Blutsverwandtschaft zu tun, sondern war eine Sitte aus sehr alten Tagen, als der Hochadel noch enge Verbundenheit untereinander gepflegt hatte – und vermutlich auch ein Verwandtschaftsverhältnis oft nicht ganz auszuschließen war. Dennoch wertete da Nardonn sie bereits als einen Gewinn. Die Tato hätte sie sicher keinem gewährt, den sie rundheraus ablehnte.

»Mascant Atlan erhebt den Anspruch, für das arkonidische Volk zu kämpfen«, sagte da Nardonn. »Da er gerade die Klammer seiner Schiffe um Murnark gelegt hat, wüsste ich nun gerne, wie das Volk von Murnark darüber denkt.«

Die Augen der Tato wurden schmaler, und sie warf einen schnellen Blick auf etwas, das sich außerhalb des Erfassungsbereichs des Holos befand. Dann kehrte ihr Blick zu Jarak da Nardonn zurück.

»Jeder weiß, dass Murnark die Werte des Imperiums hochhält. Wir unterstützen gerne jeden, der dies ebenfalls tut und dabei unsere Souveränität respektiert.«

»Das tue ich selbstredend«, sagte da Nardonn schnell. »Kein Arkonide muss befürchten, von mir in seinen naturgegebenen Rechten beschnitten zu werden.«

Seine Gegenüber schien den Unterton herauszuhören; einer ihrer Mundwinkel zuckte kurz. Naturgegebene Rechte waren etwas, das vorrangig den Adel betraf, der auf Geburtsrechten aufbaute. Der Adel war es auch, dessen Macht und Einfluss da Nardonn schon immer am effektivsten für sich hatte gewinnen können, auch wenn einige seiner wichtigsten Unterstützer sich noch immer bedeckt hielten, um jederzeit das Fähnchen wechseln zu können.

»Unter diesen Umständen und im Vertrauen auf die Zusagen Jarak da Nardonns fordere ich Mascant Atlan dazu auf, seine Raumschiffe von unserem Planeten zurückzuziehen. Setz deinen Zwist mit dem imperialen Admiral meinetwegen außerhalb dieses Systems fort, aber unser Planet braucht euren Schutz nicht.«

Atlans Miene versteinerte. »Tato, willst du ernsthaft ...«

Noch ehe die Fürstin Antwort geben konnte, sprach die Ortung massiv an.

»Einhundert Schiffe sind am Systemrand aus dem Linearraum gekommen«, meldete ein Offizier. »Es sind naatsche Ovoidraumer!«

Auch Atlan musste die Meldung erhalten haben. »Wir ziehen uns zurück – für dieses Mal, und weil wir keinen Schaden für Murnark riskieren wollen«, sagte er knapp. Sein Holo erlosch.

Mit erstaunlicher Effizienz löste sich der Gürtel der Schiffe um Murnark auf und trat den Rückzug zur TARTS an.

»Schießt jeden ab, der sich zu langsam bewegt«, zischte da Nardonn.

Er wollte zumindest den Hauch eines Sieges verspüren.

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)

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