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8.

Rückkehr in die Geisterstadt

»Bist du dir sicher, dass wir hier nicht unsere Zeit verschwenden?«

Ghizlane Madouni hörte die Stimme ihres Sicherheitschefs Torr Nishal über den winzigen Funkempfänger in ihrem Ohr. Sie betrachtete scheinbar interessiert die Auslage im Geschäft, das so ungefähr das Langweiligste anbot, was sie sich nur vorstellen konnte: eine Kollektion aus zahllosen Entenfiguren. Aus Stein, aus Plastik, aus Glas, bunt und phantasievoll oder realistisch gestaltet und in Größen vom fingernagelgroßen Schmuckanhänger bis zur kaum noch tragbaren Figur. Wie in aller Welt kam jemand auf die Idee, einen Laden zu eröffnen, der sonst nichts anbot?

»Natürlich bin ich mir nicht sicher«, flüsterte sie in das Akustikfeld, das das Mikro direkt vor ihre Lippen projizierte. »Aber es ist momentan die einzige Spur.«

Sie blieb so dicht bei Nigella Schöman und Ove Heller wie nötig – und das hieß im Klartext, dass sie einigen Abstand halten konnte.

Eine winzige Sonde verharrte bei Jindo Kubertins besten Piloten und übermittelte die Position an Ghizlane und Torr, die wiederum voneinander getrennt auf der Lauer lagen. Das Gerät sendete weder Bild- noch Tonaufzeichnungen, hatte aber den Vorteil, extrem unauffällig zu sein.

Kaum größer als ein Staubkorn, hatte ihr Sicherheitschef es angepriesen. Trotzdem folgte es eigenständig dem einmal einprogrammierten Ziel, konnte sich fliegend bewegen und dabei hohe Geschwindigkeiten erreichen.

Was momentan allerdings absolut nicht nötig war. Ghizlane, Torr und die beiden Verfolgten streiften durch den Bereich des Kelchbaus im Ylatorium, der früher das Institut zur Erforschung des Dyoversums beherbergt hatte. Seit dem Umzug machte sich darin ein ständig wechselnder, unüberschaubarer Wust an kleinen und kleinsten Läden breit, in dem die Bewohner alles erwerben konnten, was sie benötigten. Und noch ein wenig mehr.

Wie Entenfiguren.

Schöman und Heller streiften gemeinsam durch die Gänge, hielten sich mal da, mal dort länger auf, ehe sie weiterflanierten.

Ein Rätsel jedenfalls löste sich für Ghizlane, als sie den Betreiber dieses Geschäfts zu Gesicht bekam – einen Ylanten. Dass eines von NATHANS seltsamen Roboterkindern derartige Ware anbot, wunderte sie nicht. Und den Roboter störte es wohl nicht, wenn die Kunden ausblieben.

Die Sonde sendete neue Daten, die auf die Innenseite der Brille projiziert wurden, die Ghizlane extra für diesen Einsatz trug – ein Gimmick aus dem Fundus ihres Sicherheitschefs. Schöman und Heller stiegen in einen der Antigravschächte und schwebten nach unten.

Endlich.

Sie wandte sich zum Gehen. Doch so wie sie den Ylanten hatte auch dieser sie entdeckt. »Womit kann ich dir dienen?«, fragte er.

»Danke, ich habe mich nur umgesehen«, murmelte sie die universelle Floskel aller Intelligenzwesen, die keine Lust auf eine Diskussion mit einem Verkäufer verspürten. Sie ging weiter.

Der bronzefarbene Roboter eilte ihr nach, stellte sich vor sie und hielt ihr eine Ente hin – ein Modell, das aussah wie aus Ton gebrannt, und von dessen Oberfläche sogar winzige Federn abstanden. »Nimm das hier mit.«

»Ich möchte nichts kaufen.«

»Ein Geschenk.« Der Ylant drückte es ihr in die Hand und zog sich ohne weiteres Wort zurück.

Ghizlane ließ die Figur in ihrer Hosentasche verschwinden. Sie wählte denselben Antigravschacht wie etwa drei Minuten zuvor die beiden Piloten. Auf dem Weg nach unten informierte Torr Nishal sie, dass er ebenfalls die Verfolgung aufgenommen hatte, aber einen anderen Schacht nutzte.

Schöman und Heller blieben zusammen, verließen den Kelchbau und bestiegen einen der Taxigleiter, der für die Truppenangehörigen bereitstand.

Mit diesen Gefährten konnte man alle Ziele auf Luna erreichen, auch jenseits des Ylatoriums. Den Mond zu verlassen, war mit dem simplen Antrieb der Taxigleiter jedoch nicht möglich.

Ghizlane stieg ebenfalls in einen Gleiter, genau wie ihr Sicherheitschef wenig später. Sie startete mehr als eine Minute vor ihm. Solange die Sonde weiterhin zuverlässig die Position der beiden Piloten übertrug, konnten sie sich Zeit lassen und Abstand halten.

Der Weg führte aus dem Ylatorium und über die hell erleuchtete Mondoberfläche. Sie zogen an einer einsamen Forschungsstation in der sonst unbebauten Weite vorüber. Die großen Städte lagen in einiger Entfernung.

Torr Nishal meldete sich. »Ist dir klar, wohin sie gehen?«

»Woher sollte ich ...«

»Die Richtung«, sagte er. »Auf einer direkt verlängerten Linie liegt Iacalla.«

»Was können sie dort ...« Ghizlane unterbrach sich selbst.

Iacalla.

Die ehemalige Onryonenstadt.

Das passte nur zu gut dazu, dass sie ausgerechnet den Onryonen manipuliert hatten, den Raumjäger zu stehlen – immer vorausgesetzt, die beiden Piloten steckten tatsächlich dahinter, woran Ghizlane nun kaum noch zweifelte.

Torr und sie waren erst vor wenigen Tagen dort gewesen und hatten die topsidische Spionin enttarnt. Eine Undercoveragentin, die Iacalla als Versteck genutzt hatte.

Hieß das, dass die beiden Piloten mit den Echsen im Bund standen? War es eine abgekartete Aktion? Hatte Kommandantin Hokkno nur auf den simulierten Angriff gewartet?

Oder – der Gedanke verschlug Ghizlane den Atem – waren Schöman und Heller am Ende gar keine Terraner, sondern ebenfalls maskierte Topsider? Eine ungeheuerliche Vorstellung, dass sich Echsen bis in die Raumflotte schleichen und dort sogar zu Lieblingen des Staffelführers werden könnten.

Jindo Kubertins Worte vom gewaltigen Wespennest fielen ihr ein. Falls Ghizlanes Vermutungen auch nur zum Teil zutrafen, hatte dieses Wespennest bislang ungeahnte Ausmaße.

*

Ghizlane verfluchte die Tatsache, dass sie keinen Kampfanzug trug.

Andererseits waren Schöman und Heller ebenfalls in ihrer normalen Alltagskleidung unterwegs. Die beiden schienen weiterhin arglos zu sein und weder die Sonde noch ihre Verfolger bemerkt zu haben.

Solange das Überraschungsmoment bei Ghizlane und Torr lag, genossen sie einen klaren Vorteil. Das durfte sie allerdings nicht zum Leichtsinn verleiten. Schöman und Heller waren Profis ... und es konnte sein, dass sie ihre Verfolger in Iacalla in eine Falle lockten.

Also hieß es, Vorsicht walten zu lassen. Das besprach sie mit ihrem Sicherheitschef, während sich ihre beiden Gleiter der verlassenen Stadt näherten.

Schöman und Heller passierten eine der automatischen Schleusen und flogen in die Stadt ein.

Ghizlane hielt weiterhin Abstand und entschied sich, die Nachbarschleuse zu nutzen. Bis sie diese erreichte, schloss Torr Nishal zu ihr auf.

Sie folgten dem Positionssignal, das sie durch die verlassenen Straßen von Iacalla führte, vorbei an einigen öffentlichen Plätzen.

Meist sammelten sich dort kleine Anuupi-Schwärme, die im Unterschied zu den Onryonen weiterhin die Stadt bevölkerten. Sie schwebten als leuchtende Wolken etwa in Höhe der Dächer, mal recht dicht über den Köpfen, dann wieder ein Dutzend Stockwerke hoch.

Ghizlane und Nishal passierten einen durch die Straßen treibenden Busch aus trockenem Geäst. Erst als sie darüber nachdachte, merkte Ghizlane, dass es kein abgestorbenes Gewächs sein konnte, das der Wind vor sich hintrieb – denn in der Geisterstadt gab es nicht den geringsten Luftzug.

Wahrscheinlich handelte es sich um eines der merkwürdigen Onryonenkunstwerke, das alte, immer noch funktionierende Energiezellen bewegten. Merkwürdig zumindest für den Verstand von Terranern, denen sich der Sinn nicht erschloss.

Schöman und Heller strebten dem ungefähren Zentrum der Stadt entgegen. Trafen sie sich dort mit topsidischen Agenten?

Und falls ja, arbeiteten sie freiwillig für die Echsen oder wurden sie erpresst?

Womöglich steckte auch etwas ganz anderes dahinter – schließlich bot das verlassene Iacalla nicht nur den Topsidern eine Versteckmöglichkeit.

Endlich stoppten die beiden Piloten. Sie verharrten für rund zwei Minuten an einer Stelle, ehe sie sich langsam weiterbewegten. Offenbar hatten sie den Gleiter abgestellt und gingen nun zu Fuß.

Ghizlane und ihr Sicherheitschef flogen bis auf etwa zweihundert Meter heran, setzten auf und ließen ihre Gleiter ebenfalls stehen.

»Wir haben ihren Zielpunkt«, sagte Torr. »Noch fünfzig Meter, schräg hinter diesem Gebäude.« Er deutete leicht nach links, zu einem dreistöckigen Würfel mit dunkel verglaster Front.

»Woher ...«

»Ein rasanter Anstieg energetischer Strahlung«, unterbrach Torr. Er tippte auf ein Armbandgerät, mit dem er offenbar ortete. »Sie haben dort ...« Er zögerte, machte sich auf den Weg um das Gebäude. »... etwas aktiviert.«

»Und zwar?«

»Sehen wir nach. Jedenfalls unter Einsatz einiger Energiemengen. Kein einfaches Gerät. Die Strahlung lässt sich von hier nicht zuordnen, aber sie ist auf jeden Fall höherdimensional. Vielleicht dank eines Hyperkristalls.«

Sie nahmen einen schmalen Weg zwischen zwei Häusern hindurch. Ursprünglich war er wohl bewachsen gewesen – es gab nur noch ein braungraues verdorrtes Etwas auf dem Erdboden.

»Eine Waffe?«, fragte Ghizlane

»Wen sollten sie denn angreifen?« Torr eilte weiter, korrigierte die Laufrichtung, deutete nicht auf den villenartigen Prunkbau direkt vor ihnen, sondern auf eine winzige Metallhütte daneben, gerade groß genug, um einst als Abstellraum gedient zu haben.

»Wenn sie da drin sind, sehen sie uns sofort, sobald wir eindringen«, gab Ghizlane zu bedenken.

»Die energetische Strahlung entsteht unterirdisch – mindestens im dritten Kellergeschoss.«

»Das Ding hat Untergeschosse?«

»Gut getarnt.« Er schlich zum Eingang der Hütte. »Ich gehe zuerst. Bist du bereit?«

Sie nickte ihm zu.

Er nahm seine Strahlerwaffe in die rechte, hob gleichzeitig die linke Hand, streckte drei Finger aus; ihr altbekannter Countdown.

Zwei.

Eins.

Er versuchte vorsichtig, die Tür der Hütte zu öffnen; sie sah aus, als könnte er sie notfalls ohne größere Probleme eintreten. Doch das war nicht nötig. Die Tür ließ sich aufziehen. Dahinter lag ein einziger Raum, samt einer Treppe, die nach unten führte.

Torr trat ein, blieb stehen. Niemand griff an. Nach wenigen Sekunden folgte Ghizlane.

»Die Strahlung hat aufgehört«, wisperte er ihr zu. »Vorher gab es einen kurzen doppelten Anstieg. Seitdem ist auch der Impuls der Sonde erloschen.«

»Was ...«

»Wenn du mich fragst – ein Transmitter. Die Sonde hat sich an einen der beiden geheftet und wurde mit abgestrahlt.«

Ghizlane schloss die Augen. Falls das stimmte, hatten sich Schöman und Heller abgesetzt, und ob sie den Zielort rekonstruieren konnten, stand in den Sternen.

Torr Nishal sah die Treppe hinab, nahm dann die ersten Stufen.

Es blieb still.

Sie erreichten unangefochten den Kellerraum und schauten auf den typischen Metallkäfig eines Transmitters.

Eine Technologie, die früher, vor der Versetzung, alltäglich gewesen war, die Ghizlane jedoch nahezu nur aus fernen Berichten kannte. In ihrem Leben hatte sie exakt dreimal einen Transmitter genutzt, und das auch nur, weil sie einen hochrangigen Militärposten innehatte.

Diese Technologie war extrem teuer, verschlang gewaltige Mengen an Energie – und jeder Durchgang barg ein nicht zu unterschätzendes Risiko.

»Das Gerät hat sich nach der doppelten Aktivierung abgeschaltet.« Torr machte sich an der Käfigkonstruktion zu schaffen. »Ich könnte es erneut aktivieren.«

»Dann los.«

Er brauchte nur wenige Sekunden, bis ein Eingabedisplay an der rechten Seite aufleuchtete. Er betrachtete es genau. »Ich kann die vorangegangenen Ziele nicht anzeigen. Keine Chance, auf diesem Weg herauszufinden, wohin sie sich abgestrahlt haben.«

»Aber?«

»Der Transmitter setzt sich nach einem Transfer nicht auf null, sondern behält das letzte Zielgerät, bis es geändert wird. Wenn wir durchgehen, werden wir also genau dort ankommen.«

»Und damit vielleicht mitten in einer Gruppe von Feinden«, stellte Ghizlane fest.

»Was denkst du?«

»Dass ich gehe. Du bleibst zurück, um mich notfalls rauszuholen.«

»Wie soll ich das, wenn ich nicht weiß, wo du bist?«

»Wir halten die Funkverbindung offen. Falls ich nicht zu weit entfernt materialisiere, kannst du ... mithören. Ich gebe dir alle Informationen, die ich finde.«

»Was dir nichts nützt, falls du sofort erschossen wirst.«

»Ich gehe, Torr«, beharrte Ghizlane. »Schöman und Heller sind jetzt seit einigen Minuten dort ... mit etwas Glück haben sie den Raum des Zieltransmitters verlassen oder sind allein.« Sie hob demonstrativ ihren Strahler. »Ich werde tun, was nötig ist. Wenn die Funkverbindung nach meinem Durchgang noch steht, informiere ich dich. Entweder folgst du mir dann – oder ich erwarte dich mit einem Rettungsteam.«

Ihr Sicherheitschef aktivierte die Verbindung.

Ghizlane zögerte keine Sekunde und trat in den Transmitter.

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)

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