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9.

Ein Traumspiel (9)


Die Bilder zeigen mir die Wunder von Neu-Atlantis, die Herrlichkeit des Lebens unter Wasser ... den wachsenden Konflikt mit den Topsidern ... und bei all dem weiß ich, dass die Zeit naht, in der ich Abschied nehmen muss.

Noch weigere ich mich, die Gedanken zuzulassen, die mich zum dritten Grab der frühen Jahre ziehen wollen. Ich akzeptiere nicht, dass ich es erneut durchleben muss.

Ich will es nicht.

Und als hätte ich noch einen Mund, schreie ich. Ich konzentriere mich auf die Topsider und auf jenen ersten Tag, den ich mit den beiden Yura in der Technikschmiede von Neu-Atlantis verbracht habe.

Es ist mein Bewusstsein, es sind meine Erinnerungen! Ich kann bestimmen, was ich vor mir sehe.

Ich kann es!

Ich ...

*

»Ich kann es nicht glauben«, sagte der Yura. »Ein Leben unter Wasser und doch mit Luft zum Atmen.«

»Ist das so viel wunderbarer als ein Flug durch den Weltraum?«, fragte Amalia.

Der Yura schob ihr einen seiner Tentakel entgegen und tippte ihr vorsichtig auf den Arm. »Der Weltraum ist der Tod, Wasser das Leben. Wieso sollte man diese beiden Dinge miteinander vergleichen?«

Sie hatten die Kuppel auf dem Meeresgrund erreicht, die als Keimzelle der künftigen Technikschmiede galt, die der Roboter Rico dort errichten wollte. Über ihnen wölbte sich eine Glaswand – zumindest sah es so aus. Eigentlich handelte es sich um ein nahezu unzerstörbares Hartplastikmaterial, speziell entwickelt, um dem extremen Wasserdruck standhalten zu können.

Das Licht der hell erleuchteten Halle strahlte in die Tiefen des Meeres, wo normalerweise undurchdringliche Finsternis herrschte.

Die Kuppel schuf am Meeresgrund eine künstliche Oase aus Helligkeit, wenige Dutzend Meter im Durchmesser, die häufig Tiefseetiere anzog. Andere Arten, an ein Leben in ständiger Nacht angepasst, blieben ihr fern.

Soeben zog ein Schwarm grausilbriger, armlanger Fische dicht über sie hinweg. Einige Tiere stupsten mit breiten Mäulern gegen das Glas, lasen womöglich winzige Tiefseealgen auf.

Rico, der als durchschnittlicher Arkonide mit langen weißen Haaren auftrat, hatte Adams, Amalia und die beiden Yura in seinem oberirdischen Hauptbüro persönlich empfangen und in einer Express-U-Bootkapsel in die Tiefe geführt. Die Einschleusung in das Habitat war ganz unbemerkt erfolgt.

In der Kuppel gab es eine einzige gewaltige Halle. Nur wenige Stellwände grenzten manche Bereiche ab, doch nie reichten die Wände bis zur Kuppeldecke.

Rico führte seine Gäste ins Zentrum des Kuppelsaals.

An vielen Tischen saßen Menschen, vor allem Arkoniden, und waren offensichtlich an der Arbeit – woran auch immer. Vereinzelt schwebten kleine Holos vor ihnen, in die sie hineingriffen und Teile verschoben. Sie zeigten Gebäude, Schaltpläne, sogar einige Lebewesen wie Raubkatzen oder Delfine.

»Man gewöhnt sich an eine Existenz unter Wasser«, sagte Rico. »Ich habe Jahrtausende dort verbracht.«

»Wie kannst du so lange leben?«, wollte einer der Yura wissen.

»Ich bin ein Roboter.«

»Eine Maschine?«, fragte der andere Yura, und in seiner blubbernden Stimme lag hörbare Verblüffung.

»Es ist ein wenig vereinfacht ausgedrückt«, meinte Rico, »aber ja, das sollte genügen. Ich habe sehr lange in einer Tiefseekuppel gelebt, übrigens hier in der Nähe, mit einem alten Freund.«

Atlan. Homer G. Adams fragte sich bei diesem Gedanken, wo der Arkonide inzwischen sein mochte. Und ob Perry Rhodan wieder aufgetaucht war.

»Aber kümmern wir uns lieber um die Gegenwart«, schlug Rico vor.

»Darf ich eine Frage stellen?«, fragte der Yura.

»Nur zu«, sagte der Roboter. Er klang amüsiert.

Der Kopffüßler hatte drei seiner Extremitäten seitlich leicht erhoben. Nun streckte er eine davon senkrecht nach oben, wies in Richtung Kuppeldecke, über der ein ockerfarbener Kragenhai hinwegzog. Aus dem aufgerissenen Maul hing ein halbmeterlanges, wurmartiges Geschöpf mit zahllosen kleinen Beinchen.

»Dort gibt es so viel Wasser«, sagte der Yura, »aber ihr sperrt es aus. Hier drin ist es völlig trocken. Warum?«

»Um die Bewohner zu schützen«, erklärte Rico.

»Vor dem Leben?«

»In dieser Tiefe würde der Wasserdruck alles töten.«

»Also könnte ich hier stehen und durch die Kuppel sehen, das Wasser vor Augen, und dabei vertrocknen?«

»Ja«, sagte Rico. »So funktionieren organische Lebewesen. Aber ich hätte eine Lösung für zumindest dieses kleine Problem anzubieten. Wenn Yura sich außerhalb von Wassergebieten bewegen, befeuchten sie die Kleidungsstreifen, richtig?«

»Das stimmt.«

»Man könnte es leicht optimieren zu einem ständig Feuchtigkeit spendenden Anzug. Ich kann einen der Wissenschaftler beauftragen, einen solchen ...« Rico zögerte kurz. »... Humidoranzug zu entwickeln, wenn ihr euch für grundlegende Messungen und Analysen zur Verfügung stellt.«

Die Augen des Yura traten ein wenig mehr aus dem Zentralleib hervor. »Warum nicht?«

*

»Hier!« Rico deutete auf einen Arkoniden, der scheinbar tatenlos an seinem Schreibtisch saß und ins Leere starrte. »Er ist der Richtige, um einen Anzug zu entwickeln.«

»Bist du sicher?«, fragte Amalia. »Er sieht so aus, als würde er ...«

»... seine Zeit verschwenden?«, beendete der Roboter den Satz. »Das täuscht.« Er stellte sich neben den Arkoniden und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Zandra!«

Der andere schüttelte leicht den Kopf, blinzelte mehrmals und löste ein fingernagelgroßes Metallplättchen von seiner Schläfe. »Oh. Ich habe gerade am Problem des intermittierenden Antriebs für den Unterwassertransport in großen Tiefen gearbeitet.«

»Entschuldige die Störung.« Rico deutete auf seine Begleiter. »Homer G. Adams dürftest du kennen. Dies ist Amalia Serran, und die beiden nichtmenschlichen Wesen gehören zum Volk der Yura. Du sollst ein kleines Problem für sie lösen.«

Er trat er einen Schritt zurück und wies auf den Arkoniden. »Zandra da Gielor wird sich um euch kümmern.«

»Wir fühlen uns unsicher«, sagte einer der Yura. »Wir wären dankbar, wenn du ebenfalls bei uns bleibst, Amalia.«

»Ich?«, fragte sie, um sofort zu ergänzen: »Selbstverständlich.«

Rico und Adams gingen allein weiter und zogen sich an einen ungestörten Ort zurück – obwohl es zunächst nicht so wirkte, da nur an einer Seite eine gerade einmal kopfhohe Trennwand aufragte. Sonst blieb alles offen, zumindest optisch.

Rico aktivierte einen Energievorhang. »Das Feld erlaubt niemanden, uns zu sehen oder zu hören. Stört dich der Blick nach draußen? Ich könnte es auch für uns undurchsichtig schalten.«

»Kein Problem«, versicherte Adams.

»Du hast darum gebeten, mit mir zu sprechen.«

»Ich bitte dich, den Yura Asyl zu bieten – so lange, bis sich eine andere Lösung bietet. Ich weiß nicht, wie sich die Dinge entwickeln.«

»Wieso fragst du mich das? Wäre dieses Anliegen nicht beim Bürgermeister von Neu-Atlantis besser aufgehoben? Ich überlege zwar, in einigen Jahrzehnten oder Jahrhunderten für dieses Amt zu kandidieren, nachdem der Aufbau der Technikschmiede abgeschlossen ist, jedoch ...«

»Ich wende mich an dich, weil du Bereiche kennst, die nicht unbedingt ... offiziell sind. Verstecke, die Agenten der Topsider nicht finden werden.«

»Du glaubst, sie haben Undercoveragenten auf Terra?«

Wie gerne hätte Adams darauf eine definitive Antwort gegeben. »Ich rechne damit, aber wir wissen nicht mehr. Auch nicht der TLD.«

»In der anderen Sache täuschst du dich natürlich nicht«, gab Rico unumwunden zu. »Ich kenne Winkel in Neu-Atlantis, die außer mir niemand je gesehen hat. Die wenigsten davon eignen sich allerdings, zwei Lebewesen dort zu verstecken.«

»Nur für den Notfall. In einem ...« Homer G. Adams grinste. »... Humidoranzug überleben die beiden Yura doch sicher für eine gewisse Zeit.«

»Dieser Auffassung schließe ich mich an.«

»Also ...«

»Ja, ich werde mich um sie kümmern. Aber ich bin unhöflich.« Rico ging zur Wand und legte die Hand auf eine Sensorfläche. Aus dem Boden fuhr ein Stuhl. »Ich neige dazu, die Bedürfnisse meiner menschlichen Gesprächspartner zu vergessen.«

»So alt bin ich noch nicht«, stellte Adams klar, was ihn nicht daran hinderte, sich trotzdem zu setzen.

»Warum sind die Yura hier, und wo liegen die Gefahren für sie?«, fragte Rico.

Der Advisor gab eine knappe Erklärung. »Das Gespräch mit den Topsidern von Neu-Atlantis ist nicht gut gelaufen. Sie stellen unmissverständlich klar, dass sie nicht gegen Terras Interessen handeln werden ... aber ebenso wenig gegen die ihrer hiesigen Brüder. So nennen sie die Topsider des Sternengeleges. Ich hatte gehofft, in ihnen womöglich Verbündete zu finden. Jemanden, der als Vermittler dienen kann.«

»Da vermag ich möglicherweise weiterzuhelfen.«

»Oh«, machte Adams.

»Einer meiner Wissenschaftler ist Topsider. Ein Mathelogiker und Linearraum-Philosoph. Er arbeitet auf der Grundlage von onryonischen Erwägungen und ... aber das tut nichts zur Sache. Carmo-Wirktar ist ein offener Geist und hat einen wachen Verstand.«

»Ich wäre dir für ein Treffen dankbar.«

»Betrachte es als erledigt. Wann kommt die topsidische Militärchefin an?«

»Peran-Gord wird morgen vor dem Solsystem eintreffen – falls sich ihre Schiffe nicht längst getarnt in der Nähe befinden. Der Resident hat das Gespräch allerdings auf übermorgen geschoben. Zwölf Uhr mittags.«

Rico lachte. »High Noon.«

»Vielleicht kennen nur noch wir beide diesen Ausdruck und seine Bedeutung«, meinte Adams.

»Wir sind eben Überbleibsel aus einer anderen Zeit«, sagte der Roboter, und er klang ein wenig melancholisch.

Oder traurig?

*

Als Peran-Gord Neu-Atlantis besuchte, veränderte sich vieles.

Es war der Anfang der Ereignisse, die bis in die Gegenwart weisen, und wenn die Bilder meiner Erinnerung einmal diesen Pfad betreten, werden sie ihn bis zum Ende verfolgen.

Davor allerdings muss ich mich an etwas anderes erinnern, um abschließen zu können. Es lässt sich nicht länger vermeiden, obwohl es zehn Jahre später begann.

Es nahm sehr plötzlich seinen Anfang, und ich begebe mich nun auf den Pfad, der zum dritten Grab führt, das so viel mehr schmerzt als die ersten beiden.

*

»Wenn du willst«, sagte Amalia, »stelle ich dir mein Haus in Skiaparelli zur Verfügung, Gershwin.«

Die Worte überraschten Adams, so plötzlich kamen sie. Sie hatten seit einiger Zeit geschwiegen, übersatt von den riesigen Portionen, die der Robotkellner ihnen in der Skybar serviert hatte, die über Atlan Village ihre Runden zog.

»Willst du den Mars verlassen?«, fragte er.

»Mir bleibt keine andere Wahl.«

»Wie meinst du das?«

Amalia legte die Hände vor der Brust zusammen, nestelte mit den Fingern und sah aus, als suchte sie nach den passenden Worten. So kannte Adams sie überhaupt nicht, um eine schlagfertige Antwort war sie eigentlich nie verlegen.

»Erinnerst du dich an unsere Abmachung?«, fragte sie schließlich.

»Welche ...« Er sprach den Satz nicht zu Ende, denn etwas lag in ihrem Blick, das ihn die Wahrheit erkennen ließ.

Sie saßen einander gegenüber, und der Tisch war zu groß, als dass er nach ihrer Hand hätte greifen können. Er lehnte sich zurück, dass die Stuhllehne knarzte.

»Du trägst einen Zellaktivator, ich gehe zuerst, klare Sache«, sagte Amalia. »Ich hätte mir ein paar Jahre mehr gewünscht, aber das sucht man sich nicht aus. Ich habe kein schlechtes Gewissen, obwohl es mir leidtut. Das Leben mit dir war verflixt aufregend.«

»Was ... warum ...«

»Weil ich alt bin, Gershwin.«

»Unsinn!«

»Und krank. Ich wollte dich damit nicht belästigen, denn du kannst ebenso wenig etwas daran ändern wie irgendjemand sonst. Morbus Traenni, benannt nach dem Siganesen, der diesen schleichenden Genverfall entdeckt hat. Eine nicht gerade schmeichelhafte Ehre, finde ich, wenn das Vermächtnis darin besteht, dass eine tödliche Krankheit den eigenen Namen trägt.«

Adams hatte das Gefühl, in einen Abgrund zu fallen.

»Tu mir einen Gefallen«, sagte Amalia, »und sorg dafür, dass man irgendein Raumschiff nach mir benennt. Ein schönes Schiff, das vielleicht Welten entdeckt oder Terra rettet und heldenhafte Kommandanten hervorbringt. Und sei nicht traurig. Wir wussten, dass es irgendwann so weit ist.«

»Aber noch nicht jetzt«, sagte er hilflos.

Sie lächelte. »Uns bleiben einige Wochen. Mit etwas Glück sogar Monate. Allerdings wird es am Ende hässlich, denn ich lasse mich nicht von irgendwelchen Drogen abschießen und von Maschinen ein paar qualvolle Tage länger am Leben halten. Du musst dir das nicht antun.«

»Ich will aber.«

»Ich weiß.«

»Danke«, sagte er.

»Wofür?«

»Für die Jahre, die du seit deinem Gleiterunfall mit mir verbracht hast.«

»Gershwin?«

Er sah sie an.

»Du stellst dir Fragen, und das ist gar nicht übel. Du willst wissen, was das Dyoversum ausmacht, wieso dieser Zwilling nach so ewiger Entwicklung so verblüffend unserer Heimat gleicht. Was die beiden Hälften verbindet. Und tausend Dinge mehr.«

Sie trank den letzten Schluck Wein, der rot in ihrem Glas schillerte. »Aber du brauchst Ruhe. Möglicherweise ist es gar nicht gut, alles zu wissen, Gershwin. Manches darf ein Rätsel bleiben. Wie der Tod. Wir können die Zeit nicht betrügen. Nicht mal du kannst das. Ich bin gespannt, was auf mich wartet.

Und vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder.«

»Ja«, sagte er und wusste nicht, ob er es glauben sollte. »Vielleicht.«

*

Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder, dachte Homer G. Adams.

Er war kein spiritueller Mensch, war es nie gewesen, und er hatte an vielen Gräbern gestanden. Aber nie hatte er sich diese Frage so deutlich gestellt: Sehen wir uns eines Tages wieder?

Es gab Momente, da fiel es leicht, es für möglich zu halten. Da wurde man dazu verführt, egal, ob es einer logischen Erwägung entsprach. Nicht umsonst glaubten viele Menschen daran.

Amalia Serran war nicht die erste Frau, die er in seinem Leben geliebt hatte, aber sie hatte ihn geprägt, tat es immer noch, und die Beziehung mit ihr hatte ihn verändert.

Sie hatte nicht auf Terra begraben werden wollen, und nicht auf dem Mars, auf diesem Mars, wo sie von Gründung der Stadt Skiaparelli an gelebt hatte. Stattdessen hatte sie NATHAN gebeten, für die Urne, in der ihre Asche lag, eine Bronzehütte im Ylatorium zu erhalten.

Die Hütte lag in Blicknähe des arkonidischen Kelchbaus, der das Institut zur Erforschung des Dyoversums beherbergte, und Homer G. Adams überlegte, sich im Kelch einzumieten.

Vielleicht würde er es tun.

Vielleicht.

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)

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