Читать книгу Roman-Paket Western Exklusiv Edition 11 Romane - Sammelband 7021 - Pete Hackett - Страница 30

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Seit vier Stunden war kein Schuss mehr gefallen. Die Männer hinter den Palisaden der Liberty Station hatten keine Federspitze und keinen feindlichen Gewehrlauf mehr zu sehen bekommen. Aber keiner von ihnen zweifelte daran, dass sie noch immer da waren. Geduldig wie Wölfe, die wussten, dass ihnen die Beute sicher war, lauerten sie dort draußen hinter den windgepeitschten Regenschleiern. Der nächste Angriff konnte in einer Minute, in einer Stunde, aber auch erst am folgenden Tag beginnen.

Dieses Warten und die Ungewissheit waren fast noch schlimmer als das Kriegsgeschrei und das Dröhnen der Gewehre. Dieses ständige Hinausstarren in die sich verdichtende, vom Regen durchdrungene Dunkelheit zerrte an den Nerven. Sie hatten den toten Postkutscher und seinen Begleitmann in den Schuppen gebracht. Immer wieder mussten sie an sie denken.

Das monotone Plätschern des Regens war einschläfernd. Wasser tropfte von ihren Hüten und lief ihre Ölhautumhänge hinab.

Auch Joana trug Hut und Regenmantel, als sie aus dem Haus kam. Sie brachte jedem einen Becher frischgebrühten, heißen Kaffee. Mclntosh kam als Letzter dran. Er bedankte sich mit breitem Grinsen. Dann hielt er Joana am Arm fest.

»Warum so eilig, Ma'am? Leisten Sie mir doch ein bisschen Gesellschaft.«

»Was wollen Sie?«

Ihr abweisender Ton beeindruckte ihn nicht. Sein Blick verriet, wie gut ihm die junge Frau gefiel. Er schlürfte den Kaffee.

»Slaughter, diese Schnapsflasche, ist doch kein Mann für Sie, Ma’am«, sagte er mit brutaler Direktheit.

Joana hob den Kopf. Ihre Augen blitzten. »Sie vielleicht?«

»Sie kennen sich aus mit Männern, was Ma'am?« Mclntosh lachte glucksend. »Aber warum nicht?«

Sie wollte sich losreißen. Da wurde sein Griff so hart, dass sie schmerzhaft das Gesicht verzog. Er spähte kurz zu Rutland und Slaughter hinüber. Sein bartumwuchertes Gesicht näherte sich der Frau.

»Hör zu, Süße! Ich hab' verdammt wenig Hoffnung, dass Rutlands Nigger es bis Julesburg schafft. Vielleicht bist du noch froh, Herzchen, wenn sich ’n richtiger Mann darum kümmert, dass du deinen hübschen Skalp behältst. Im Stall stehen ein paar tüchtige, ausgeruhte Gäule. Es fällt bestimmt nicht auf, wenn du zwei von ihnen sattelst für den Fall, dass die Rothäute über die Palisaden kommen. Ich wette ...«

»Lassen Sie mich los! Ich will nichts davon wissen!«

»Das wär ein Fehler, mein Püppchen! Du solltest zumindest darüber nachdenken ...«

»Sie kommen!«, drang da Rutlands gedämpfter Ruf durch den Wind.

Fluchend ließ der Büffeljäger die Frau los, trank rasch den Becher leer und ergriff die an den Palisaden lehnende Sharps. Die Bewegung auf der Ebene war nur zu ahnen.

»Das Ölfass, Joana!«, schrie Slaughter. »Schnell, zünde das Petroleum an!«

Der Regen und die Nähe der tödlichen Gefahr hatten ihn ernüchtert. Während Joana losrannte, peitschte Rutlands Gewehr. Ein Schatten schnellte nicht weit vor den Palisaden aus dem Büffelgras. Ein Schrei gellte. Er bekam ein vielfaches Echo aus mindestens zwei Dutzend Kehlen. Ein Halbkreis zuckender Mündungsflammen umschloss plötzlich die Pferdewechselstation. Pfeile schwirrten. Nur im Norden, wo gleich hinter den Palisaden der Lodgepole Creek vorbeifloss, rührte sich nichts. Mclntoshs Büffelgewehr wummerte. Dann knallte der Hüne mit seinem langläufigen 45er Colt drauf los.

Joana zog die Plane von der Öltonne, die sie mitten auf den Hof gestellt hatten. Gleich darauf fauchte eine Stichflamme empor. Das Petroleum brannte als riesige Fackel. Der Regen konnte sie nicht löschen. Die Hütten, der Brunnen, die Kutsche vor der Remise und die pulverdampfumwallten Männer an den Palisaden, alles war plötzlich in gespenstisch flackerndes Licht getaucht. Es fiel über die Pfähle auf die diesmal zu Fuß angreifenden Indianer.

Ein ohrenbetäubendes Krachen und Heulen erfüllte die hereinbrechende Nacht. Rasch bezog die Frau ebenfalls Stellung an dem Schutzwall. Der Angriff der Cheyennes konzentrierte sich in den nächsten Sekunden auf die Ostseite der Station. Die Helligkeit, vom Schuppen halb abgefangen, war dort am schwächsten. Es war Dave Slaughters Abschnitt. An die zehn wild bemalte Gestalten waren plötzlich vor den Palisaden.

»Helft mir!«, schrie er. »Sie überrennen uns sonst!«

Ein Pfeil streifte seinen Hals. Eine Kugel riss ihm ein Büschel Haare weg. Sein Gewehr war leergeschossen. Jetzt blieb ihm nur mehr der mit sechs Patronen geladene Colt.

»Bleibt, wo ihr seid!«, rief Rutland Joana und Mclntosh zu. Er lief, sein steifes Bein nachziehend, zu Slaughter hinüber. Sein Lee Enfield Karabiner hämmerte.

Im Süden und Westen brandete die Woge der Angreifer zurück. Viel zu schnell sanken die Flammen tiefer. Der Lichtkreis schmolz. Auf einmal wurde weiter von der Station entfernt heftig geschossen. Dann glaubten die Verteidiger nicht richtig zu hören. Peitschengeknall und Rädergeratter durchdrang den Lärm. Nach Sekunden atemlosen Lauschens gab es keinen Zweifel mehr. Eine Kutsche raste da in voller Fahrt über die Prärie heran. Nun tauchten auch die Krieger, die Slaughters und Rutland bedrängten, schemengleich in die Finsternis zurück.

»Talbot hat’s geschafft!«, brüllte Mclntosh begeistert. »Hurra, sie kommen, sie hauen uns heraus!«

Als er zum Tor wollte, wirbelte Rutland herum. Sein Schuss hieb knapp vor dem Büffeljäger in den Boden. Schlamm spritzte hoch.

»Das ist doch nur ein Trick!«, rief der ehemalige Südstaatenmajor wütend. »Auch wenn Sam tatsächlich durchgekommen ist, können die Männer aus Julesburg unmöglich schon hier sein.«

Mclntosh starrte ihn betroffen an. Das Wirbeln der Hufe und Räder fegte im Höllentempo durch den Regen und die Dunkelheit heran. Wenn es für die Durchbrechenden eine Chance gab, dann war es die Tatsache, dass die Cheyennes ausnahmsweise nicht auf ihren wendigen, schnellen Mustangs saßen.

»Aufmachen! Lasst uns rein!«, gellte eine undeutliche Stimme.

Aber Rutland schrie: »Es sind Rothäute! Weiß der Henker, wo sie die Kutsche erbeutet haben! Bleibt ja stehen! Ich schieße jeden nieder, der das Tor öffnen will!«

Joana verharrte sekundenlang, als wäre sie von einer Geisterhand angerührt worden. Der Ruf zuvor ... Clays Stimme ... Auch wenn anstatt zwei, zwanzig Jahre seit damals vergangen wären, hätte sie sie überall sofort wiedererkannt. Rutlands Karabiner war ihr plötzlich egal. Sie lief zum Tor. Keuchend zerrte sie an dem klobigen Balkenriegel.

»Holt sie da weg!«, schrie Rutland.

Draußen tauchte das wild schlingernde Fahrzeug aus der Dunkelheit auf. Ein Reiter jagte neben dem Gespann. Mündungsfeuer glühten.

»Das sind Weiße!«, brüllte Mclntosh. Da hatte Joana schon das Tor aufgezerrt. Es dauerte nur mehr Sekunden, bis die Pferde an ihr vorbeirannten.

Hinter der Kutsche schnellten die Cheyennekrieger wie Raubkatzen aus den Regenschwaden. Mclntoshs Colt krachte. Der Reiter neben der Stagecoach schwenkte sofort herum und schoss ebenfalls.

»Tor zu!«, kommandierte Rutland überflüssigerweise.

Da waren sie schon da. Vier, fünf bronzehäutige, nässetriefende Gestalten. Sie schwangen Messer, Tomahawks und Schädelbrecher. Mit wütendem Gebrüll stürzte ihnen Mclntosh entgegen. Donnernd verließ die letzte Kugel seinen Colt. Dann schlug er dem vordersten Angreifer den Stahllauf quer übers Gesicht, entriss dem Zusammenbrechenden das Kriegsbeil und erwischte damit den nächsten Gegner. Im selben Moment war schon der Mann auf dem schlammbespritzten Pferd neben ihm. Seine Winchester spie Feuerlanzen. Die restlichen Angreifer wurden wie von einer Explosion durcheinandergewirbelt. Mclntosh blutete aus einer Messerwunde am Arm. Er spürte es nicht. Schnaufend drückte er das Tor zu. Die Bohlen erzitterten unter dem Anprall von Gewehrkolben und Tomahawks. Der Hüne stemmte sich mit aller Kraft dagegen, bis Joana wieder den Riegel vorgelegt hatte.

Zehn Schritte rechts vom Tor tauchten bemalte Gesichter über den zugespitzten Pfählen auf. Der erste Cheyenne, der sich herüberschwingen wollte, bekam Rutlands Kugel mitten ins Gesicht. Da versuchten sie es auch auf Slaughters Seite.

Der städtisch gekleidete Mann auf dem Kutschbock war aufgesprungen. Den Colt in beiden ausgestreckten Händen, feuerte er so kaltblütig und konzentriert wie auf dem Schießstand. Seine Kugeln schleuderten zwei, drei Indianer von den Palisaden. Einer der Angreifer jedoch warf sich mit zum Stoß erhobener Messerfaust auf Slaughter, riss ihn um und wälzte sich mit ihm in verbissenem Kampf am Boden.

Rutland eilte dem Stationer zu Hilfe. Da rollte sich Slaughter bereits unter der jäh erschlafften Gestalt seines Gegners hervor. Die anderen Indianer waren plötzlich wie von der Nacht verschluckt. Der Kampflärm war verstummt. Ein paar Flammen züngelten noch aus der Petroleumtonne.

Eine dumpfe Benommenheit hatte die Menschen in der Station erfasst. Ihr Atem flog. Sie brauchten eine Weile, bis sie wieder einen klaren Gedanken fassen konnten und begriffen, wie knapp sie eben dem Tod entronnen waren. Sogar der abgebrühte Mclntosh schauderte. Er war fast froh, dass die blutende, aber ungefährliche Messerwunde an seinem linken Arm ihm einen Grund zum Fluchen lieferte.

Müde glitt Clay Lorman aus dem Sattel. Als Erstes lud er sofort wieder seinen Colt und seine Winchester nach. Dann steckte er die Waffen weg und wischte sich mit dem Ärmel den Regen und Schlamm vom Gesicht. Mitten in der Bewegung stockte er. Drei Schritte vor ihm stand Joana.

Roman-Paket Western Exklusiv Edition 11 Romane - Sammelband 7021

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