Читать книгу Roman-Paket Western Exklusiv Edition 11 Romane - Sammelband 7021 - Pete Hackett - Страница 35

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Clinton befestigte gerade die frischgefüllte Wasserflasche am Sattel, als er die Schüsse hörte. Er drehte sich sofort zu Joana um. Sie saß noch auf dem umgestürzten Baum neben der Quelle. Ungläubiges Erschrecken spiegelte sich in ihren Augen.

»Komm!«, sagte der Revolvermann rau. »Wir müssen weiter, bevor sie auch uns erwischen.«

Sie erhob sich, blieb jedoch jenseits des niedrig flackernden Feuers.

»Du hast also damit gerechnet, dass sie noch immer hinter uns her sind«, flüsterte sie. »Trotzdem ...«

»Komm endlich!«, unterbrach er sie barsch. »Wär' es dir lieber, wir würden nun auch in der Klemme stecken? Damit wäre Clay und dem Zeitungsschreiber nicht geholfen. Verdammt noch mal, wir haben das Geld und wir leben. Nichts sonst ist wichtig!«

Joana presste die Hände vor der Brust zusammen und atmete heftig. Dabei sah sie ihn an, als würde sie zum ersten Mal erkennen, wie er wirklich war. Ein Flackern von Angst und Abscheu war plötzlich in ihrem Blick.

»Du hast mich betrogen, Rhett! Genau wie damals, als du mir die Nachricht von Clays Tod gebracht hast.«

»Später, wenn wir in Sicherheit sind und Gras über die Sache gewachsen ist, wirst du sicher alles verstehen«, sagte er rau. Er ging um das Feuer herum zu ihr. Als er nach ihrem Arm griff, wich sie aus. Plötzlich lief sie an ihm vorbei zum Pferd. Er begriff sofort, was sie wollte.

»Joana!«

Er stürzte hinterher. Da zerrte sie Clays Winchester 66 aus dem Sattelfutteral und legte auf ihn an. Clinton blieb ruckartig stehen.

»Sei nicht verrückt, Joana!«, beschwor er sie. »Du kannst nichts mehr für sie tun.«

»Wenn die Cheyennes sie töten, hast du sie auf dem Gewissen, Rhett.«

»Sie haben die Kutschenpferde! Sie haben Waffen! Wenn ...«

»Und du hast fünfzehntausend Dollar, Rhett! Dafür nehme ich mir das Pferd.« Sie warf ihm den Geldkoffer vor die Füße.

»Wahnsinn!«, keuchte Clinton. Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn. »Du reitest in den Tod, Joana! Um Himmels willen, denk doch nur eine Minute vernünftig nach! Ich hab doch alles auch getan, weil ich nicht wollte, dass du ...«

»Bleib stehen, Rhett!«, drohte sie, als er sich bewegte. »Zwing mich nicht zum Äußersten!«

»Du wirst nicht schießen nach allem, was ...«

»Gerade deshalb!« Ihre Stimme klang wie brechendes Glas.

Clinton schrie: »Verdammt, ich bin erledigt, wenn du mich ohne Pferd mitten in der Wildnis zurücklässt!«

Joana presste die Lippen zusammen. Ihre Miene war starr. Als sie sich in den Sattel schwang, kam das Gewehr kurz aus der Richtung. Da hielt Clinton auch schon seinen Colt in der Hand. Es war eine Reflexbewegung. Sie wurde ihm selber erst bewusst, als er die Waffe bereits im Anschlag hielt.

»Das ist dein wahres Gesicht, Rhett«, sagte die Frau tonlos. Sie ließ die Winchester sinken. »Wenn du wirklich bereit bist, mit meinem Leben für das Pferd und die fünfzehntausend Dollar zu bezahlen, dann schieß!«

Clinton atmete stoßweise. Nach einer Weile überwand sie sich und zog das Tier herum.

»Joana!«, schrie er verzweifelt, ließ den Colt fallen und rannte zu ihr. Der Braune scheute. Joana schlug mit dem Gewehr zu, streifte Clinton jedoch nur an der Schulter. Der Schmerz entfachte wilde Wut in ihm. Rücksichtslos riss er die Frau aus dem Sattel. Sie schrie, als sie hart auf die Erde stürzte. Schon war er über ihr.

»Das wirst du mir büßen!«, keuchte er. Sein sonst glattes und kühles Gesicht war verzerrt. Ihr windender, bäumender Körper versetzte ihn wie in einen Rausch. Der Wolf in ihm war erwacht.

»Lass mich los, Rhett!«, schrie die Frau verzweifelt. »Ich hasse dich!«

»Trotzdem wirst du nicht Clay, sondern mir gehören«, knirschte er wie von Sinnen.

Da erwischte sie seinen im Gras liegenden Colt. Clinton erstarrte, als sie ihm die Mündung vors Gesicht hielt. Das halbirre Feuer in seinen Augen erlosch. Noch pfiff der Atem zwischen seinen Lippen. Er erkannte die Entschlossenheit in ihrem Blick. Noch härter jedoch traf ihn der Ekel, der sich deutlich auf ihrer Miene abmalte.

Er ließ sie los, richtete sich auf, belauerte sie aber noch immer. Gerade sein Begreifen, dass er sie nun nie mehr für sich gewinnen konnte, höchstens durch Gewalt, machte ihn gefährlich. Das Knattern der Schüsse in dem weit hinter ihnen liegenden Tal lag wieder in seinen Ohren.

»Na schön, reite zu ihm!«, höhnte der Revolvermann wild. »Vielleicht kommst du gerade noch zurecht, um zuzusehen, wie die Cheyennes ihn skalpieren. Weißt du auch, was dir bevorsteht, wenn die Rothäute dich erwischen?«

Joanas Gesicht glich einer Kreidemaske.

»Ich muss verrückt gewesen sein, als ich einmal glaubte, ich könnte mit dir glücklich werden, Rhett.«

Clinton lachte schrill.

»Viel verrückter ist es, wenn du nicht begreifst, dass ...«

Er sprang so blitzschnell auf sie zu, dass sie nicht mehr reagieren konnte. Sein Schlag prellte ihr die Waffe aus der Hand. Sein Anprall schleuderte sie abermals nieder. Diesmal ließ er sich nicht von seiner Gier und Wut hinreißen. Rasch hob er seinen Colt auf. Als Nächstes steckte er die Winchester in den Scabbard am Sattel des Braunen zurück. Dann erst fuhr er herum. Er stand einen Moment wie versteinert. Joana hatte Bancrofts schwarzen Holzkoffer gepackt und in die Flammen geworfen.

»Nein!« Rhett Clintons Schrei klang, als wäre er von einer Kugel getroffen worden. Er stürzte an der Frau vorbei zum Feuer.

Flink wie ein Reh sprang Joana auf, lief zu dem Pferd und schwang sich in den Sattel. Clinton hatte den angesengten Koffer ins Gras geschleudert. Keuchend, Panik in den Augen, riss er sich die Jacke herab und erstickte mit ihr die letzten züngelnden Flammen. Dann erst hörte er den Hufschlag. Joana stob im Galopp davon.

Eisiges Erschrecken durchfuhr Clay, als Scobey plötzlich schlaff gegen ihn sank. Dann sah er, dass der Zeitungsmann die Besinnung verloren hatte. Seine rechte Hüfte war blutig. Clay blieb jedoch keine Zeit, nach der Verletzung zu sehen. Drüben am Waldrand sprangen mehrere Indianer zwischen den Bäumen hervor. Ihre Bogensehnen schwappten. Sie rannten auf die von Clay niedergeschossenen Mustangs zu. Gleichzeitig wurde Clay auch von links beschossen. Verzweiflung packte ihn. Sein Karabiner knallte. Steinsplitter und zerfetztes Moos umwirbelten ihn. Bevor er richtig zielen konnte, lagen die Cheyennes hinter den Pferdekadavern auf der Erde und legten neue Pfeile auf.

Kehlige Rufe flogen von Talhang zu Talhang. Clay lud sein Repetiergewehr nach. Der Streifschuss an seinem Oberschenkel schmerzte. Aber es war nur ein Kratzer, der jetzt keine Bedeutung für ihn besaß. Schlimmer war, dass Scobey noch immer Blut verlor.

Clay feuerte auf die schattenhafte Bewegung zwischen den Tannen. Wenn die Indianer so weit vordrangen, dass sie seine ohnehin karge Deckung einsehen konnten, war alles aus. Hohngeschrei gellte zu ihm. Sie wussten jetzt, dass nur mehr er als Gegner übrig war. Nun ließen sie sich Zeit. Keiner wollte mehr sein Leben für einen Skalp riskieren, der ihnen sowieso sicher war.

Clay zog Scobey die Jacke aus. Eine Kugel hatte eine tiefe Fleischwunde gerissen und Scobeys Hüftknochen gestreift. Clay presste sein zusammengeknäultes Halstuch darauf und schlang einen Verband aus Streifen von seinem Hemd darüber. Scobey bewegte sich stöhnend. Seine Lider zuckten.

Dann musste Clay wieder zum Karabiner greifen. Die Krieger hinter den toten Pferden schnellten hoch, jagten ihre Pfeile von den Sehnen und warfen sich sofort wieder nieder. Brandpfeile! Die Schäfte waren mit Harz bestrichen, mit Stofffetzen, Grasbüscheln und irgendwelchen Kräutern umwickelt. Das Ganze qualmte mehr, als dass es richtig brannte.

Zuerst grinste Clay nur wütend darüber, dass sie es auf diese verrückte Tour versuchten. Als aber die nächsten Pfeile heranschwirrten, wieder nicht gegen den Felsen prallten, sondern gezielt in der Erde daneben steckenblieben, begriff er. Immer mehr stinkender Rauch quoll empor und verschleierte ihm die Sicht. Genau darauf kam es den Cheyennes an.

Panik erfasste den Weißen. Die Schwaden trieben auf ihn zu, bissen in seinen Augen. Er schoss wild drauflos. Wieder zischten Geschosse heran, die einen Schweif aus Funken und Rauch hinter sich herzogen. Diesmal klatschten sie links von ihm in die Erde. Der Qualm verdichtete sich zu einer grauen Wolke. Sie nahm ihm nicht nur die Sicht, sondern auch die Atemluft.

Clay nahm sich gerade noch die Zeit, erneut das Gewehr nachzuladen. Dann zerrte er Scobey hoch.

»Wir müssen zur Kutsche, Partner!«, schrie er ihm zu.

Aber Scobey war zu erledigt, dass er begriff, was vorging. Clay wusste, die Cheyennes warteten nur darauf, dass er aus dem Qualm hervorkam. Wahrscheinlich war es sein und Scobeys Tod. Aber ihm blieb keine Wahl. Es war auch besser, als ihnen lebend in die Hände zu fallen. Er umklammerte Scobey mit dem linken Arm. In der Rechten hielt er den Remingtonkarabiner.

Die Schüsse waren verstummt. Plötzlich schrillte durchdringendes Geheul durch das Tal. Einen Moment befürchtete Clay, der letzte Angriff der Cheyennes hätte begonnen. Da hörte er das rasende Wirbeln von Hufen. Es kam aus der entgegengesetzten Richtung auf die Postkutsche zu. Dann knallten wieder die Gewehre. Der Fetzen einer verzweifelten, hellen Stimme durchbrach den Lärm. Eine Stimme, die seinen Namen schrie.

Joana!

Clay stolperte mit Scobey aus dem Rauch heraus. Seine Augen brannten, er rang nach frischer Luft. Von den Talhängen blitzten Mündungsfeuer. Bronzehäutige Gestalten tauchten dort hinter Felsen und Baumstämmen auf.

Doch Clay sah nur die fTau. Ihr dunkelblondes Haar flatterte, als sie sich vom Pferderücken auf den Kutschbock schwang. Sie hielt die Winchester 66, sein Gewehr.

»Clay, um Himmels willen, schnell! Ich geb dir Feuerschutz!«, schrie sie. Die Waffe flammte über dem Kutschendach. Der Lauf schwang hin und her.

Aufgeregt zerrten die Kutschenpferde an den Seilen. Clay lief mit Scobey auf das Fahrzeug zu, während ringsum die Hölle aufzubrechen schien. Scobeys Füße schleiften über den Boden. Mit verzweifelt hingeschmetterten Schüssen trieb Joana die aus dem Wald hervorbrechenden Indianer zurück. Nun war es ein Nachteil der roten Krieger, dass sie ihre Pferde am Taleingang zurückgelassen hatten. Außerdem behinderte der Qualm, der Clay zum Verhängnis hatte werden sollen, nun auch ihre Sicht. Clays Herz schlug zum Zerspringen, als er die Stagecoach erreichte. Der Wagenschlag stand offen. Nicht weit davon lagen Bancroft und Mclntosh. Doch Clay hatte jetzt keinen Blick für sie.

Joana war zurückgekommen! Sie setzte ihr Leben aufs Spiel, um ihn zu retten!

Keuchend zerrte er den halb bewusstlosen Zeitungsmann in die Kutsche. Joanas Winchester schwieg - leergeschossen. Joana besaß keine weitere Munition.

Atemlos packte sie die Zügel, rastete gleichzeitig den Bremshebel aus. Nur fort hier! Das Geschrei und die Schüsse von den Talhängen erfüllten sie mit Panik.

In dem Moment, als die Räder nicht mehr blockiert wurden, rannten die Pferde mit einer Heftigkeit los, die Joana fast vom Bock schleuderte. In der Kutsche fiel Clay halb über Scobey, den er auf die lederne Rückbank gebettet hatte. Joana schrie. Die Zügel entglitten ihr.

Zwei Sekunden lang schoss die Kutsche auf nur zwei Rädern dahin.

Entsetzt klammerte Joana sich an der Seitenlehne des Fahrersitzes fest. Die Zügel schleiften unter der Deichsel auf dem Boden.

Stampede!, durchglühte es Clay, als er die Felsen und Bäume wie Schatten vorbeiwischen sah. Die Pferde rasten wie auf der Flucht vor einem Präriebrand dahin. Sie rissen die Concord-Kutsche wie eine Pappattrappe hinter sich her.

»Clay!«, schrie Joana gellend. Sie wagte nicht, die Seitenlehne loszulassen. Ihre Augen waren schreckgeweitet. Wenn nur ein Rad jetzt gegen ein Hindernis prallte, brauchten die Cheyennes sich nicht mehr anzustrengen.

Im Höllentempo fegte die Kutsche aus dem Tal. Die ersten berittenen Verfolger tauchten hinter ihr auf. Klippen und Bäume rückten nun noch dichter an das Fahrzeug heran. Es gab hier keinen festgefahrenen Trail. Instinktiv folgten die Pferde der Spur, die Clinton zusammen mit Joana hinterlassen hatte. Der Fahrtwind presste die offene Tür nach hinten.

Clay hielt sich mit einer Hand im Innern der Kutsche fest und beugte sich hinaus. Die Erde schien unter ihm wegzufliegen. Die wirbelnden Räder waren graue Scheiben. Ein Rudel tief auf die Pferdehälse geduckter Reiter preschte hundert Yards hinter dem Gefährt aus dem Taleinschnitt heraus. Wütend und entschlossen, sich die Beute nicht noch in letzter Minute entgehen zu lassen, schlugen die Indianer auf ihre Gäule ein.

Clay tastete mit einer Hand nach oben, bis er das Dachgitter zu fassen bekam. Ein kurzes Atemholen, dann schwang er sich hinaus und packte auch mit der zweiten Hand zu. Der Aufbau bog sich in den Lederschlaufen.

Die Verfolger schrien. Schüsse blitzten.

Die Zähne zusammengebissen, zog Clay sich hoch, bis er zuerst mit dem Oberkörper, dann ganz auf dem Dach des wie irr dahinbrausenden Fahrzeugs lag.

Die Cheyennes holten auf. Vor Clays schweißüberströmtem Gesicht bohrte sich ein Pfeil ins Kutschenholz. Clay hielt sich mit einer Hand am niedrigen Gitter fest, zog den Colt und schoss dem vordersten Verfolger das Pferd unterm Hintern weg. Dann schob er sich neben die entsetzensbleiche Frau auf den Bock.

Rechts huschte ein Felsen so knapp vorbei, dass Clay ihn mit der Hand hätte berühren können. Steine spritzten unter den Rädern, Funken sprühten unter den Hufen.

»Festhalten!«, schrie Clay, als sich das Gelände plötzlich vor ihnen senkte. Die Pferde stürmten einen mit Sträuchern bewachsenen Hang hinab. Wie eine Ramme brach die Kutsche durch dichtes Gestrüpp. Zweige peitschten die Flanken der Pferde. Die Räder sprangen über eine Bodenwelle. Dann spritzte Wasser unter den Hufen.

Aus!, war Clays erster entsetzter Gedanke. Aber der Creek war nur knietief, sein Grund kiesig. Schon ging es drüben wieder eine sanfte Böschung hinauf und weiter, vorbei an Felsen und buschbedeckten Hängen. Clay kam es wie ein Wunder vor, dass das schwankende Fuhrwerk noch nicht zerschellt war. Die ganze Zeit rannte Clays Brauner neben dem wie von Teufeln gehetzten Gespann.

Mit gellendem Geschrei galoppierten die Cheyennes hinter der Concord aus dem Creekbett. Der Pulk hatte sich auseinandergezogen. Drei, vier Krieger waren nur mehr dreißig Yards hinter den Flüchtenden. Sie hatten ihre Gewehre, Decken und Lederbeutel weggeworfen, um ihre Mustangs von jedem überflüssigen Ballast zu befreien. Nur Messer und Tomahawks hingen an ihren Gürteln. Wie mit ihren Tieren verwachsen, schoben sie sich immer bedrohlicher an die Kutsche heran.

Die Zügel!, dachte Clay verzweifelt. Das Dröhnen der Hufe und Rattern der Räder lag als tödliche Drohung in seinen Ohren. Aber wenn er das Gespann nicht bald unter Kontrolle bekam, brachen sie sich noch alle das Genick.

Joanas Kopf fuhr halb herum, als er nach vorn rutschte. Ihre Blicke trafen sich. Die Todesangst in ihren Augen spornte ihn an. Die Rücken der Pferde erschienen ihnen zum Greifen nahe. Aber da waren auch die scharfkantigen Hufe, die die Grasnarbe zerfetzten. Sie würden ihn erbarmungslos zermalmen, wenn er nicht richtig sprang.

Geduckt richtete er sich auf, balancierte kurz und stieß sich entschlossen ab. Joana stieß einen Schrei aus. Da landete er schon auf dem Rücken des Grauen rechts vor dem Kutschbock. Er glitt halb ab. Im letzten Moment hielt er sich an der Mähne fest. Das Pferd schnaubte erschrocken. Aber die anderen ließen ihm keine Wahl, als das Tempo mitzuhalten.

Clay drehte sich halb, um Joana beruhigend zuzuwinken. Da sah er schräg hinter ihr einen Cheyenne, der sich auf gleiche Höhe neben die Kutsche geschoben hatte. Triumph glühte auf dem bemalten Gesicht des Kriegers. Er streckte eine Hand nach dem Dachgitter aus. Da packte Clay seinen Colt, schoss, und der Indianer verschwand vom Rücken des weiterpreschenden Gauls.

Mit gespannter Miene wartete Clay auf das Auftauchen des nächsten Gegners. Da deutete Joana mit einer Hand entsetzt nach vorn. Was sie schrie, war im Lärm nicht zu verstehen. Dann sah Clay sowieso, welche neue Gefahr drohte. Die durchgehenden Pferde hetzten auf ein Gewirr von Klippen zu, die so eng zusammengewürfelt waren, dass das Fahrzeug unweigerlich an ihnen zerschellen musste. Nur mehr hundert Yards. Und die Entfernung schmolz, als würde die Kutsche wie von einer Sturmbö auf die Todesmauer zugetrieben.

Rasch steckte Clay seinen Colt weg. Er beugte sich tief am Pferdehals vorbei hinab, konnte jedoch die schleifenden Zügel nicht erwischen. Die langen, verwickelten Leinen schlenderten einmal nach links und nach rechts. Außerdem war die Deichsel dazwischen.

Nochmal! Clay hielt sich mit einer Hand an der Mähne fest und rutschte seitlich so tief, dass er nur mehr das Bein über dem Pferderücken hatte. Jetzt! Während er die Zügel packte, drang wie von weit her Joanas Schrei. Clay schwang sich mit den Zügeln in der verkrampften Linken hoch. Die Felsen! Nur noch dreißig Yards, zwanzig, fünfzehn ...

Er riss an den Ledersträngen. Die Klippen flogen mit erschreckender Geschwindigkeit heran. Clay wurde nicht bewusst, dass er aus voller Kehle auf die Pferde einschrie. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen die Zügel.

Knapp zehn Schritte vor den Felsen bogen die Pferde nach links ab. Die Kutsche jagte in eine halsbrecherische Kurve. Da fiel Clay wieder Joanas Schrei ein. Während die Gäule immer noch in voller Karriere weiterstoben, fuhr er herum. Auf dem Kutschbock rang Joana verzweifelt mit einem Cheyenne. Ein zweiter zog sich vom Pferd gerade auf das Kutschendach. Gegenüber trieb ein anderer Indianer seinen Mustang auf gleiche Höhe mit dem Kutschbock. Auch er schien entschlossen, sich auf das dahinbrausende Fahrzeug zu schwingen.

Clays Rechte stieß zur Halfter. Leer! Der Colt war herausgeglitten, als er sich nach den Zügeln gebückt hatte. Alles umsonst! Verzweifelt versuchte Clay, das Gespann zum Stehen zu bringen. Aber das Dröhnen der Hufe ließ nicht nach.

Plötzlich warf der Krieger bei Joana die Arme hoch, stürzte nach vorn und verschwand unter dem weiterrollenden Gefährt. Clay traute seinen Augen nicht.

Schräg voraus war ein Mann zwischen den Klippen hervorgesprungen. Mit dem Colt in der Faust rannte er der Stagecoach entgegen.

Rhett Clinton. Er schleppte Bancrofts Geldkoffer mit. Alles ging rasend schnell. Im Weiterlaufen schoss Clinton auf den neben der Kutsche galoppierenden Cheyenne, verfehlte ihn jedoch. Der Indianer riss sein Kriegsbeil hoch. Da wurde Clinton von den knapp an ihm vorbeijagenden Gespanngäulen verdeckt. Im nächsten Moment war er dicht vor dem bemalten Reiter, schoss abermals und traf ihn mitten in die Stirn. Katzenhaft wich er dem Indianerpferd aus. Schon war die Kutsche neben ihm. Clinton schleuderte den Koffer durch die offene Tür und wollte mit einem verzweifelten Hechtsprung hinterher.

Da ließ sich der auf dem Dach kauernde Cheyenne auf ihn fallen. Clintons Schrei schmerzte in Clays Ohren. Das Fahrzeug schoss weiter. Das Letzte, was Clay sah, waren vier oder fünf schreiende, waffenschwingende Reiter, die die am Boden Verkrallten umringten. Dann schoben sich mehrere Felsen dazwischen. Die Pferde rannten nach wie vor wie um ihr Leben. Joana hielt sich wieder auf dem Fahrersitz fest. Clay zerrte erneut heftig an den Zügeln. Allmählich wurde das Gespann langsamer. Aber erst als die Klippen und Hügel auseinandertraten und sich der Blick auf die endlose Büffelgrasprärie öffnete, hielt das schwankende Gefährt. Kein Hufgedonner mehr, keine Verfolger.

Knieweich rutschte Clay vom Pferderücken. Ein Druck war in seiner Kehle. Immer noch hatte er das Bild der Indianer vor Augen, in deren Hände Clinton gefallen war. Diese Erinnerung spiegelte sich auch in Joanas Augen. Bleich und wie vernichtet saß sie auf dem Bock. Clay half ihr herab. Zitternd und erschöpft sank sie ihm in die Arme.

Hufschlag riss Clay herum. Es war jedoch kein Verfolger, sondern sein Brauner, der zwischen den Felsen hervor auf die Kutsche zutrabte. Die Wolken klafften auf. Das erste Bündel Sonnenstrahlen seit Tagen erhellte die düstere Szenerie. Weit draußen auf der Ebene zog eine Reiterkolonne dahin. Blaue Uniformen leuchteten. Kavallerie ... Pat Scobey, dessen blasses Gesicht im Kutschenschlag erschien, entdeckte sie zuerst. Der Anblick mobilisierte ihn besser als jede Medizin.

»Lorman, sehen Sie nur! Wir haben es tatsächlich geschafft!«

Clay antwortete nicht. In seinen grauen Augen war nur ein flüchtiges Aufblinken. Er kannte plötzlich die Aufgabe, die er jetzt noch zu erfüllen hatte. Sie duldete keinen Aufschub.

Roman-Paket Western Exklusiv Edition 11 Romane - Sammelband 7021

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