Читать книгу Gnadenlos und eisenhart: Super Western Sammelband 4 Romane - Pete Hackett - Страница 25

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Jim saß im Sattel eines gescheckten Pferdes. Seine Hände waren am Sattelhorn festgebunden.

Schon lange hatten sie die Stadt hinter sich gelassen. Larry Cohler war ihnen begegnet und schnell weitergeritten, nachdem er sich mit Horace besprochen hatte. Der Schießer hockte missmutig vor Jim auf seinem Pferd. Wie es dem Ranger schien, kämpfte er noch immer gegen das Brummen in seinem Kopf.

Nach einer Weile stieg Horace ab.

„Wir machen eine kurze Pause“, brummte er. Er knüpfte das Lassoende, dessen Schlinge um den Hals von Jims Pferd geschlungen war, um einen großen Stein und setzte sich im Schatten nieder.

Der Ranger lächelte leicht. Er hatte nicht erwartet, dass sein Schlag eine so nachhaltige Wirkung zeigen würde.

Horace hatte sich den Hut über die Augen geschoben. Er schien zu schlafen, zumindest aber vor sich hin zu dämmern.

Jim ruckte und zerrte an den Fesseln, aber er erreichte nur, dass die Riemen noch tiefer in seine Haut einschnitten. Nein, er würde sich nicht befreien können, der Bandit hatte wirklich gut vorgesorgt.

Zehn Minuten vergingen.

Der Texas-Ranger blickte suchend umher. Plötzlich sah er den Kopf des Wahnsinnigen um eine Kante schauen. Es sah aus, als grinse dieser Schwachsinnige vergnügt.

Jetzt trat er vor und kam näher. Er hatte sein Gewehr in der Armbeuge, das wie zufällig auf den schlafenden Schießer gerichtet war.

„Hat dich Freund Sprague gefangen?“, fragte der Irre ganz normal.

„Ja. Komm her und schneid mir die Stricke durch.“

„Damit du mich fangen kannst, wie? Hihi! Ich bin doch nicht blöd!“

„Mach nicht solchen Krach, sonst machst du mir den Kerl munter.“

„Ich würde ihn gleich wieder einschläfern.“ Der Verrückte klopfte an den Schaft seiner Büchse, und dazu rollte er mit den Augen, wie es außer ihm sicher niemand mehr konnte.

„Komm, mach schon, ich tue dir nichts. Meat Sprague hat in Haymond die Herrschaft übernommen. Er hat den Sheriff umgebracht. Er will die ganze Stadt unter seinen Stiefel bringen.“

„Du lügst! Der Sheriff liegt ein paar Meilen weiter in einem Tal und wird von fünfzehn Banditen bewacht.“

„Oh, das wusste ich nicht. Doch das andere stimmt. Los, mach schon!“

Der Irre schüttelte den Kopf.

„Bei dir ist eine Schraube locker, mein Freund. Du bist hierhergekommen, um mich zu fangen. Jetzt bist du selber in eine Falle gelaufen, und nun soll ich dir helfen. Ich soll dich befreien, damit du mich jagen kannst. Ich bin doch kein Vollidiot. Ich bin der Herr dieses Landes, verstehst du.“

In dieser Sekunde bewegte sich Bliff Horace. Er schob seinen Hut zurück und starrte den Verrückten an. Ein Schaudern durchlief seinen Körper. Dann riss er sich zusammen und langte nach dem Colt.

Der Schwachsinnige war mit einem blitzschnellen Sprung bei ihm und schlug ihm das Gewehr über den Kopf. Gemütsruhig wandte er sich dann um, während Horace zur Seite rollte.

„Er wollte mich ermorden“, sagte er beiläufig. „So ein Narr. Er will einen Geist ermorden. Doch woher soll er es wissen? Er war noch nie in der Hölle, obwohl er sicher auch dorthin gehört. Wie ich. Hihi!“

Jim starrte den Mann an. Wenn er jetzt einen Anfall bekommt, dachte er, dann kann es passieren, dass er mich für den lieben Gott hält und aus dem Sattel schießt. Und dagegen kann ich gar nichts unternehmen. Wie mag er nur umzustimmen sein?

„Hör mal zu, Geist“, fing er an. „Ich will diesen Meat Sprague schnellstens erledigen. Es steht zu befürchten, dass er die ganze Stadt mit brutaler Gewalt unterjocht. Dabei kann viel Blut fließen. Schuldlose Menschen müssten vielleicht sterben.“

Der Wahnsinnige nickte.

„Sprague ist ein Schwein“, sagte er läppisch. „Er hat zwar nur Stroh im Schädel, aber die anderen Leute in Haymond sind auch nur Narren. Es kommt auf ein paar Verrückte nicht an.“ Er schloss die Augen halb und fuhr fort: „Ich sehe die Stadt vor mir. Ich sehe Sprague. Huu! Er hält einen großen Revolver in der Hand und geht auf den Schneider zu. Der Revolver blitzt auf – eine Kugel fliegt langsam über die Straße ... Oh! Der arme Schneider. Hallo, Mister Frey! Ist es etwa in den Kopf gegangen? Oh, das tut mir leid, Mister Frey! Wo Sie sonst so ein vornehmer Gent waren. Jetzt haben Sie ein Gewicht im Hirn. Ein Bleigewicht. Aber warum fallen Sie denn deshalb um? Zieht es Sie so stark nach unten? Und jetzt ist Trense an der Reihe. Vorsicht, Mister Trense, auf Sie kommt auch so ein Knallbonbon zu! Ah, er merkt es nicht. Doch, jetzt hat er es gemerkt. Es scheint, als wäre die ganze Stadt verrückt. Jetzt liegen schon zwei totgeschossene Männer auf der Straße. Ihr seid alle Narren. Hah! Er wird euch ausräuchern! Lange hat es gedauert – und nun begreift ihr auch noch nicht.“

Der Irre wankte zurück und lehnte sich keuchend gegen den Felsen. Seine Augen standen weit offen. Jetzt hatte ihn der Wahnsinn wieder gepackt, und er schüttelte ihn hin und her.

Doch schlagartig stand er wieder ruhig und lächelte verkrampft.

„Ich war eben mal weggetreten“, sagte er kichernd. „Auf diese Art werde ich immer daran erinnert, dass ich ein Geist bin. Ein Sendbote des Satans. Wovon sprach ich eigentlich? Ach ja, von Sprague. Ist Debby Winsley noch bei ihm? Oh, ich möchte sie eigenhändig umbringen! Doch es wird noch klappen. Erst muss ich ihn ruinieren. Bettelarm soll er sein!“

Hass blitzte in den Augen des Verrückten. Seine Gemütlichkeit war gewichen.

Doch von einer Sekunde auf die andere änderte sich der Ausdruck seines Gesichts.

„Sicher langweile ich Sie, mein Herr. Wer waren Sie gleich? Der Präsident? O nein, Sie sind doch kein Präsident. Ein Ranger? Wo ist denn Ihr Stern?“

Jim war nicht klar, ob der Kerl phantasierte oder mit ihm sprach. Erstaunlich war es trotzdem, woher er wissen konnte, dass er ein Ranger war. Und er wusste es, denn jetzt grinste er. Dann dachte Jim an die seltsame Kenntnis des Verrückten. Er musste die Stadt Haymond und ihre Bewohner sehr genau kennen.

„Wer ist Debby Winsley?“, fragte er ruhig, um den Mann möglichst nicht wieder aus der Fassung zu bringen.

„Winsley? Kenne ich nicht.“

„Donnerwetter, du hast doch eben noch von ihr gesprochen!“, fuhr Jim hoch.

„Schreien Sie nicht so, Sie Würstchen! In meinem Revier hat Ruhe zu herrschen, sonst werden Sie zweimal erschossen.“ Er leckte sich über die Lippen. „Doch, natürlich“, fuhr er fort. „Debby Winsley. Oh, das ist nur ein Zufall gewesen. Sie heißt jetzt Rink. Madam Rink. Sie ist stinkvornehm geworden. Es war ein Zufall, dass wir uns begegneten – wiederbegegneten. Hihi! Dieser Zufall machte einen Geist aus mir.“

Jim verstand kein Wort. Er sah, dass der Verbrecher sich wieder bewegte, wovon der Verrückte keine Notiz zu nehmen schien.

Bliff Horace richtete sich an der Wand auf. Er starrte den Verrückten an und schüttelte sich. Als sich an dem Bild nichts änderte, rieb er über seine Augen. Das Bild blieb.

„Gleich dreht er durch“, sagte der Irre, ohne zu dem Banditen hinzusehen. „Junge, lass die Finger von deinem Schießeisen, sonst brenne ich dir ein Loch in deinen ungewaschenen Bauch. Ich habe hier eine wichtige Unterredung.“

Eine Minute verging, in der gar nichts geschah. Der Verrückte wandte sich wieder an Jim und sagte: „Sie hat sich mit einem Heiligen verbunden, der ihr in nichts nachsteht, vielleicht noch schlimmer ist, aber weniger genial. Sie verstehen doch, großer Meister? Er ist ein Mann, der Wasser in seinem Köpfchen hat. Du sollst nicht nach dem Colt langen!“

Horace schien den kurzen Hinweis gar nicht gehört zu haben. Seine Hand tastete sich langsam tiefer.

„Und beide haben sich mit einer Garde umgeben, in welcher dieser Blödian, der mich um die Ecke bringen will, fast der schlaueste ist.“

Plötzlich riss der Wahnsinnige sein Gewehr hoch und schoss.

Horace hatte seinen Colt in der Hand. Ein kreisrundes Loch zeichnete sich auf seiner Stirn ab. Haltlos rutschte er in sich zusammen.

„Es ist schrecklich mit den Menschen“, sagte der Irre. „Habe ich ihn nicht genug gewarnt? Als ich noch lebte, war ich auch solch ein Narr. Hihi!“

Er verstummte, trat zwei Schritte zurück und blickte Jim genau an. „Du Kerl willst mich aushorchen!“, schrie er plötzlich.

„Pech und Schwefel, ich habe keine Frage gestellt!“, schimpfte Jim. Er glaubte, einem Anfall damit vorbeugen zu können.

Doch es gelang ihm nicht. Der Wahnsinnige verdrehte die Augen, riss sein Gewehr hoch und schoss. Doch er war jetzt so erregt, dass die Kugel hoch über Jim hinweg ging. Zu einem zweiten Schuss kam er nicht. Sein Kopf flog wie ein Ball auf dem spindeldürren Hals hin und her. Jim befürchtete, dass er jede Minute abbrechen würde. Doch nichts dergleichen geschah.

An der Wand taumelte der Wahnsinnige entlang. Er stieß grunzende Laute aus und brach schlagartig zusammen. Dann lag er still, nur seine Brust arbeitete heftig.

Jim starrte zu dem Irren hinunter. Jetzt erst sah er, wie schlimm es wirklich um den Mann stand. Soweit der Ranger sich mit dieser schlimmen Krankheit auskannte, hielt er diesen Fall für hoffnungslos. Und nun fragte er sich, was den Mann eigentlich um den Verstand gebracht haben mochte. Zweifellos war der Irre nicht immer verrückt gewesen. Nein, das bewies schon die Tatsache, dass er sich über Haymond und Debora Rink ganz vernünftig unterhalten hatte. Und dazu kam noch die zweite Tatsache: nämlich seine verblüffenden Ortskenntnisse in den Bergen. Schließlich konnte man noch hinzufügen, dass er ein vortrefflicher Schütze war. Doch das hatte er nicht erst bei Bliff Horace zu beweisen brauchen. Nein, Jim erinnerte sich sehr gut der Meisterschüsse, die der Wahnsinnige auf den Whiskywagen in einer dunklen Nacht abgegeben hatte.

Es schien sich also so zu verhalten, dass der Mann manchmal vollkommen normal sein konnte, während er zu Zeiten wieder die Kontrolle über sich verlor. Jetzt zum Beispiel war er sogar bewusstlos. Und darüber hinaus hatte er sich ein tadelloses Gedächtnis bewahrt.

Wie hatte er Debora Rink genannt?

Jim überlegte eine Weile, dann fiel es ihm wieder ein.

Debby Winsley. Yeah, das war wirklich interessant. Und damit verband sich plötzlich die Frage: Wer ist dieser Mann?

Der Ranger blickte zu ihm hinunter. Ein Stoßseufzer kam eben aus der Brust des Ohnmächtigen. Er rollte sich ein Stück auf den Weg, dann blieb er wieder liegen.

Lange konnte es nicht mehr dauern, dann kam er wieder zu sich. Was würde er dann veranstalten?

Jim dachte mit Schaudern daran. Er blickte auf seine Hände, die Bliff Horace mit großer Sorgfalt ans Sattelhorn geschnürt hatte.

Wie konnte er sich befreien?

Suchend glitten seine Augen über die Kanten und Schroffen der Felswände, die den Weg einengten. Er musste sich irgendwie befreien.

Oder sollte er fliehen?

Er trieb das Pferd zurück, so gut ihm dies möglich war, aber das Lasso hatte der Schießer ebenfalls gut am Stein befestigt. Die Schlinge zog sich um den Hals des Mustangs zu. Sofort gab das Pferd auf. So ging es also auch nicht.

Und da kam der Wahnsinnige wieder zu sich. Er richtete sich auf und blickte verwirrt umher. Seine knochige Hand strich durch das schlohweiße Haar. Dann raffte er die Büchse auf und kam langsam heran.

„Sprague!“, heulte er plötzlich wild los. „Sprague! Du Bandit wolltest mich ermorden. Du hast mich in die Hölle gebracht, aber ich bin zurückgekommen. Ich habe etwas vergessen. Sprague, Bestie, jetzt töte ich dich!“

Er hob die mörderische Waffe und legte auf Jim an. Alles was er vor kurzer Zeit erzählt hatte, schien vergessen zu sein. Jim sah überdeutlich, dass der Verrückte noch nie so weit von dieser Welt entfernt gewesen war wie in dieser Minute. Hass und Mordlust blitzten in seinen Augen. Jetzt legte er den Finger um den Abzug, diesen knochigen, eckigen Finger.

„Ich bin nicht Sprague!“, rief Jim. „Ich bin Jim Hollister und verfolge den Banditen Meat Sprague!“

Der Irre ließ das Gewehr zwei Zoll sinken. Er hob eine Hand und strich durch seine Mähne, und dann über seine Augen.

„Du bist er nicht? Nein, du bist ein anderer! Du suchst mich! Du bist ein Handlanger dieses Schurken. Ah, ich werde auch dich vernichten! Du sollst mich fangen, nicht wahr? Du sollst mich greifen, damit ich seine Frachten nicht mehr in die Luft jagen kann. Du hast dir den Weg umsonst gemacht. – Oder doch nicht? Nein – wirklich nicht.“

Er brach ab und stellte das Gewehr an die Wand. Jim atmete auf. Zumindest war die Gefahr für den Augenblick gebannt.

Doch er sah sich getäuscht, wenn er geglaubt hatte, dass der Irre ihn erneut in ein Gespräch verwickeln wollte. Nein, der Bursche zog vielmehr ein Messer aus dem Gürtel, trat an Jim heran und schnitt die Stricke durch, mit denen der Ranger ans Sattelhorn gefesselt war. Dann bückte er sich unter den Leib des Tieres und hieb auch den unteren Riemen durch.

Jim stieg ab. Seine Beine waren jetzt frei, aber die Hände waren noch immer gebunden. Er blickte zu dem Verrückten hin, der bereits wieder vier Meter entfernt stand und seine Waffe drohend in der Hand hielt. Ein meckerndes Lachen stieg in die Höhe.

„Einen lumpigen Handlanger bindet man nicht erst vom Pferd, wenn er tot ist“, verkündete er düster. „Man fasst ihn nach Möglichkeit nur lebend an.“

Jim fühlte sich schon wesentlich besser. Jetzt errechnete er sich schon eher eine Chance. Wenn er den Kerl noch ein wenig hinhalten konnte, ihn zu einer Unvorsichtigkeit verleiten würde, dann kam er vielleicht hinter eine Kante und aus dem Bereich seiner Kugeln.

Im Moment zeigte jedoch der Lauf genau auf seinen Kopf, und er konnte sich genau ausrechnen, wohin die Kugel gehen würde.

„Ich bin wirklich kein Handlanger Spragues“, sagte er lahm, nur um überhaupt etwas zu sagen.

„Das musst du einem anderen erzählen. Pass auf, jetzt kommt ein Knall, und mit dem fährst du ab!“

Der Ranger hatte keine Wahl. Er sah, wie sich der Finger um den Abzug schob, und wie sich die vorspringenden Nervenstränge anspannten. Mit einem mächtigen Satz warf er sich zur Seite, rollte über den Boden und schlug gegen einen Stein.

Keine Minute zu früh. Dort, wo er eben noch gestanden hatte, bohrte eine Kugel ein Loch in die Luft, der ein ohrenbetäubender Knall folgte.

In der nächsten Sekunde riss der Wahnsinnige das Gewehr herum und schoss erneut. Ein Strich wurde über den flachen Stein gezogen, hinter dem Jim lag. Die Kugel winselte weiter und knallte gegen die Wand. Jaulend zog sie zum Himmel.

Der Ranger wusste genau, dass er jetzt keine Chance mehr hatte. Die nächste Deckung war zu weit entfernt. Er konnte sich nur hochwerfen und versuchen, dem Irren die Waffe zu entwinden. Dieses Manöver heil zu überstehen, schien fast aussichtslos. Doch er musste es versuchen.

Gerade wollte er hochschnellen, als etwas Unerwartetes geschah.

Schneller Hufschlag klang an seine Ohren, der sich rasch näherte.

Auch der Irre schien es zu hören, denn sein ausgemergelter Schädel ruckte lauschend hoch.

Sehr schnell wurde das Schlagen der Hufe lauter. Der Verrückte warf sich plötzlich herum und verschwand um eine Kante.

Eine Sekunde blickte ihm Jim nach, dann stand er auf, hetzte auf der anderen Seite um eine Kante und zwängte sich in einen Spalt.

Gnadenlos und eisenhart: Super Western Sammelband 4 Romane

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