Читать книгу Ein Land, in dem der Colt regiert: Western Großband 3 Romane 12/2021 - Pete Hackett - Страница 12

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Die Tage vergingen. Wenn sich die Möglichkeit ergab, übernachtete Ned in einem Hotel, einem Mietstall oder einer Scheune, in der Heu und Stroh deponiert waren. Hin und wieder musste er auch im Zelt nächtigen. Der Schlafsack, den er besaß, war warm, dennoch war Ned am Morgen nach einer Nacht im Freien durchgefroren und wie gerädert.

Vor ihm lagen noch gut und gerne dreihundert Meilen. Und der Winter hatte noch gar nicht richtig angefangen. Der Januar würde erst die richtige Kälte bringen.

Ned ließ sich nicht beirren. Er schonte sein Pferd und ritt jeden Tag ungefähr zwanzig Meilen. Wenn er in einer Stadt übernachten konnte, gönnte er sich und dem Pferd manchmal sogar einen ganzen Tag Ruhe. Anfang Januar des Jahres 1846 erreichte er die kleine Farm am Ohio River. Sie war dem Verfall preisgegeben. Etwas abseits entdeckte Ned vier flache Grabhügel. Die Holzkreuze waren halb verrottet, dennoch konnte Ned die Namen, die darauf standen, entziffern. Es waren die Namen seiner Großeltern und Eltern.

Erschüttert bis in seinen Kern begab er sich nach Cincinnati, wo er erfuhr, dass seine Eltern und Großeltern an den Pocken gestorben waren und seine Geschwister daraufhin die Gegend verlassen hatten. Es hatte von ihnen kein Lebenszeichen mehr gegeben.

Ned hatte viele hundert Meilen härtesten Trails hinter sich gebracht, um am Ende vor vier Gräbern und einer halb verfallenen Farm zu stehen. Er war enttäuscht und verbittert und begann mit dem Schicksal zu hadern.

Nach einigen Tagen Aufenthalt beschloss er, in den Westen zurückzukehren. Er schnallte seine Habseligkeiten hinter dem Sattel fest und machte sich wieder auf den Weg. Hier hielt ihn nichts. Es gab auch niemanden, von dem er sich verabschieden musste. Die Menschen, die er früher mal gekannt hatte, würden ihn längst abgeschrieben haben.

Er fragte sich, ob er den Weg über Nauvoo nehmen sollte. Gefühl und Verstand lagen bei ihm in zäher Zwietracht. Gefühlsmäßig wollte er in Erfahrung bringen, ob Brigham Young und eine große Zahl seiner Anhänger tatsächlich nach Westen aufgebrochen waren, um das gelobte Land zu finden. Der Verstand riet ihm, einen weiten Bogen um die Stadt zu machen. Den Grund dafür wusste er selbst nicht zu deuten. Daran, dass Broderick Carlisle aus Carthage noch eine Rechnung mit ihm offen hatte, verschwendete er nur einen kurzen Gedanken.

Denn da war auch noch der Gedanke an Sarah...

Ihre Augen...

Ihr Blick...

Die Art, wie sie ihn angesehen hatte...

Er hatte öfter an sie gedacht, als er es zunächst für möglich gehalten hatte - zumal ihm klar war, dass daraus nichts werden konnte.

Schon deshalb nicht, weil er keiner von den Heiligen der Letzten Tage war.

Keiner von ihnen.

Trotzdem.

Das Gefühl siegte. Mitte Februar erreichte er die Mormonenstadt. Er ritt sofort den Mietstall an. Der Stallmann war ein anderer als der, den Ned in Erinnerung hatte. Ned erkundigte sich nach Dave. So hatte Brigham Young den Stallburschen genannt.

„Der steht mit seinem Planwagen zusammen mit mehr als einem halben tausend unserer Brüder und Schwestern am Mississippi und wartete darauf, dass die Eisdecke dick genug ist, um ihn zu überqueren.“

„Young und seine Leute sind also noch nicht nach Westen auf den Trail gegangen?“, murmelte er wie im Selbstgespräch, allerdings überflüssigerweise, denn die Antwort hatte ihm der Stallmann sozusagen schon vor seiner Frage gegeben.

Er erhielt trotzdem eine Antwort. „Nein“, sagte der Stallknecht. „Das Eis auf dem Fluss hätte sie nicht getragen. Aber sie sind bereit. Sobald das Eis die Wagen und die Zugtiere aushält, spannen sie ein und gehen auf den Trail.“

„Danke“, sagte Ned, verließ mitsamt seinem Pferd den Stall, saß auf und ritt durch die Stadt zum Fluss. In Nauvoo gab es deutlich mehr Verwüstungen als im Dezember, als er für eine Nacht in der Stadt weilte. Der Terror war also weitergegangen.

Mit jedem Schritt seines Pferdes wuchs die Ungeduld in Ned. Er konnte es nicht erwarten, Sarah zu sehen!


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