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13.

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Sie war wach, als er eintrat. Der Fernseher lief, aber der Blick ihrer sahnekaramellbraunen Augen war nicht auf den Bildschirm, sondern zur Zimmerdecke gerichtet. So erhaschte er eine Ansicht ihres Profils, registrierte die fast waagerechten Augenbrauen, den ausgeprägten Schwung ihrer Nase mit dem überraschend breiten Rücken und den feinen Flügeln, die gewölbten Lippen und den Grübchenschatten am Kinn.

Dann schaute sie zu ihm her und lächelte ihn an, und es war wieder genauso wie beim ersten Mal.

Oder nein, eigentlich nicht ganz so. Diesmal war er vorbereitet. Die heiße Woge kam diesmal als erfüllte Erwartung.

»Guten Tag, Frau Haak. Geht es besser inzwischen?«

»Ja, vielen Dank.« Sie richtete sich ein wenig mehr auf, und ihre gekräuselten Lippen schienen sie Lügen zu strafen. »Die Schmerzmittel wurden reduziert, jetzt bin ich viel klarer im Kopf, aber natürlich ist die Wunde noch zu spüren.«

»Natürlich.« Er zog einen der beiden Besucherstühle neben das Bett und setzte sich. »Und wie sieht es mit der Erinnerung aus? Ist Ihnen seit gestern etwas Neues eingefallen?«

Ihre Miene verfinsterte sich. »Leider nicht«, sagte sie mit leicht gepresster Stimme. »So sehr ich mich auch anstrenge, der Moment des Überfalls ist einfach wie ausgelöscht.«

»Wahrscheinlich kann man so etwas nicht erzwingen.« Vielleicht mussten sie sich wirklich in Geduld üben. Eile war ohnehin nicht mehr geboten, dafür lag die Tat bereits zu lange zurück. Wenn es ein Raubüberfall oder ein versuchtes Sexualdelikt war, dann gab es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass der Täter aus Leer oder zumindest aus der Region stammte und irgendwann erneut hier zuschlagen würde. Dann könnte eine Beschreibung auch nach Wochen noch nützlich sein. Voraus­gesetzt, die Erinnerung der jungen Frau kehrte überhaupt irgendwann zurück.

Unbewusst hatte er sie sekundenlang fixiert. Erstaunt stellte er fest, wie sich ihr Gesicht in dieser kurzen Zeitspanne veränderte. Die wunderschönen geraden Augenbrauen waren aufeinander zugekrochen wie zwei borstige Raupen, die Stirn lag in Falten, die Nasenflügel bebten, die Lippen wurden schmal. Muskeln zitterten in ihren Wangen.

»Sie brauchen sich nicht solche Sorgen zu machen«, versuchte er zu beschwichtigen. »Wir haben ja die Tatwaffe, und mit etwas Glück sind Fingerabdrücke drauf, die bringen uns dann schon ein Stück weiter. Wahrscheinlich liegt der Bericht des Labors schon auf meinem Schreibtisch. Ich war sowieso gerade auf dem Weg ins Büro, bin nur mal kurz auf einen Sprung hereingekommen, um zu schauen, wie es Ihnen geht. Also konzentrieren Sie sich mal schön darauf, wieder richtig gesund zu werden, nicht wahr?«

Jetzt lächelte sie wieder. Aber ihre Lippen blieben schmal, und der Zauber wollte sich nicht wieder einstellen.

Der Schock sitzt wohl doch noch sehr tief, überlegte Stahnke, während er durch die Korridore eilte, um dem typischen Krankenhausgeruch so schnell wie möglich zu entkommen. Dabei dachte er über seine eigenen Worte nach. »Ha!«, murmelte er vor sich hin. »Ganz wie der nette gute Onkel.« Das ärgerte ihn mehr, als er sich eingestehen mochte.

Fürchte die Dunkelheit

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