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Sie waren zu dritt, wie immer, wenn es ernst wurde. Nane wappnete sich. Sie wusste, was jetzt kam, und ihr wurde schlecht vor Angst. Genau deswegen taten sie es ja. Das hatte Nane inzwischen erkannt. Aber die Angst kam trotzdem.

»Vater ist böse auf dich«, sagte Roland. Roland der Riese. Obszön dicke Muskeln wölbten sich unter seinem blütenweißen T-Shirt. Sein breites, glattes Gesicht mit der Babynase blieb unbewegt. Er war nicht wirklich bösartig, war alles andere als gemein, aber er würde genau das tun, was Vater verlangte. Immer. Das machte ihn ziemlich gefährlich.

Sanna sagte nichts. Sie lächelte nur, die Lippen dünn wie Bleistiftstriche. Der Ausdruck ihrer dunklen Augen ließ Nane schaudern wie in kalter Kellerluft. Sanna war schlimm. Nane hatte sie schon Dinge tun sehen, die schlimmer waren als …

»Nein«, sagte Nane. Mit großer Anstrengung richtete sie sich auf, bog die Schultern zurück, zwang sich heraus aus der Igelrolle, in die ihre Angst sie schon wieder gebogen hatte. »Nein. Ich will nicht.«

»Darum wirst du auch niemals Prinzessin sein.« Diese piepsig helle Stimme, dieser selbstgefällige, leiernde Tonfall! Puppe war ein Aas. Ein Schleimer, Ranschmeißer, Schöntuer. Roland mochte ihr wehtun, Sanna sie demütigen. Puppe aber war eine Intrigantin, die sie bei Vater anschwärzte, um sich selbst ins beste Licht zu rücken. Dafür hasste Nane sie. Mehr als alles andere.

Wirklich mehr? Nein, nur fast. Da waren noch andere Dinge, an die selbst Puppe nicht heranreichte. Dinge, vor denen Nane sich sicher glaubte, von denen sie jedoch wusste. Dinge, die andererseits aber auch mit Puppe zu tun hatten. Dinge, die schnell an Kontur verloren und wie im Nebel verschwammen, wenn Nane intensiv daran zu denken begann. Nur Puppe blieb.

»Du weißt, was Vater dir gesagt hat.« Das war wieder Roland. Er sprach ernsthaft, artikulierte sorgfältig, seinen Blick halb über Nane hinweg, halb nach innen gerichtet. Er gab sich Mühe. Ja, so war Roland. Gewissenhaft, zuverlässig. Vaters Großer. Ihn konnte nichts aufhalten. »Du weißt es doch noch?« Jetzt schaute er sie direkt an. Besorgt sah er aus, hoffte sichtlich auf ein Ja. Bei einem Nein würde er ihr wehtun müssen, das war klar. Offenbar machte ihm das keinen Spaß.

Ganz im Gegensatz zu Sanna.

»Ja«, sagte Nane. »Ich weiß es noch. Und ich werde mich auch danach richten. Kein Verstoß gegen Vaters Befehle.«

Noch während sie sprach, erkannte sie, dass sie selbst nicht daran glaubte, und war entsetzt.

»Lüger, Lüger, Lüger«, leierte Puppe. Vor ihr konnte man nichts verbergen, sie registrierte alles wie ein Seismograph. Und lieferte jeden ans Messer. Sannas Grinsen wurde breiter. Sie streckte ihren rechten Zeigefinger aus, dessen langer, metallicschwarz lackierter Nagel wie ein Stilett blitzte, und machte die Geste des Halsabschneidens.

Nane erstarrte. Jetzt kam alles auf Roland an. Roland der Riese war kein Sadist, kannte keinen Hass und keine Lust an Gewalt, nur unbedingtes Pflichtgefühl. Was zuweilen schlimm genug war. Hören würde er immer nur auf Vater. Aber wem würde er jetzt glauben?

»Vater sagt, du darfst nicht vergessen«, sagte Roland, und die Kälte breitete sich in Nane aus. »Niemals vergessen. Fürchte die Dunkelheit. Ich soll dich erinnern.« Braune Augen blickten gutmütig unter dichten dunklen Brauen hervor: »Tut mir leid, Nane.« Roland trat vor.

Sannas Lachen klang wie brechendes morsches Holz, Puppes Gekicher wie das Prasseln einer Handvoll Erbsen auf dem Küchenboden. Roland lachte nicht. Die Wichtigkeit seiner Aufgabe nahm ihn völlig in Anspruch, und der Eifer trieb ihm seine Zungenspitze zwischen die Lippen.

Nane konzentrierte sich ganz auf das Messer.

Fürchte die Dunkelheit

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