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Bremen, Montag 09. Februar 2009, 16.40 Uhr
ОглавлениеMittlerweile hatte sich der Tag dem frühen Abend gebeugt. Ein schneeloser Wintertag, jetzt wurde es recht kühl. Sabrina Hamm saß neben ihm im Auto, sie tippte einige Notizen in ihr Smartphone. Wie so viele der jüngeren Leute hatte sie eine große Fingerfertigkeit im Umgang mit diesen Dingern. Er störte sie nicht beim Tippen. Ab und zu stellte sie eine Frage über das soeben geführte Gespräch mit Wenzel, dann schrieb sie weiter. Sie nutze solche Fahrten, um wenigstens schon einiges für den Bericht erledigt zu haben.
Rotberg sah, dass die meisten Menschen so einen Apparat benutzten. Selbst Wesselmann hatte sich bereits einen zugelegt. Er tippte und strich ständig darauf herum. In manchen Besprechungen war Rotberg genervt darüber, dass jeder mit seinem Telefon befasst war. Sicher, es war praktisch, wenn man mal schnell ins Internet gehen konnte, um etwas nachzuschauen. Er hatte aber oft den Eindruck, dass die Mitarbeiter nicht bei der Sache waren.
Jutta Rotberg arbeitete bei einem großen Automobilhersteller im Büro. Auch von ihren Kollegen besaßen die meisten ein Smartphone. Sie hatte überlegt, ob sie ihrem Mann so ein Gerät zum Geburtstag schenken sollte. Weil es recht teuer ist, hatte sie ihn lieber vorher gefragt. Er hatte abgewehrt. Das brauche er nicht. Da sei er nur wieder tagelang damit beschäftigt, alle Funktionen für herauszufinden. Sie beschloss, Weihnachten abzuwarten. Da kamen die Kinder zu Besuch, ihr Sohn Fabian würde ihm das dann so einrichten, dass er zurechtkam.
Nach einer Stunde Fahrtzeit durch den Feierabendverkehr erreichten Sie die Unglücksstelle. Mittlerweile lag die Szene im Scheinwerferlicht. Sie wirkte in ihrer inselhaften Helligkeit so gespenstisch, wie sie auch tatsächlich war. Vor Ort standen noch mehr Kameras und Journalisten. Viel schweres Räumungsgerät wartete auf den Einsatz. Es herrschte eine professionelle Atmosphäre. Die meisten Anwohner waren nach Hause gegangen. Es gab jedoch eine Menge Menschen, die sich auf den Weg gemacht hatten, um ihre Neugierde zu befriedigen. Von allen Seiten drängten sie heran. Aber durch die Kollegen von der Bereitschaft war das Gebiet weiträumig abgesperrt worden.
Im Zentrum der Ruine arbeitete immer noch eine Gruppe weiß gekleideter Polizisten. Der Scanner nahm gerade ein weiteres virtuelles Abbild der Szene.
„Na, da sind sie wohl tatsächlich zum Herd der Explosion durchgedrungen“, meinte Sabrina Hamm.
*
„Bitte was?“, Rotberg sah den Kollegen von der Spurensicherung fassungslos an. „Sag’, dass das nicht wahr ist!“ Er wartete auf eine Reaktion. „Ihr habt wirklich einen Zünder gefunden?“
Der Angesprochene ging an die Kiste, in die er die Fundstücke verstaut hatte. Er holte zwei verschlossene Plastiktüten heraus und hielt sie Rotberg vor die Nase. Die Tüten baumelten unter seinen Fingern. Rotberg sah die kleinen Metallteile an. Er musste die Brille abnehmen, um alles besser zu erkennen.
„Ist das eine Batterie?“
Der Forensiker nickte: „Wir müssen das natürlich noch untersuchen. Zuerst wollen wir dieses Stück des Ruinenfeldes komplett auswerten und später im Labor analysieren und rekonstruieren. Beim Bergen nehmen wir immer wieder für einen Moment einen leichten Marzipangeruch wahr.“
„Marzipan?“, fragte Sabrina Hamm.
„Sie meinen Plastiksprengstoff?“, fasste Rotberg nach.
Der Kollege wiegte den Kopf: „Aber bitte mit aller Vorsicht. Ich möchte erst sichergehen.“
Rotberg blickte in Leere. „Eine Bombe in einem Kindergarten?“ Er sprach jedes Wort einzeln, so als gehörten sie nicht zu demselben Satz und er versuchen würde einen Sinn darin zu finden. „Hier haben Kinder gespielt – Kinder! Drei oder vier Jahre alt!“
Sabrina Hamm sah fassungslos zu den Anwesenden: „Was für ein mieses Schwein tut denn so etwas?“
Rotberg sah ihr in die Augen. „Okay“, sagte er in die Runde, „nichts davon geht an die Öffentlichkeit, bevor Klarheit herrscht. Wie lange brauchen Sie?“, frage er die Leute der Spurensicherung.
„Morgen Mittag bin ich fertig. Wir werden wahrscheinlich noch zwei Stunden graben. Dann fahren wir ins Labor und legen eine Nachtschicht ein.“
„Gut“, Rotberg wandte sich an Sabrina Hamm gewandt: „Wir fahren doch noch mal ins Klinikum Ost, um mit der Kindergartenleiterin zu sprechen. Ich will von ihr hören, wer in der letzten Zeit Zugang zum Kindergarten hatte. Jetzt ist eine andere Situation da!“
Er setzte das Blaulicht aufs Dach und fuhr mit hohem Tempo los. Er bat Sabrina Hamm, den Pressesprecher anzurufen, um ihn zu absoluter Verschwiegenheit zu verdonnern. Danach sollte sie das große Gedeck für zwanzig Uhr zusammenrufen – so nannte er es, wenn er alle Kollegen zu einer Gesamtbesprechung sehen wollte.
Nachdem sie die Anrufe erledigt hatte, versuchte er zusammenzufassen: „Mit was haben wir es zu tun? Mit einem Verrückten? Einem Terroranschlag?“
„Terror, würde ich sagen“, antwortete sie.
„Gegen wen oder für wen?“
„Islamisten?“ Sie sah in fragend von der Seite an.
Auf die kam man heutzutage zuerst. Rotberg war Profi genug, um nicht sofort dem nächstliegenden Impuls zu folgen und alle anderen Varianten zu vernachlässigen.
„Wenn es religiöse Fanatiker sind, was wollen die? Wer kann sonst dahinterstecken?“
„Nazis? Linksradikale?“ Sabrina Hamm klopfte die naheliegenden Möglichkeiten ab.
„Falls es Islamisten sein sollten, könnte es mit dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan zusammenhängen“, spekulierte er. Wenn es Nazis oder Kommunisten sind, welche aktuellen Themen liegen da in der Luft? Und warum töten die Kinder?“
„Um ihre Entschlossenheit zu unterstreichen.“
„Das haben sie wahrlich getan, wer auch immer dahintersteckt.“
Beide schwiegen einen Moment. Rotberg raste dabei konzentriert durch den abebbenden Berufsverkehr. Sie würden die Klinik jetzt schnell erreichen. Mit dem Martinshorn gewinnt man viel Zeit, falls man sie braucht.
„Es könnte ebenso gut ein Erpresser sein“, spekulierte Sabrina Hamm. „Oder doch ein Verrückter?“
„Verrückt war der Täter auf jeden Fall“, antwortete er. „Und wenn er das nicht ist, ist er kaltblütig. Mehr als alle Kunden, die wir bisher betreuen mussten.“
„Ein Soziopath!“
„Soziopath?“, fragte Rotberg.
„Das sind oft hochintelligente Menschen. Sie haben kein Mitgefühl. Sie wissen, dass andere Leute emphatisch sein können, manchmal ahmen sie dieses Verhalten nach. Sie haben gelernt, dass es gesellschaftlich angebracht ist, solche Regungen zu zeigen. Ein Soziopath ist oft ein knallharter Karriere- und Machtmensch. Sie kennen keine Skrupel. Sie sehen ausschließlich sich und die persönlichen Ziele. Vom sozialen Leben sind sie isoliert, häufig führen sie parallele sexuelle Beziehungen. Übertriebenes Karriereverhalten wird gesellschaftlich nicht geschätzt, ist aber auch nicht verboten, solange man im Rahmen der Gesetze bleibt. Man erkennt sie meistens erst, wenn sie diese Grenze überschreiten. Sie sind nicht therapierbar. Sie vermissen keine Empathie und empfinden sich selbst als völlig normal.“ Sabrina Hamm sah mit leicht zusammengekniffenen Augen nach vorn durch die Windschutzscheibe, so als lese sie dort in einem Lexikon.
„Oha“, sagte Rotberg, „woher hast du denn das?“
„Psychologieseminar“, antwortete sie knapp. „Ich bin bisher aber keinem begegnet. Weder beruflich noch privat.“
„Unabhängig davon, welche Motive hinter der Tat stecken, mit so einem haben wir es doch auf jedem Fall zu tun, was meinst du?“
„Nicht unbedingt“, widersprach sie, „es kann auch ein fanatisierter Täter sein. Mit politischen oder religiösen Motiven. Fanatiker sind, wenn sie nicht allein agieren, meistens Instrumente einer Organisation. Die Soziopathen in diesem Zusammenhang sind dann eher die Auftraggeber.“
„Das ist beeindruckend. Bitte kümmere dich darum, dass wir nachher im großen Gedeck einen Psychologen haben. Bei der Schwere des Falls sollte die Polizeispitze ebenfalls mit am Tisch sitzen“, sagte Rotberg.
„Den Polizeirat?“
„Den“, meinte er, „den Polizeipräsidenten und wenn möglich, den Innensenator. Genau genommen brauchen wir auch das BKA, aber das kann ja in der Zwischenzeit die Polizeileitung organisieren.“
„Da bekomme ich langsam Herzklopfen“, antwortete Sabrina Hamm. Sie legte die Hand auf die Brust.
„Kein Grund zur Nervosität“, beschwichtigte Rotberg sie, „ Politiker sind ebenfalls nur Menschen. Stell’ sie dir einfach im knittrigen Pyjama vor, wie sie nachts zum Pinkeln gehen.“ Er zwinkerte ihr einen flüchtigen verschmitzten Blick zu.
Sie lächelte und begann zu telefonieren. In der Zwischenzeit hatten Sie die Klinik erreicht. Sabrina Hamm telefonierte noch im Fahrstuhl. Auf der Station angekommen, drängte Rotberg – er müsse sofort den zuständigen Stationsarzt sprechen. Eigentlich war er stets freundlich, wenn er etwas erreichen wollte, konnte er seinem Auftreten jedoch den Nachdruck verleihen, der einen Widerspruch nicht zuließ. Die Schwester griff umgehend zum Telefon.
Zwei Minuten später kam ein Arzt mit großen Schritten auf sie zu. Rotberg ersparte ihm Details, ließ aber keinen Zweifel daran, dass er Frau Stein auf jeden Fall unverzüglich befragen musste. Der Doktor wirkte unsicher – er war noch sehr jung.
„Gut“, sagte er, „ich möchte vorher kurz allein zu ihr hinein.“
„Klar“, gab Rotberg knapp zurück, „wir warten vor der Tür.“
Der Arzt ging voran. Er trat ins Krankenzimmer und schloss die Tür. Die beiden Beamten hörten, dass gesprochen wurde. Nach kurzer Zeit ließ er sie hinein. Im Zimmer lag eine weitere Patientin. Rotberg stellte sich der Dame vor und fragte, ob sie mit Frau Stein eine Viertelstunde ungestört reden könnten.
„Natürlich“, antwortete sie, „ich ziehe mir nur etwas über.“
„Vielen Dank.“ Rotberg wartete, bis sie den Raum verlassen hatte. Er rückte zwei Stühle neben das Bett: „Frau Stein, wir kennen uns noch nicht. Mein Name ist Sebastian Rotberg, das ist Sabrina Hamm. Wir sind von der Kriminalpolizei und untersuchen ...“, er überlegte, wie er sich ausdrücken sollte, „wir beleuchten die heutigen Ereignisse an der Kindertagesstätte. Wir haben vorhin bereits mit Ihrem Mitarbeiter, Herrn ...“, er sah hilfesuchend zu Sabrina Hamm.
„... Wenzel“, ergänzte sie.
„... mit Herrn Wenzel gesprochen. Bei dem Gespräch ergaben sich jedoch Aspekte, die einer genaueren Betrachtung bedürfen. Glauben Sie, dass Sie uns dabei unterstützen können? Wir fassen uns so kurz wie möglich.“
Rose Stein errötete vor Anspannung. Sie atmete hastig und legte beide Hände auf die Brust. „Neue Aspekte?“, fragte sie besorgt.
„Machen Sie sich bitte keine Gedanken. Wir brauchen bloß einige Antworten auf drei bis vier Fragen.“ So bestimmt, wie Rotberg eben vor der Schwester und dem Arzt aufgetreten war, so freundlich und einfühlsam war er jetzt ihr gegenüber. „Da wir heute Abend mit unserer Arbeit ein paar Schritte weiterkommen wollen, dachten wir, dass wir sie vielleicht doch noch befragen könnten.“
„Natürlich“, antwortete Frau Stein, „es ist wahrscheinlich wichtig, dass man die Ursache des Unglücks schnell herausfindet.“
„Ich freue mich, dass Sie es so sehen.“ er machte eine Pause. „Herr Wenzel hat uns gesagt, dass die Heizanlage der Tagesstätte vor kurzem gewartet wurde. Ist Ihnen die Firma, die das durchführt, bekannt?“
„Ja, natürlich. Es ist Firma Schreiber – Schreiber GmbH oder KG – ich bin nicht sicher.“
„Aus Bremen?“, fragte Sabrina Hamm.
„Ja, aus Sebaldsbrück.“
„Herr Wenzel sagte uns, dass zweimal jemand von der Heizungsfirma da war. Hatten Sie den Handwerker nochmals beauftragt? War etwas defekt?“ wollte Rotberg wissen.
„Zweimal?“ Rose Stein überlegte. „Nein, nur einmal und defekt war auch nichts. Sind Sie sicher, dass Herr Wenzel die Firma noch mal in unserem Haus gesehen hat?“
„Nein, gesehen hat er einen Mitarbeiter nur bei dem zweiten Besuch und hatte ihn gefragt, ob etwas kaputt sei. Beim ersten Termin hatte man ihn nur gebeten, vorübergehend die Heizkörper runter zu regeln.“
„Ja, richtig“, bestätigte Rose Stein, „das machen die immer so bei der Wartung.“
„Wann war das?“
„Vor zwei Monaten?“ Sie ließ den Satz wie eine Frage im Raum schweben. „Auswendig kann ich Ihnen das nicht sagen. Mein Büro ist ja weitgehend unbeschädigt, Sie können das gern nachschlagen.“
„Das tun wir“, versicherte Rotberg. „Was ist mit einem zweiten Besuch der Firma?“
„Davon weiß ich nichts. Wenn es ein Anderer wusste, hat es mir niemand erzählt. Ich habe auch keine weitere Rechnung bekommen.“
„Könnte es sein, dass in der Rechnung des Installateurs bereits eine Position enthalten war, die erst bestellt und später eingebaut werden sollte?“
„Nein, das ist unüblich. Ich hätte das bei der Wartung ja unterschreiben müssen.“ Sie dachte noch einmal nach. „Nein!“, sagte Sie entschieden mit einem kurzen Kopfschütteln.
Rotberg sah Rose Stein an. Sie war eine attraktive Frau von etwa fünfzig Jahren. Vielleicht sah sie jünger aus, als sie war. Kein Ehering – das musste nichts bedeuten. Eine diszipliniert wirkende Frau. Die Arbeit wird ein wichtiger Teil ihres Lebens sein. Wenn sie so klar antwortete, würde es stimmen.
Für diese Gedankenkette brauchte Rotberg weniger als eine Sekunde. Er war immer wieder erstaunt, wie schnell das menschliche Gehirn eine Momentaufnahme machte, sie bewertete und meistens richtig lag. So schnell kommt das Denken nicht hinterher.
„Könnte Herr Wenzel einen anderen Handwerker gesehen haben? Einen Elektriker oder einen Tischler, den Sie beauftragten?“, fragte Sabrina Hamm.
„Nein, es gab keinen weiteren Auftrag.“
„Sie sind doch ein städtischer Kindergarten, wäre es denkbar, dass die übergeordnete Behörde jemanden bestellt hat?“, hakte Sabrina Hamm nach.
„Das gibt’s natürlich“, meinte Frau Stein, „aber in der Regel bekomme ich vorher Bescheid. Es ist auch möglich, dass es irgendwie untergegangen ist. Ich habe allerdings auch von keinen bevorstehenden Sanierungs- oder Umbauarbeiten gehört. Das geht eigentlich immer seinen geregelten Gang.“
„Gibt es“, Rotberg korrigierte sich, „gab es in Ihrem Haus eine Videoüberwachung?“
Rose Stein blickte ihn skeptisch an. „Wieso fragen sie das? Stimmt etwas nicht?“
Rotberg überlegte, wie er sich ausdrücken sollte. Er tippte mit dem Zeigefinger in einer abwesenden Geste auf die Unterlippe. „Natürlich stimmt etwas nicht, Frau Stein. Wenn alles gestimmt hätte, wäre es nicht zu dieser Tragödie gekommen.“
Rose Stein hatte die Berichterstattung von ihrem Bett aus im Fernsehen verfolgt. Es war eine Tragödie. Und natürlich hatte der Polizist recht, wäre alles normal gewesen, wäre es nicht geschehen. Vielleicht hatte die Stadtverwaltung doch jemanden beauftragt ohne sie zu informieren oder schlimmer noch, sie hatte es übersehen.
„Nein, es gibt keine Videoüberwachung. Jedenfalls nicht so eine, die etwas aufzeichnet. Wir haben am Tor und an der Eingangstür eine Kamera mit der wir sehen können, wer draußen klingelt. Da die Tür und das Tor tagsüber meistens offen sind, spielt das aber keine Rolle.“ Sie überlegte kurz und zog die Augenbrauen leicht zusammen.
Rotberg merkte an ihrem nachdenklichen Blick, dass sie etwas sagen wollte. Er bemerkte, wie Trauer und Furcht ihr Gesicht besetzten.
„Es ist natürlich möglich, dass die Stadt einen Handwerker geschickt hat. Es ist auch denkbar, dass man vergessen hat, mich darüber zu informieren.“ Sie machte eine Pause: „Und es kann sein, dass ich eine E-Mail erhielt und sie gedankenlos wegklickte, ohne sie gelesen zu haben. Das ist mir ab und zu passiert.“
Sie grübelte und rieb sich mit den Fingerspitzen der rechten Hand die Stirn. Rotberg und Sabrina Hamm warteten ab. Er dachte, dass es wahrscheinlich Zeit sei, aufzuhören.
„Wenn ich etwas übersehen habe, dann weiß ich im Augenblick nicht, was ich anderes getan hätte. Ich hätte einem angemeldeten Handwerker gezeigt, was er tun soll. Ich hätte auch in diesem Fall sicher nicht neben ihm gestanden, um die Arbeit zu kontrollieren.“ Sie sah mit unsicherem Blick zuerst Rotberg und dann Sabrina Hamm in die Augen.
„Frau Stein“, unterbrach er in einem positiven Ton ihre Gedankenkette, „darum geht es auch nicht. Fragen stellen, ist ein Teil unseres Berufes. Ich lebe ebenfalls ständig in der Angst, etwas zu übersehen und einer Person zu schaden. Wir wollten in Ihnen keine Schuldgefühle auszulösen.“
Er stand auf und sah seine Kollegin an: „Gehen wir?“
Er reichte Rose Stein die Hand und legte in einer fürsorglichen Geste die andere Hand auf die ihre. „Frau Stein, versuchen Sie bitte zu schlafen, vielleicht lassen Sie sich ein Schlafmittel geben. Ich lege Ihnen meine Visitenkarte auf den Nachtschrank. Wenn Ihnen etwas einfällt, melden Sie sich einfach, okay? Möglicherweise schauen wir noch mal herein oder wir besuchen Sie zu Hause.“
„Ach, eine Kleinigkeit möchte ich noch wissen“, sagte Sabrina Hamm, „Ihr Mitarbeiter sagte, dass der Handwerker, den er gesehen hat, auffallend korpulent war. War der, mit dem Sie zu tun hatten, korpulent?“
„Nein“, Rose Stein lächelte, „das war ein ganz junger drahtiger Mann. Kein Gramm Fett.“
„Gut, danke – das war’s!“