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7. KAPITEL

Köln – Vingst

Dienstag, 07. Mai 2013

11:25 Uhr

Heinz ging hinunter in die Bar, legte Michael die Hand auf die Schulter und verschwand danach durch eine Hintertür, die eigentlich als Notausgang gedacht war, auf den Hof. Dort angekommen, umrundete er das Wrack eines alten Renaults und trat vorbei an einem Stapel abgestellter Kartons in eine schmale Gasse. Hier wartete er und zündete sich hastig eine Zigarette an. Einen Moment später kam ein aschgrauer Citroen angebraust und blieb vor ihm am Bordstein stehen. Die hintere Tür sprang auf, Heinz setzte sich auf den Rücksitz, und der Wagen fuhr sofort wieder los.

Der Fahrer war Hotte, einer der bulligen Leibwächter von Frank Schmitz. Auf der Bundesstraße 8 war nicht viel Verkehr und Heinz erwartete, dass man ihn in die Innenstadt bringen würde, denn dort befanden sich die meisten Unternehmungen seines Auftraggebers. Umso mehr überraschte es ihn, dass Hotte stadtauswärts fuhr und bereits in Höhenberg die Schnellstraße wieder verließ. Danach drehte er einige Kurven, bog in die Fuldaerstraße ein und lenkte den Wagen auf einen Schrottplatz. Und der war in der Tat ein bemerkenswerter Ort. Anstelle der herkömmlichen Schrottfahrzeuge waren hier sorgfältig ausgeschlachtete Karosserien von Oldtimern aufeinandergestapelt und ihre Ersatzteile sorgsam aussortiert worden. So bildeten Säulen aus Reifen, Achsen und Chromteilen ein entsprechendes Umfeld. In der Nähe der Einfahrt standen ein alter Kran und ein Abschleppwagen für den Transport der Fahrzeuge. Über einer der drei vorhandenen Gruben parkte ein zweifarbiger Chevrolet Bel Air aus den fünfziger Jahren.

Mit einem Mal wusste Heinz, wo der große Boss zu finden war und dann sah er ihn vor sich. Frank Schmitz stand, bekleidet mit einem dunkelblauen Mechaniker-Overall, in der Grube unterhalb des Chevys und leuchtete mit einer Stablampe den Unterboden des Fahrzeugs ab.

„Das Kind hat sein Spielzeug“, dachte Heinz und wunderte sich über gar nichts mehr. Der Citroen hielt und er stieg aus. Franky schien mit sich und der Welt zufrieden zu sein. Es gefiel ihm, wenn alles seine Ordnung hatte und er in Ruhe schrauben konnte. Einen alten Oldtimer wieder herzurichten, bedeute für ihn das gleiche Vergnügen, wie eine neue Affäre mit einer attraktiven Frau zu beginnen, nur dass seine Fahrzeuge im Nachhinein wesentlich anspruchsloser waren und ihn niemals im Stich ließen. Dank der guter Pflege, die er ihnen zukommen ließ.

Seine Mitarbeiter standen herum und warteten, dass er etwas sagte. Hotte zündete sich eine Zigarillo an. Franky nahm ihm den Stumpen aus dem Mund und drückte ihn mit einem Absatz auf dem Boden aus.

„Wie kann man nur so ein Kraut rauchen“, sagte er lachend. „Probier mal das hier! Das ist etwas für richtige Männer.“ Er reichte ihm eine französische Gauloises, dann wandte er sich an Heinz und verlieh seiner Stimme einen gleichermaßen gelassenen wie nachdrücklichen Unterton.

„Also, hör mir gut zu. Diesmal darf nichts schiefgehen, verstanden! Ich brauche die Ware und zwar umgehend. Sieh zu, dass du sie mir beschaffst. Ich verlasse mich auf dich. Du sorgst dafür, dass alles reibungslos über die Bühne geht! Notfalls setzt du die Alte unter Druck, ist das klar?“

Heinz wollte erwidern, dass er bereits damit angefangen hatte, wagte aber angesichts von Big Frankys Gesichtsausdruck erst gar nicht etwas zu sagen, sondern nickte nur mit dem Kopf.

„Geht in Ordnung, Boss“, kam es dann doch über seine Lippen. Franky ignorierte seine Antwort und wandte sich stattdessen an Hotte.

„Also gut, du kannst ihn zurückbringen, aber bleib nicht zu lange in der Kneipe hocken, verstanden!“

Als der graue Citroen kurz darauf durch die engen Straßen kurvte, die B 8 überquerte und schließlich wieder in jener Gasse, die zu Michaels Kneipe führte, hielt, war kein Wort gesprochen worden. Heinz stieg aus, lehnte sich an die Beifahrertür des Citroens und sagte zu Hotte: „Mit eurem Boss ist nicht gut Kirschen essen, was?“ Hotte nickte zustimmend. Dann grinste er.

„Sieh dich nur selbst vor, dass du die Angelegenheit nicht vermasselst, sonst hast du bei Big Franky ganz schlechte Karten“, sagte er und brauste davon. Heinz betrat die Bar durch den Notausgang. Michael stand hinter dem Tresen und zapfte Kölsch. Als er die Tür quietschen hörte, blickte er auf.

„Na, Heinz, hat dir Big Franky den Kopf noch dran gelassen?“

„Mensch Michael, hör bloß auf und zapf mir lieber auch ein Bier. Ich weiß nicht, ob es wirklich gut war, mich mit ihm einzulassen, aber im Nachhinein ist man ja immer schlauer und jetzt habe ich den Schlamassel am Hals!“ „W…wie wär‘s mit einer Partie Darts?“, versuchte Michael ihn aufzumuntern.

„Nein danke, heute lieber nicht“, sagte Heinz. „Ich hab noch Einiges zu erledigen.“

Hastig leerte er sein Bierglas, verabschiedete sich von Michael und trat diesmal durch den Haupteingang hinaus auf die Straße.

„B…bis dann“, murmelte Michael ihm nach. „Pass bloß auf dich auf, alter Junge!“

Eifel-Wahn

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