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4. KAPITEL

Remscheid – Küppelstein

Dienstag, 07. Mai 2013

08:30 Uhr

Die Sonne spiegelte sich auf der Wasseroberfläche des Swimmingpools wider und verwandelte diese in ein munteres Lichtermeer. Roger beendete mit weit ausholenden Zügen seine erste Bahn. Im Wasser konnte er völlig abschalten und sich ganz seinen Bewegungen überlassen. Als Schriftsteller wurden seine Gedanken fast beiläufig von Charakteren und Schauplätzen in Anspruch genommen, sowie von Worten und Formulierungen natürlich. Daher hatte er sich in den Sommermonaten zuhause in der Eifel daran gewöhnt, so oft wie möglich den Tag mit Schwimmübungen zu beginnen, um erst einmal abzuschalten und Kraft für die neuen Aufgaben des Tages zu schöpfen. Dazu hatte er die Maare quasi vor der Haustür liegen.

Sophie hatte nichts dagegen gehabt, dass er den Pool im Hause ihres Vaters benutzte. Dabei waren ihm keinesfalls ihre neugierigen Blicke entgangen, als er sich den Morgenmantel abgestreift hatte und vor ihren Augen in das kühle Nass gesprungen war. Sophie Böker, diese Frau faszinierte ihn irgendwie und dabei war er sich gar nicht sicher, ob er das überhaupt wollte. Normalerweise pflegte er Berufliches und Privates streng zu trennen. Und dann war da ja auch noch Felix Wagner. Der wäre sicher nur wenig erfreut, wenn er mit seiner Freundin anbandeln würde.

Gleich nach dem erfrischenden Bad verschanzte er sich wieder im Arbeitszimmer des verstorbenen Dr. Böker. Es war der größte Raum im gesamten Erdgeschoss, vollgestopft mit Aufzeichnungen und Dokumenten. Roger gefiel das Arbeitszimmer viel besser als die anderen Räumlichkeiten, die er bisher gesehen hatte. Hier gab es wenigstens so etwas wie Anzeichen von Produktivität, während die anderen Zimmer mit Vitrinen, Glaskästen und Ausstellungsstücken gefüllt waren und eher einem Museum als einem behaglichen Zuhause glichen.

Der gute Felix schien heute etwas auf Sparflamme zu kochen. Er war mucksmäuschenstill, und seine Gesichtszüge wirkten angespannt. Etwas schien ihm über die Leber gelaufen zu sein, oder hatte er einfach nur schlecht geschlafen?

In Wirklichkeit war Sophies Freund mit Bauchschmerzen aufgewacht. Natürlich war es wieder das Magengeschwür. Und er wusste jetzt schon genau, wie der bevorstehende Tag verlaufen würde. Gefrühstückt hatte er nur seine Tabletten, also würde er gegen Mittag hungrig und das Geschwür noch boshafter sein. Irgendwann dann gegen Nachmittag würde er die Schmerzen nicht mehr aushalten können und sich unter einem Vorwand zurückziehen müssen. Er würde sich mit weiteren Tabletten zuschütten, ein Nickerchen machen und dann mit Kopfschmerzen aufwachen. Später würde er eine Kleinigkeit zu Abend essen, wieder Tabletten nehmen und zu Bett gehen.

Er war sich in diesem Augenblick durchaus bewusst, dass Roger ihn beobachtete, sah aber keine Möglichkeit, ihn loszuwerden. Er wusste, dass er jetzt etwas sagen musste und bequemte sich dazu, ein Räuspern zuzulassen. Anschließend fragte er fast schon aus Verlegenheit: „Wie sieht es aus, Herr Peters? Konnten Sie sich bereits einen ersten Überblick verschaffen?“

Roger war zunächst überrascht angesichts der unverhofften Äußerung seines Gegenübers, ließ sich allerdings nichts anmerken, sondern lehnte sich genüsslich in den Ledersessel zurück und setzte einen nachdenklichen Blick auf. Dazu musterte er Sophies Freund in aller Ruhe von Kopf bis Fuß, was darauf abzielte, ihn aus dem Konzept zu bringen. Felix war nicht gerade das, was die meisten Frauen als anziehend bezeichnen würden, aber wahrscheinlich war er eine treue Seele. Trotzdem empfand Roger ihn und Sophie als Paar extrem unterschiedlich, aber Gegensätze zogen sich ja bekanntlich an.

„Über das meiste, was ich bisher gesehen habe, kann ich noch nicht viel Auskunft geben. Ich müsste erstmal in einschlägiger Fachliteratur wälzen, oder das Internet befragen. Und dafür hätte ich nicht extra aus der Eifel anreisen müssen. Ich würde wirklich gerne wissen, welche Hilfestellung Ihre Freundin konkret von mir erwartet?“

„Äh … ja, also ich denke, es geht um Hintergrundinformationen zu den meisten Stücken aus der Sammlung ihres Vaters. Sie stammen überwiegend aus der Zeit vor Christoph Kolumbus, und damit kennen Sie sich doch am besten aus. Natürlich gibt es darüber eine Menge in Büchern zu lesen, oder auch im Internet. Aber Sophie möchte gerne mehr wissen. Ich meine, Ihre Theorien zum Beispiel, warum sich die eine oder andere Kultur in eine bestimmte Richtung entwickelt hat und dann letztendlich untergegangen ist. Dazu über ihre Religion, Mystik, Gepflogenheiten und Bedeutung der Astrologie. Einfach alles, was Sie sonst noch zu dem Thema beisteuern können. Und letztendlich möchte Sophie wohl, dass Sie die komplette Sammlung katalogisieren und unbekannte Objekte nach Kultur und Alter bestimmen. Danach sollen sie in ihr Geschäft nach Bad Münstereifel gebracht werden.“

„Und was geschieht mit dem antiken Inventar?“

„Die Möbel werden mit dem Haus verkauft. Zumindest ein großer Teil davon, den Sophie nicht mit in die Eifel nehmen will.“

„Danke, jetzt sehe ich ein wenig klarer“, entgegnete Roger plötzlich ganz bewusst freundlich. „Ist eigentlich schade um die schöne Villa.“

„Das finde ich auch, aber Sophie wohnt in Hinterweiler und ich in Köln. Was sollen wir dann damit? In der nächsten Woche kommt eine Maklerin vorbei, um sich das Haus anzusehen. Sie glaubt, es dürfte kaum Schwierigkeiten bereiten, ein solches Objekt an den Mann zu bringen. Obwohl, ich zweifle da ein wenig. Bei diesem schaurigen Hintergrund …“

„Sie meinen den Mord an Dr. Böker, nicht wahr? Wirklich eine scheußliche Geschichte! Ich werde mich auf jeden Fall bemühen, meine Arbeit so schnell wie möglich zu Sophies Zufriedenheit zu erledigen. Ich denke, das ist das Mindeste, was ich für sie tun kann.“

Kurze Zeit später stand er am Fenster und starrte hinaus auf den Swimmingpool, wo Sophie jetzt ihre Runden drehte. Sie trug einen knappen zweiteiligen Badeanzug und sah darin ausgesprochen sexy aus. Nun stieg sie aus dem Wasser, schüttelte sich die lange Mähne und stolzierte auf die Duschkabine zu. Auf einmal entdeckte sie seine Silhouette in der Fensterscheibe, drehte ihren Kopf leicht nach vorne, lächelte und hob winkend ihre Hand zu einem Gruß.

„Früher oder später werde ich mir die Finger verbrennen“, dachte er und wusste nicht, ob er sich darauf freuen sollte oder nicht.

Eifel-Wahn

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