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[11]Grundlagen Digitales Schreiben

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»Fast alles, was wir heute schreiben, ist digital, und fast alles, was wir heute lesen, entstand in einer digitalen Arbeitsumgebung«, schreiben Christa Dürscheid und Karina Frick in der Einleitung zu Schreiben digital.6 Im vorliegenden Kontext bezieht sich »digitales Schreiben« entsprechend auf schulische Schreibanlässe unter Einbezug digitaler Endgeräte, digitaler Software und digitaler Plattformen im Netz.7

Ein Einwand muss aber angesprochen werden: die Kritik an der Verwendung des Adjektivs »digital«.8 Sie impliziert einen Gegensatz zwischen »analogem« und »digitalem« Schreiben, den es so nicht gibt. »Digital« bezieht sich etymologisch auf unsere Finger und bezeichnet so eine Perspektive auf die Realität, in der klar Abgegrenztes kombiniert wird, als würde ein Kind mit den Fingern zählen.9 Die einfachsten [12]Computerbauteile können entweder Strom leiten oder keinen Strom leiten. So können sie die Zahlen 0 und 1 abbilden – sie funktionieren digital. Analog hingegen ist eine graduelle Abstufung, wie wir sie etwa bei der Lautstärke unserer Stimme finden.

Schreiben ist eine Kulturtechnik, die weder rein digital noch rein analog funktioniert, sondern beide Funktionsweisen verschränkt: Das lateinische Alphabet etwa ist ein digitales System, es wird aber analog geschrieben: Es gibt zwischen Buchstaben keine Übergänge, beim Schreiben wählen wir jeden Buchstaben eindeutig aus – das ist ein digitales Verfahren. Wenn wir die Buchstaben aber schreiben, dann drücken wir unterschiedlich stark auf die Tasten unserer Tastaturen und führen unsere Schreibinstrumente immer wieder leicht anders. Die Schrift entsteht deshalb in einem analogen Prozess. Auch die psychologischen Prozesse, die mit der Kulturtechnik Schreiben verbunden sind, sind meist analoge. Schreiben erfolgt als Mischung von analogem und digitalem Verfahren.

In genauerer Begrifflichkeit muss man also von Schreibprozessen unter den Bedingungen von elektronischen Endgeräten, Textverarbeitungssoftware und Netzkommunikation sprechen. Dadurch können zwei falsche Vorstellungen vermieden werden: Erstens wird »digital« oft mit »virtuell« in Verbindung gebracht. Es gibt aber keinen kategorischen Gegensatz zwischen einer virtuell-digitalen Sphäre und einer realen analogen. Menschen verbinden in ihrem Denken und ihrer Wahrnehmung immer virtuelle Konzepte mit physisch präsenten Gegenständen: Benennt ein Kind einen Stuhl als »Stuhl«, so ordnet es einen realen Gegenstand in eine virtuelle Kategorie ein. Die als »digitaler Dualismus« bekannte Trennung von Analogem und Digitalem ist verbreitet, aber nicht zutreffend, weil sie ausblendet, wie viele Verbindungen es zwischen den Bereichen gibt. Zweitens ist digitales Schreiben nicht eine Sonderform eines eigentlichen Schreibens, von [13]dem es durch den Zusatz eines Adjektivs abgegrenzt werden muss. Es bezeichnet lediglich eine Kombination von Schreibwerkzeugen und Schreibumgebungen, die auch in der Schule an Bedeutung gewinnt.

Der Titel dieses Bandes ist also keine präzise Formulierung, sondern eine pragmatische Verkürzung. Für das Festhalten am Ausdruck gibt es zwei Gründe: Es ist sinnvoll und gebräuchlich, »digital« als Synonym für »unter den Bedingungen einer Kultur der Digitalität« zu verwenden, zumindest in Formulierungen wie »digitales Schreiben« oder »digitale Bildung«. Das ist auch Ausdruck der Hoffnung, problematische Gegenüberstellungen würden bald an Bedeutung verlieren. Zudem ist digitales Schreiben als Prozessbeschreibung mittlerweile in der Sprachwissenschaft wie auch in der Fachdidaktik10 als Begriff etabliert.

Digitales Schreiben. Blogs & Co. im Unterricht

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