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Ebenen des digitalen Schreibens

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Digitales Schreiben umfasst eine große Spannbreite. Es kann beispielsweise auf Social-Media-Plattformen stattfinden und dient dort der Interaktion von digitalen Profilen. Das ist eine prototypische Art des digitalen Schreibens. Daneben kann aber eine grundlegendere und noch stärker verbreitete Art des digitalen Schreibens betrachtet werden, nämlich das Schreiben mit digitaler Software, also Textverarbeitungsprogrammen. Dieses Buch ist beispielsweise in Scrivener entstanden, einem Programm für Autorinnen und Autoren. Das Manuskript war zunächst weder auf Social-Media-Plattformen publiziert noch war es im Netz öffentlich einsehbar.

[14]Es wäre nun naheliegend anzunehmen, dass digitales Schreiben primär von veränderten Werkzeugen bestimmt ist: Eine Schreibmaschine wurde durch ein Computerprogramm ersetzt. Doch die Transformation ist einschneidender. Um das zu verstehen, hilft Felix Stalders Konzept der »Kultur der Digitalität«.11 Er identifiziert drei wesentliche Merkmale der »Digitalität«: Referentialität, Gemeinschaftlichkeit und Algorithmizität.

Hinsichtlich des Textes dieses Buchs bedeutet Referentialität, dass er sich auf Vorarbeiten bezieht. Er verweist auf Texte im Netz (im E-Book sind sie verlinkt), er enthält digital kopierte Zitate und Bilder (die im E-Book als Dateien eingebettet sind).

Gemeinschaftlichkeit bedeutet, dass mehrere Personen in Online-Editoren das digitale Manuskript redigiert und korrigiert, Passagen darin gestrichen oder kommentiert haben. Auch wenn der Text unter einem Namen erscheint, ist er insgesamt betrachtet das Werk einer Gruppe von Personen.

Gleichzeitig wurden im Schreibprozess Algorithmen oder Programmskripte herangezogen, etwa wenn es darum ging, Wörter zu suchen oder zu ersetzen, orthografische Fehler sichtbar zu machen und zu korrigieren, Wörter und Zeichen zu zählen, Texte miteinander zu verlinken, Anmerkungen einzufügen und so weiter.

Auf einer noch elementareren Ebene waren digitale Endgeräte die Schreibwerkzeuge: Tastaturen und Touchscreens. Das ist nicht belanglos: Einen Text von Hand zu schreiben unterscheidet sich in der kognitiven Aktivität vom Tippen auf einer Tastatur oder einem Touchscreen. Wo liegt der Unterschied? Entscheidend ist die Geschwindigkeit. Kinder, die auf einer [15]Tastatur schneller schreiben können, schreiben auch genauere, strukturiertere und längere Texte als Kinder, die langsamer schreiben.12 Die Qualität eines Textes korreliert mit der Geschwindigkeit, bei der im Schreibprozess Gedanken in Wörter übersetzt werden. Hier bieten digitale Schreibverfahren einen Vorteil, weil sie höhere Geschwindigkeiten zulassen – ein Aspekt, warum Kinder möglichst früh möglichst schnell tippen lernen sollten.

Geht es aber darum, sich Notizen zu machen – etwa bei einem Gespräch, in einer Vorlesung oder als Reaktion auf einen Text – dann gelingt das laut empirischen Studien von Hand besser. Das langsamere Verfahren führt hier zu einer Verdichtung, die eine tiefere und präzisere Verarbeitung erlaubt. Wer bei solchen Schreibanlässen tippt, gibt schnell der Versuchung nach, so viel wie möglich wörtlich mitzuschreiben. Dabei entsteht aber nur ein oberflächliches Verständnis des Inhalts. Clive Thompson hat dazu eine Art Merksatz formuliert: »Tipp so schnell du kannst – und bring immer einen Bleistift mit.«13

Wir können also drei Ebenen von digitalem Schreiben unterscheiden:

 Schreiben im Netz, auf digitalen Plattformen oder Webseiten, beispielsweise als Blog

 Schreiben mit Schreibsoftware unter den Bedingungen einer Kultur der Digitalität

 Schreiben mit digitalen Endgeräten

[16]Die Reihenfolge spiegelt die Bedeutung der Schreibarten für diesen Band: Besondere und ganz neue Potenziale bieten Schreibprozesse, wenn sie auf interaktiven Netzplattformen stattfinden – Software und Schreibgeräte für sich führen zu einer weniger starken Veränderung. Der Schwerpunkt dieses Bandes liegt daher bei der Frage: Welche didaktischen Möglichkeiten eröffnen Texte, die im Netz erscheinen?

Digitales Schreiben. Blogs & Co. im Unterricht

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