Читать книгу DER BESONDERE BÄCKER - Phillip Schnieders - Страница 20
ОглавлениеKUNDENVERSTEHER & MARKTSCHREIER
„Es gibt die Unternehmer, die ein extrem gutes Produkt haben, weil sie sich massiv um ihre Kunden kümmern. Sie schaffen einen Wert für die Gesellschaft und sollten schon alleine des geilen Produkts wegen einen höheren Umsatz machen. Sie wissen genau, was ihre Kunden wollen und brauchen und werden von ihnen geliebt.“
Er schreibt ein K auf die linke Seite des Kreuzes.
„Dann gibt es die Unternehmer, denen das Produkt nicht so sehr wichtig ist. Sie wollen in erster Linie verkaufen und stecken mehr Geld ins Marketing, damit möglichst viele Menschen auf sie aufmerksam werden.“
Dann schreibt er ein M unter das Kreuz.
„Die ersten sind also die Leute mit dem starken Produkt für ihre Kunden und die zweiten haben ein effektives Marketing. Sagen wir mal plump ,Kundenversteher trifft Marktschreier‘, einverstanden?“
„Naja, von mir aus.“
„Mike, gehörst du denn eher zu den Kundenverstehern oder eher zu den Marktschreiern?“ grinst er mich etwas boshaft an.
Irgendetwas hat er vor. Ich zögere mit der Antwort, weil ich es noch nicht durchschaue, womit ich jetzt vorgeführt werden könnte.
„Also so richtig gehöre ich keiner der beiden Gruppen an.
Meine Werbung ist nicht so toll, also tendiere ich zu den Kundenverstehern.“
Ein stark fragender Blick wird mir entgegengeworfen.
„Willst du mir etwa sagen, dass du jede Nacht aufstehst, um hingebungsvoll deine Brötchen zu backen, weil du anderen damit eine Freude bereiten willst? Nehmen wir an, du entwickelst ein neues Rezept und backst das beste Brot, was du jemals gebacken hast. OK?“
„OK.“
„Du hältst dieses Brot in deinen Händen, riechst daran und bist stolz auf dich. Wem würdest du es schenken oder verkaufen?“
Er grinst mich an, als ob ich nun seinen Namen sagen würde.
„Bist du bekloppt? Das esse ich selber!“ sage ich. „Wenn es so gut ist, will ich es selbst genießen! … Schön mit einer dicken Scheibe von deinem guten Schinken!“
„Ah, schau mal einer an! Genau das ist dein Problem! Du gehörst also nicht zu den Kundenverstehern und auch nicht zu den Marktschreiern!“ boxt er mich leicht an der Schulter, weil er mich triumphierend überführt und auch ein wenig bloßgestellt hat.
„Ja, OK.“ sage ich ein wenig geknickt. „Dann gehöre ich also zu keinen so richtig. Na und?“
Napoleon zeigt den Zettel noch einmal und erklärt weiter: „Aus unserer Matrix ergeben sich Felder.
Oben links, Feld 1, ist der Kundenversteher.
Dann kommt Feld 2 oben rechts und Feld 4 unten rechts: das ist der Marktschreier.
Dann kommt Feld 3 unten links, da bist du dann wohl.“ lächelt er mich verschmitzt an.
„Und was heißt das? Da bin ich?“ will ich wissen.
„Es ist eine Matrix mit einer Y-Achse hier links und einer X-Achse hier unten. Also steigen sie beide von der unteren linken Ecke an. Wenn du nicht zu den Kundenverstehern und auch nicht zu den Marktschreiern gehörst, bist du in Feld 3!“
Ich schaue mir die Matrix an und beginne langsam zu verstehen.
„Und was ist dann im zweiten Feld?“
Strategische Begeisterung
„Da“, grinst er nun noch mehr, “da bin ich. In Feld 2 treffen sich besonderes Kundenverständnis und exzellentes Marketing. Klingt logisch, oder? Wenn diese beiden Punkte zusammenkommen, nennt man das ,Strategische Begeisterung’. Was bringt es dir auf deiner einen Seite, wenn du ein exzellentes Produkt hast und niemand davon weiß? Und was bringt es dir andererseits, wenn dein Marketing voll auffährt und dein Produkt austauschbar ist?“
Ich lasse die Fragen einen Moment lang auf mich wirken. Ich hatte mir noch nie Gedanken darum gemacht. Ich bin Bäcker geworden, weil es für mich irgendwie vorbestimmt war. Habe das Geschäft von meinem Vater übernommen und gemacht, was von mir gefordert wurde. Selbstverständlich achte ich auf unsere Qualität und auch die Werbung wird immer wieder bearbeitet. In den letzten Jahren haben wir unser Logo modernisiert und haben ständig irgendwelche Flyer, die auf Aktionen hinweisen. Unsere Homepage ist gut und ich kenne jede Menge Kollegen, die hier wesentlich schlechter aufgestellt sind.
Ich merke, wie Wut in mir aufsteigt. Hatte mein Freund mir gerade gesagt, dass meine Bäckerei keinen guten Job macht? Weder gute Brötchen noch gescheite Werbung? Ich bin doch nicht doof!
„Warte mal, was willst du mir damit sagen? Unsere Kunden mögen das, was wir jeden Tag für sie machen! Und die Werbung kommt auch gut an!“
„Nee, warte du mal.“ hält Napoleon vehement dagegen.
„Das mag ja alles sein, aber das ist nicht, was ich gesagt habe. Höre mir bitte richtig zu, bevor du dich so albern angegriffen fühlst!“ Ich atme tief ein und halte für einen winzigen Moment die Luft an. Ich mag es einfach nicht, wenn man mir erzählen will, dass ich Schuld an einem Problem bin, das so ziemlich die ganze Branche betrifft!