Читать книгу Das Steinerne Tor - Pia Guttenson - Страница 14

Der Widerspenstigen Zähmung

Оглавление

Freundlicherweise war Mrs. Pomfrie trotz später Stunde bereit, mir ein leckeres Schinkensandwich zu kredenzen. Ausgehungert wie ich war, kam es mir vor wie der Himmel auf Erden. Mit einem kleinen Schluck Whisky spülte ich nach. Wenn man vom Pferd fällt, steigt man ja auch sofort wieder auf!

Mrs. Doc Pomfrie versicherte, dass es mir nun wieder bestens gehen würde, was mich seltsamerweise in Hochstimmung versetzte und mich die Welt wieder in freundlicherem Licht sehen ließ.

Zurück im Zimmer räumte ich mein Chaos auf. Ich war dabei alles in den Rosen-Schuhkarton zu stecken, als meine Augen an der zerknüllten Einladung haften blieben. Sie lag immer noch neben dem Mülleimer, den ich im Zorn nicht getroffen hatte. Zuerst wollte ich sie entsorgen, doch etwas ließ mich zögern. In meinem Kopf machte es `Klick´ und ein Gedanke nahm Form an.

Duncansby Head, das Tor. Lag das nicht fast neben Dunvegan Castle? Täuschte ich mich? Irgendwo hatte ich es doch gelesen.

Wo war das gleich? Nach einem Moment des Überlegens fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Mrs. Pomfries Touristeninfo! Dabei handelte es sich um ein kleines, wackeliges Tischchen, übersät mit Broschüren von den Touristenattraktionen hier in Schottland.

Dumm war nur, dass es recht spät war und ich der werten Lady nicht begegnen wollte. Ein weiteres unerfreuliches Detail war: Der Tisch stand im Flur unter mir, zwischen Küche und Gäste-Esszimmer. Also volles Risiko. Falls sie mich erwischen sollte, würde ich behaupten, vor Durst zu vertrocknen. Vorsichtig, um ja kein Geräusch zu machen, schlüpfte ich aus der Tür und schlich auf Strümpfen die Treppe hinab. Plüsch schluckt so manches Geräusch, nur das Knarzen der alten Holztreppe leider nicht. Bei jeder zweiten Stufe blieb ich stehen und lauschte. So ähnlich musste sich ein Einbrecher fühlen.

Wie gut, dass Mrs. Pomfrie immer sehr besorgt und bemüht um ihre Gäste war. Allein diesem Umstand war es zu verdanken, dass immer ein Nachtlicht brannte. Denn Toiletten und die Duschen befanden sich auf dem Flur. So hatte ich, wenn auch nur spärlich, etwas Licht. Mit einem sehr flauen Gefühl in der Magengegend erreichte ich das Ende der Treppe. Was, wenn sie mich doch erwischte, womöglich noch mit der Broschüre in der Hand? Du meine Güte. Sie würde noch auf die unsägliche Idee kommen, ich hege Interesse an diesem MacLeod! Selbstverständlich tat ich das nicht! Keinen Moment. Ja gut, mit den fast zwei Metern Körpergröße und diesen Augen ...

Halt, Stop! Nein, niemals wieder. Mit mir nicht. Ich hatte es mir geschworen. Männer sind Schweine und Schlimmeres, alle gleich, rügte ich mich im Stillen.

Stück für Stück arbeitete ich mich den Flur entlang. Noch bevor ich sie sehen konnte, hörte ich sie schnarchen.

Walross. Sie hörte sich tatsächlich an wie ein Walross! Schnell schlug ich mir die Hand vor den Mund, um nicht laut loszulachen. Einen kurzen Blick durch den Türspalt konnte ich mir aber doch nicht verkneifen. Sie sah friedlich aus in ihrem karierten Ohrensessel und den auf ihrem Schoß ruhenden Stricknadeln; die Wolle lag in einem wilden Wirrwarr zu ihren Füßen.

„Oh, oh, viel Spaß beim Entwirren, Mrs. Pomfrie!“, flüsterte ich.

Ein besonders lauter Schnarcher ließ mich zusammenzucken. Friedlich, ha, ha, wenn nur dieses Schnarchen nicht wäre. Im Fernsehen lief eine Talkshow, die das Ganze noch mit Sound untermalte. In Gedanken schoss ich ein Foto. Als ich mich umdrehte, wäre ich fast über Herrn Schmidt gestolpert, der mir um die Beine schnurrte. „Böse Katze, Herr Schmidt“, murmelte ich – ein lautes „Miau“ war die Antwort.

„Pssst. Schmidtchen, ist ja gut. Verrat mich nicht.“, flüsterte ich dem braunen Tigerchen zu, während ich ihn hinter den Ohren kraulte. Eng an die Wand gedrückt, schlich ich weiter. Meine Hand ertastete die Tür zum Gäste-Esszimmer. Gut, okay. Weiter und da, jawohl, da war endlich mein Ziel. Im schummrigen Licht bemühte ich mich vergeblich, die von mir gewünschte Broschüre zu ertasten. Verflixt, es war einfach zu dunkel. Was sollte ich nur tun? Ich entschloss mich, einfach von jeder Broschüre eine zu nehmen. Das konnte doch nicht so schwer sein! Konzentrieren und von jeder Größe eine nehmen. In meinem Zimmer sollte sich herausstellen, dass es eine glänzende Idee von mir gewesen war.

Der Rückweg kam mir, trotz meines Erfolges, sehr lang vor. Mrs. Walross schnarchte immer noch, doch nun imitierte sie eine Kreissäge. Die Standuhr schlug just, als ich auf halber Höhe der Treppe angekommen war, Mitternacht. Das alte Teil erschreckte mich fast zu Tode. Dafür übersah ich die nächste Stufe, die sich mit schmerzhaften blauen Flecken auf meinen Knien verewigte! Ich schoss noch im selben Moment in die Höhe und sprintete den Rest der Treppe, ohne auf Geräusche achtzugeben, hinauf und in mein Zimmer, wo ich die Tür mit einem lauten Knall hinter mir ins Schloss fallen ließ.

„Puh, geschafft!“, stöhnte ich auf und ließ mich aufs Bett fallen. Ganz schön knapp war das. Hätte Mrs. Pomfrie mich erwischt, hätte ich vielleicht ihren grauseligen, selbst gebrauten Kräutertee trinken müssen. Gott bewahre!

Aus meinem Nachttisch kramte ich einen Mitternachtssnack heraus, Walkers Schokoladenkekse, und setzte mich mit meinem Snack sowie einer Flasche Wasser auf den Plüschteppich, um meine Ausbeute zu begutachten. Achtlos warf ich eine Broschüre nach der anderen hinter mich.

Mitglied im National Trust? Nein. Urquart Castle und Loch Ness? Nö.

Hatte ich es nicht erwischt? So etwas Blödes. Halt. Doch, die vorletzte Broschüre zeigte Dunvegan Castle und auf der Rückseite Duncansby Head, das Tor.

„Wusste ich’s doch. Yeah!“ Ich hatte doch recht. Ganz entgegen meiner vorherigen Meinung, griff ich zur Einladung, drehte und wendete sie. Wieso eigentlich nicht? Ich entschloss mich, anzunehmen. Mein Ziel hieß fortan Duncansby Head.

Noch zwei Tage bis Samstag. Ausschlafen und Bummeln waren meine Tagesaufgaben, was mich nicht von den andauernden Zweifeln meinerseits ablenkte, leider! Etliche Male entschied ich mich um, schimpfte mich naiv und dumm, eine Träumerin und verrückt. Dennoch glomm da dieser klitzekleine Hoffnungsschimmer in mir. Aus dem Funken wurde eine Flamme und ich hielt es fast nicht mehr aus bis Samstag.

Der Tag kam und mir war mehr als schlecht vor Nervosität. Ich kam mir vor, als steckte ich in einem Ameisenhaufen. Ich war kribbelig, konnte nicht stillstehen, geschweige denn sitzen. Was durch Mrs. Pomfries eigene Aufregung nur noch schlimmer wurde. Gott, ich kam mir schon vor wie ihre Tochter!

Wie sollte ich mich von der Feier stehlen? Was, wenn dieser MacLeod versuchte, mich zu küssen? Was, wenn ich das sogar wollte? Würden die Entführer mich umbringen, weil ich kein Lösegeld hatte? Wieso überhaupt gab es keine Lösegeldforderung?

Fragen über Fragen rasten in meinem Kopf umher – und ich hatte keine passenden Antworten.

„Ein geflochtener Zopf wäre ganz gut. Ja Kindchen, das machen wir. Da können Sie sich den Friseur sparen.“ Missbilligend zupfte sie an meinem Haar herum.

„Oh. Habe ich erwähnt, dass Sie abgeholt werden, Kindchen?“

„Ja, Mrs. Pomfrie, bereits drei Mal heute“, seufzte ich ergeben.

„Stehen Sie still, Kindchen. Ausatmen, damit ich das Mieder schnüren kann.“

Geduldig bemühte ich mich, ruhig zu bleiben, und dachte mir neue Schimpfwörter für Mrs. Pomfrie aus. Schreckschraube, Brilleneule, alte Wachtel ...

„Du liebe Güte! Was ist das?“ Sie hatte mein Kleid angehoben und zeigte mit spitzen Fingern auf etwas unter meinem Rock.

„Och, das sind Turnschuhe.“ Genauer gesagt: Rote Chucks, vervollständigte ich den Satz in Gedanken.

„Also, das geht nicht Kindchen! Du meine Güte. Nein. Nein, hmpf!“, schimpfte sie entsetzt.

„Ich besitze keine anderen Schuhe, Mrs. Pomfrie!“, sagte ich liebenswürdig.

„Keine ...! Guter Gott, was tun wir nur? Was haben Sie für eine Größe?“ Die Ärmste war völlig aufgelöst.

„39 …“, antwortete ich fröhlich und beobachtete, wie ihr alle Farbe aus dem Gesicht wich. Sie blickte auf ihre Füße, die im Höchstfall Größe 36 trugen und fluchte auf Gälisch, während ich mich insgeheim über meinen Coup freute. War sie beim Ankleiden noch so voll des Lobes und plapperte ohne Unterlass, so war sie nun kreidebleich im Gesicht und unnatürlich ruhig.

„Was soll denn nur Mr. MacLeod von Ihnen denken, Kindchen?“, fragte sie bange.

„Er wird es überleben!“, war meine trockene Antwort und ich verdrehte genervt die Augen. Was würde wohl noch alles kommen? Manchmal war es besser, wenn man es nicht wusste!

Glücklicherweise klingelte es an der Haustür, was mich aus dieser peinlichen Situation rettete. Während ich die Tür öffnete, huschte eine beleidigte Mrs. Pomfrie eilends in ihre Küche. O weh, ich hatte vermutlich ordentlich zum nächsten Dorfklatsch beigetragen. Eine zierliche Schwarzhaarige in meiner Größe, stand vor der Tür und strahlte mich aus stechend blauen Augen an. „Isandora Georgy, nehme ich an?“

„Ähm, ja.“

Wir gaben uns die Hand. Sie hatte einen guten Händedruck, nicht zu fest und nicht zu leicht. Das war mir bei Begrüßungen wichtig, da so ein Händedruck enorm viel über die Person aussagte.

„Mein Name ist Sarah, Sarah MacCrimmon. Ich bin mit Colin verheiratet, Ian Macs Freund. Also, Mac lässt sich entschuldigen. Er wollte Sie gerne selbst abholen, aber er muss noch so viel fürs Fest erledigen. Sicher hat er erwähnt, dass er selber ein Programmpunkt ist?“

„Nein“, antwortete ich und starrte die fremde Frau vermutlich an wie eine Außerirdische.

„Nein? Typisch Ian. Er ist manchmal einfach zu bescheiden. Dudelsack, er spielt Dudelsack und singt. Übrigens sehr gut. Tja, und da er ihnen Dunvegan gerne selbst zeigen wollte, bin ich hier!“, erklärte sie.

Scheinbar hatte Mr. MacLeod ernsthafte Zweifel gehegt, ob ich zu einem fremden Mann eingestiegen wäre. Schlauer Kerl!

„Danke, das ist sehr nett von Ihnen, Mrs. MacCrimmon.“

„Oh, bitte, sagen Sie Sarah. Ich komme mir sonst so alt vor.“

„Gerne, aber nur wenn Sie, äh, du, Isa sagst. Auf Isandora höre ich nicht so gerne.“

„Na, so schlimm ist der Name nicht, vielleicht ein bisschen eingestaubt, aber nett.“

„Wohl eher mittelalterlich.“

Sie lachte leise auf. „Entschuldige bitte.“

„Ach, da gibt’s nichts zu entschuldigen. Ich bin es gewohnt.“

Sympathie auf beiden Seiten. Sarah war wirklich nett.

„Mein Auto steht gleich hier vorne. Wollen wir?“

Ich nickte. Sarah drehte sich zur Haustür. „Hallo, Mrs. Pomfrie! Schönen Abend noch, wir sehen uns sicher auf dem Fest.“ Sarah zwinkerte mir verschwörerisch zu.

„Hmpf!“, ertönte es ertappt hinter der Tür.

Auf dem Weg zum Auto fragte ich sie: „Woher, verflixt noch mal, hast du das gewusst?“

„Och, du hättest dir kein naseweiseres Bed & Breakfast aussuchen können, allerdings auch kein Netteres! Wer in diesem Ort informiert sein will, geht zu ...“

„… Mrs. Pomfrie!“, sagten wir gleichzeitig und lachten. Beim Einstieg in ihren grünen, dreckverspritzten Landrover, fiel ihr Blick auf meine Füße.

„Also …“, setzte ich an, doch sie unterbrach mich.

„Wow, die sehen mindestens genauso bequem aus …“, sie hob ihr Kleid an und wackelte demonstrativ mit ihren Dockers Wanderstiefeln „... wie meine!“

Wir sahen uns beide an und lachten schallend los. Zwei Seelenverwandte. Die Fahrt war sehr unterhaltend. Wir unterhielten uns über dies und das und ich begann mich zu amüsieren, obwohl ich es nicht vorhatte. Sarah nahm mir den Wind aus den Segeln, ich freute mich direkt auf diesen Abend.

Viel zu schnell kam Dunvegan Castle in Sicht. Imposant lag die graue, steinerne Trutzburg vor uns. Eigentlich hatte ich noch vor, sie über diesen MacLeod auszufragen, nur, daraus wurde erst einmal nichts. Außer dass MacLeod der jüngere Bruder des Chiefs Lord William James Torquil MacLeod und der mittleren Schwester Maria Joan MacLeod war und das es noch einen Bruder namens Georgie gegeben hatte, hatte ich nichts weiter erfahren.

Man hatte trotz der frühen Abendstunden schon Fackeln angezündet und der große Holzhaufen wartete auch schon auf seinen großen Moment. Wenn es erst richtig dunkel wäre, würde Dunvegan sicher gigantisch wirken. Menschen in mittelalterlichen Gewandungen kamen uns zuhauf entgegen. So langsam wurde mir klar, dass es von besagtem Mr. MacLeod letztendlich doch eine gute Idee gewesen war, mir ein Kleid zu beschaffen. Mehr als einmal drehte ich mich bewundernd nach Kilt tragenden Männern um.

„Sieht stark aus, so ein Kilt. Vor allem die traditionelle alte Art“, raunte mir Sarah zu, der meine Blicke nicht entgangen waren. „Man nennt sie: Belted Plaid oder auf Gälisch `feileadh mor´, es werden sechs bis sieben Meter Stoff verbraucht für diese Variante. Wobei, unter uns, bei Ian sind es noch zwei Meter mehr.“

„Wow. Echt?“, staunte ich bewundernd. Ein strahlendes Leuchten ging über ihr Gesicht und ich drehte mich nach dem Grund um. Es bot sich mir ein atemberaubendes Bild – zwei Schotten in jenem altertümlichen Highland Kilt näherten sich uns. In dem einen erkannte ich MacLeod wieder, der andere musste demnach MacCrimmon sein. So war es auch, denn Sarah sprang mit einem fröhlichen Jauchzen in seine Arme.

„Mein Schatz, darf ich dir Isa vorstellen? Oh, Mac! Sie ist wunderbar. Du glaubst ja gar nicht, wie sehr wir uns schon amüsiert haben!“

Abwechselnd blickte sie von mir zu Ian, welcher mit genauso amüsantem Lächeln Sarahs Wortschwall über sich ergehen ließ.„Tatsächlich?“

„Stell dir vor und Mrs. Pomfrie ...“ Ian hörte immer noch Sarah zu, seine Augen jedoch verweilten bei mir.

„Na, da bin ich aber froh, dass die Ladys ihren Spaß hatten!“, antwortete er trocken und zu mir gewandt: „Schön, dass Sie gekommen sind! Wie ich sehe, steht Ihnen das Kleid ausgezeichnet.“

Colin trat vor und küsste galant meine Hand. „Enchanté, Mylady!“ Ian schlug er im Vorbeigehen kameradschaftlich auf die Schulter. „Mo charaid, du hattest recht! Nicht so steif, Mann!“

Sein spitzbübisches Grinsen steckte selbst mich an.

„Mhm, darf ich bitten?“ Ian reichte mir seinen Arm und ich ergriff selbigen schnell, bevor mich meine eigene Courage erschreckte. Vor uns sprangen Sarah und Colin Hand in Hand, wie junge, frisch verliebte Teens, den Weg entlang. Mit raschem Seitenblick ließ ich meine Augen unbemerkt über die atemberaubende Gestalt des Highlanders an meinem Arm gleiten. Alles an ihm passte zusammen: die zum Zopf gebundenen, dunkelbraunen Haare, die braunen Augen mit den langen, schwarzen Wimpern (von deren Länge und Dichte eine Frau nur träumen konnte!), der gut gebaute Körper ... und zur Krönung des Ganzen trug er einen Kilt, im blau- grünen Karomuster des Clan MacLeod of Skye.

Perfekt! Verflixt noch mal, Isa du gerätst ins Schwärmen und das ist gar nicht gut!

Was sollte ich sagen. Mein Geist war willig, mein Körper, nun ja, nicht so unbedingt!

Er führte mich durch ganz Dunvegan Castle, vom Keller mit der privaten Weinkellertour, der üppigen Ahnengalerie, bis hin zur sagenumwobenen Fairy Flag. Selbst der Wahnsinnsausblick von den Zinnen der Burg, aufs Meer hinaus oder auf den zauberhaft üppigen Garten, blieb mir nicht verwehrt. Mal ganz zu schweigen davon, dass so eine Privatführung etwas ganz Besonderes ist.

Es waren nämlich nicht die ganzen Jahreszahlen oder welcher Ahne von wem abstammt, was interessant war, sondern vielmehr die kleinen, netten Anekdoten und die beherrschte Ian MacLeod aus dem FF. Ich klebte förmlich an seinen Lippen, verflixt noch eins.

Dunvegan Castle war seit über 700 Jahren im Besitz des Clans MacLeod. Von Flora MacDonald über Bonnie Prince Charly gab es etliche Berühmtheiten, die schon auf der Burg verweilt hatten. Ferner war Dunvegan Castle auch die beinahe einzige, dauerhaft bewohnte Burg Schottlands. Allerdings traute ich mich nicht zu fragen, wo denn Ian MacLeod in dieser großen Burg nächtigte.

„Also ich kenne Ihren Namen nur von ...“

„Oh, ja. Vom Highlander. Tja, leider bin ich nicht unsterblich!“, unterbrach er mich lachend. „Oh, bitte nicht rot werden. Ich bin dererlei Fragen gewohnt!“

Ich schämte mich, blickte verlegen zu Boden. Wir hatten unseren Rundgang beendet und fanden uns wieder bei Sarah und Colin ein.

Aufmerksam begrüßte Ian hin und wieder Gäste. In einer unbewussten Geste legte er dann und wann seine freie Hand über die meine, als wolle er sichergehen, dass ich noch da war. Meine Hand fühlte sich an dem starken Arm, mit dem silbernen Armreif und den silbernen Ringen an Zeigefinger und Daumen, mehr als wohl.

„Ha, kaum zu glauben, dass die zwei Kindsköpfe verheiratet sind!“, bemerkte Ian mit einem Nicken zu Sarah und Colin, die nun eng umschlungen vor uns gingen.

„Ja, seit dem College, nicht?“

„Aha, Sarah hat aus dem Nähkästchen geplaudert, oder?“

„So könnte man es nennen. Es war übrigens sehr aufschlussreich.“

„Oh, oh! Gut oder schlecht für mich?“ Täuschte ich mich oder war er tatsächlich rot geworden?

„Wie man‘s nimmt, es geht so.“

„Ach, es geht so? Na warte, Verräterin!“, brummte er mit einem auf Sarahs Rücken gerichtetem Blick.

Mir entfuhr ein schadenfrohes Glucksen, was mir einen strafenden Blick einbrachte..

„Wer den Schaden hat ...“

„... braucht für den Spott nicht zu sorgen!“, fiel ich ihm ins Wort, wandte mein Gesicht aber schnell ab, um nicht zu zeigen, dass ich mir vor Lachen auf die Lippen biss.

„Mm, wenn du lachst, gefällst du mir noch besser!“, flüsterte er mir gebückt in mein Ohr, woraufhin ich fast stolperte und rot anlief.

Es folgte Ians Gesangsauftritt, welcher nicht nur mich bannte. Seine tiefe, raue Stimme sorgte für eine Ganzkörper-Gänsehaut meinerseits. Das Publikum johlte, tanzte und grölte mit. Ian hielt fast die ganze Zeit mit mir Blickkontakt und ich schlug beschämt die Augen nieder. Himmel, er flirtete mit mir. Dummerweise beherrschte er dies so gut, dass bereits mein ganzer Körper auf ihn reagierte. Sarahs Augen waren voller Stolz auf Colin gerichtet, der neben Ian an der Fiedel ebenfalls auf der Bühne stand. Zu guter Letzt spielten beide Dudelsack.

Ich fing langsam an, mir Gedanken zu machen, wie ich es anstellen sollte, zu gehen, ohne Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Dabei plagte mich ein tierisch schlechtes Gewissen. Verflucht noch mal!

Es wurde Tanzmusik gespielt und Ian und Colin stießen wieder zu uns. Was die ganze Sache nicht leichter machte. Ganz zu schweigen von der zunehmenden Dämmerung. Ich hatte mir immer einen tanzbegeisterten Mann gewünscht. Nun, Ian MacLeod war einer. Verflixt! Es fühlte sich so gut an, in seinen starken Armen zu schweben. Nur einmal schwach sein, einfach fallen lassen, diese einladenden Lippen küssen ...

Wieso nicht? Weil du nicht mehr alle Sinne beisammenhast, antwortete mein Verstand. Soeben beugte er sich zu mir hinunter, um etwas zu sagen. Entschlossen riss ich mich los und murmelte eine fadenscheinige Erklärung. „Ich muss dringend gehen!“

Starr vor Überraschung, blickte er mich an. „Isandora, warum? Hab ich etwas ...? Bitte, bleib doch!“ Ratlos breitete er die Hände aus.

Ich eilte im Stechschritt davon. Ich konnte Sarah schimpfen hören: „Ian Mac, was um alles in der Welt hast du jetzt schon wieder angestellt?“

„Ich … Nichts! Sie ist einfach … Ich verstehe es nicht!“

Ians fragender Blick in meinem Rücken, sein bittendes „Bleib doch!“, trieben mir die Tränen in die Augen.

„Ian, sie hat doch noch nicht mal ein Auto hier! Wo soll sie denn hin?“, zeterte Sarah.

Ein Blick über die Schulter zeigte mir einen Schotten, der sich fassungslos die Haare raufte. „Sag du’s mir, Sarah! Ich hab sie doch nicht mal geküsst. Ich – habe – nichts – gemacht, ich schwöre es dir!“

Sarah hatte entrüstet die Hände in die Hüften gestemmt. „Vielleicht ist das ja das Problem!“

„Beruhige dich, mein Täubchen. Mac bringt das in Ordnung.“ Beschwichtigend legte ihr Colin die Arme um die Schulter. „Los, Mann! Steh hier nicht rum! Lauf ihr nach!“ Colin blickte Ian kopfschüttelnd nach, der mit wehendem Kilt Isandoras Verfolgung aufnahm.

Das Steinerne Tor

Подняться наверх