Читать книгу Gesetzlose Städte, raue Männer: Alfred Bekker präsentiert 9 Western - R. S. Stone - Страница 23

4

Оглавление

Der Coltschwinger – etwas anderes war er nicht – starrte mich finster an, eine tödliche Drohung in den Augen. Ich hielt seinem Blick stand. „Hast du etwas an den Ohren?“, fragte ich ihn. „Oder verstehst du kein Englisch. Ich sprach von Mord.“

Jetzt hielt der Bursche nicht mehr stand und wich meinem Blick aus. „Du denkst wohl, weil du das Stück Blech an der Jacke mit dir herumschleppst bist du hier der große Mann!“, presste er zwischen den Zähnen hervor. „Ich spucke drauf.“

„Das würde ich mir gut überlegen“, warnte ich.

Jetzt ließ Glenn Jensen seine Stimme erklingen. Er rief: „Schluss jetzt, Stricker. Er ist Bundesmarshal und genießt bei mir hohes Ansehen. Ich denke, das hier ist alles ein Missverständnis. Wahrscheinlich bist du tatsächlich über deine eigenen Beine gestolpert. Und du, Gibbs, steck dein Schießeisen weg.“

Steve Stricker entspannte sich. Dan Gibbs rammte den Sechsschüsser ins Futteral. Ich wandte mich Jensen zu, beobachtete aber aus den Augenwinkeln die beiden Schnellschießer.

Jensen hatte sich erhoben und näherte sich, ein schmieriges Grinsen um die wulstigen, feucht glänzenden Lippen, aber einen eiskalten Ausdruck in den graublauen Reptilienaugen. Ein Blick in diese Augen ließ mich die ganze Skrupellosigkeit und Gefühlskälte dieses Mannes erkennen. Er war ein Wolf im Schafpelz.

Aber seine Worte hatten der Situation die Brisanz genommen. Er gab mit einer knappen Handbewegung Stricker und Gibbs zu verstehen, dass sie sich zu ihrem Platz am Tresen begeben sollten. An mich gewandt sagte er: „Entschuldigen Sie, Marshal, aber meine Leute sind manchmal ein wenig zu temperamentvoll. Tatsächlich aber sind sie harmlos. Ich habe ich mich Ihnen nicht vorgestellt. Verzeihen Sie. Mein Name ist Jensen – Glenn Jensen. Ich bin Besitzer dieses Etablissements. Darf ich mich einen Augenblick zu Ihnen setzen?“

Ich vollführte eine einladende Handbewegung, kehrte zu meinem Tisch zurück und ließ mich nieder. Jensen setzte sich mir gegenüber auf einen Stuhl. Sein Blick war jetzt lauernd, als er fragte: „Sie untersuchen sicher den Mordanschlag auf Deputy Sheriff Hawkins, Marshal.“

„Sehr richtig“, antwortete ich. „Außerdem habe ich den Auftrag in Channing die Gesetzmäßigkeit zu bewahren, bis der County Sheriff einen neuen Deputy einsetzt.“

„Wissen Sie schon, wo Sie den Hebel ansetzen?“

Ich wusste, was er meinte. „Darüber möchte ich aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sprechen.“

Sein feistes Gesicht verschloss sich. „Na, dann eben nicht. Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Glück bei Ihren Ermittlungen, Marshal. So etwas darf man nicht durchgehen lassen. Männer des Gesetzes müssen tabu sein. Wer ihnen nach dem Leben trachtet, gehört mit aller Härte bestraft.“

„Ja“, dehnte ich, „das sehe ich auch so.“ Erst war mir Jensen nur unsympathisch. Ich hielt ihn für eine fette Spinne, die hier in Channing mitten in ihrem Netz saß und irgendwelche Fäden zog. Nach seinen letzten, scheinheiligen Worten jedoch widerte er mich an. Und ich ertappte mich dabei, dass ich hoffte, ihn als den Auftraggeber an dem Mordversuch an Deputy Sheriff Emmett Hawkins zu überführen. Ja, ich wollte ihm die Maske des Biedermannes, den er hier spielte, vom Gesicht reißen.

Jensen stemmte sich am Tisch in die Höhe und ächzte. „Meine Pokerfreunde werden schon ungeduldig. Sie können es nicht erwarten, ihr Geld an mich zu verlieren.“ Er lachte belustigt auf, doch selbst dieses Lachen hielt ich für falsch.

Ich bemerkte jetzt, dass die beiden Siedler den Saloon verließen. Schnell legte ich drei Dollar auf den Tisch – das war genug für das Essen und das Glas Wasser, das ich getrunken hatte -, und folgte den beiden schnell nach draußen. Sie überquerten gerade die aufgeweichte Main Street und steuerten auf eine Passage zwischen zwei Gebäuden zu. „He, ihr beiden!“, rief ich. Sie hielten an und drehten sich um. „Auf ein Wort!“ Ich sprang vom Vorbau und stapfte durch den Schlamm zu ihnen hin.

Wahrscheinlich hatte ich sie erschreckt, als ich sie anrief. Jetzt aber erkannten sie mich und einer sagte: „Wir sind Ihnen zu Dank verpflichtet, Marshal. Wenn Sie mich fragen, dann hat Sie der Himmel nach Channing geschickt. Dieser Revolverheld hätte uns heute Abend beide getötet. Und die Sache war abgekartet.“

„Davon bin ich überzeugt“, bestätigte ich. „Wieso sind Sie nicht auf Ihren Siedlungsstellen?“, fragte ich dann. „Ihre Fuhrwerke stehen vor dem General Store. Wollen Sie die Nacht über in Channing bleiben?“

Jetzt ergriff der andere der beiden das Wort und sagte: „Bevor ich Ihre Frage beantworte, Marshal, will ich mich vorstellen. Mein Name ist Dick Martin. Ich bewirtschafte eine Siedlungsstätte am Mustang Creek. Das ist mein Nachbar Harris Parson. Ja, die Fuhrwerke beim General Store gehören uns. Die Ochsen, die sie gezogen haben, stehen auf der Weide außerhalb der Stadt. Bis zum Mustang Creek sind es mehr als zehn Meilen. Wir sind um die Mittagszeit losgefahren und am späten Nachmittag in der Stadt angekommen. Shilling, der Mann, der für Jensen den Store betreibt, wollte die Waren, die wir brauchen, zusammenstellen, und morgen Früh werden wir die Fuhrwerke beladen und zum Mustang Creek zurückkehren.“

„Und wo übernachten Sie?“

„In dem Heuschober bei der Koppel, auf der unsere Zugtiere stehen. Ein Hotel können wir uns nicht leisten.“ Dick Martin räusperte sich. „Wir lassen im Store anschreiben. Nach dem heutigen Abend fürchte ich, dass wir morgen ohne die Vorräte zu unseren Siedlungsstätten zurückfahren müssen. Es sieht nämlich so aus, als ginge Jensen jetzt in die Offensive.“

„Unsere Parzellen liegen genau zwischen der Weide der Diamant-J und dem Mustang Creek“, ergänzte Harris Parson. „Wir gehören also zu dem Personenkreis, der Jensen ein Dorn im Auge ist.“

„Und das Schlimme an der ganzen Sache ist, dass uns Jensen gewissermaßen in der Hand hat“, fügte Dick Martin hinzu.

„Wie soll ich das verstehen?“, fragte ich.

„Im vergangenen Jahr war die Trockenheit derart anhaltend, sodass wir kaum Ernten einfahren konnten. Weizen und Mais waren auf den Feldern vertrocknet. Also hatten wir kein Geld, um uns neues Saatgut zu kaufen. Jensen betreibt hier die Futtermittel- und Saatguthandlung. Wir mussten Schulden bei ihm machen, die er jederzeit einfordern kann, weil wir es versäumt haben, das Datum der Rückzahlung festzulegen.“

„Warum sind Sie nicht zur Bank gegangen?“, erkundigte ich mich.

„Es wäre der umständlichere Weg gewesen.“

„Wohl aber der sichere“, knurrte ich.

„Heute sind wir auch schlauer“, brummte Dick Martin.

Während wir sprachen, waren wir weitergegangen. Wir befanden uns jetzt hinter den Häusern und hatten eine Fence erreicht, in der die Stadtbewohner tagsüber irgendwelche Nutztiere weiden ließen. Nachts waren die Kühe, Pferde, Ziegen und Schafe im Stall, denn hungrige Wölfe, Kojoten und vielleicht sogar Pumas trieben in der Dunkelheit ihr Unwesen und kamen oft in die Nähe der Ansiedlungen, weil es da möglicherweise leichte Beute gab.

„Wer ist außer Ihnen beiden möglicherweise noch von Jensens Attacken betroffen?“, kam meine nächste Frage.

„Josh Tucker und Caleb Newman.“

„Gab es schon Drohungen irgendwelcher Art?“

„Offen nicht. Aber von Zeit zu Zeit werden unsere Zäune niedergetrampelt und Rinder laufen auf unsere Felder und Äcker. Und die Sache von heute Abend gibt uns sehr zu denken. Dieses niederträchtige Spiel hat Jensen initiiert – und zwar im Verein mit Cole Ferguson, seinem Vormann.“ Dick Martin stieß scharf die Luft durch die Nase aus. „Jensen hat diese vier Coltschwinger nicht grundlos ins Land geholt“, schloss er dann. „Und das heute Abend sollte der Auftakt sein. Ich glaube, wir gehen düsteren Zeiten entgegen.“

„Ja, davon sind wir überzeugt, Marshal“, pflichtete Harris Parson bei. „Und Sie stehen in der Schusslinie. Geben Sie Acht, dass es Ihnen nicht ergeht wie Emmett Hawkins.“

Da war sie wieder, dieser unheilvolle Prophezeiung.

Gesetzlose Städte, raue Männer: Alfred Bekker präsentiert 9 Western

Подняться наверх