Читать книгу Gesetzlose Städte, raue Männer: Alfred Bekker präsentiert 9 Western - R. S. Stone - Страница 27
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ОглавлениеIch hatte repetiert und nun lief ich zu meinem Pferd, saß auf und ritt an. Ich ließ das Tier im Schritt gehen. Das Gewehr hatte ich quer über den Widerrist des Pferdes gelegt. Wenn nötig, konnte ich es mit einem Ruck an die Seite in Anschlag nehmen und feuern.
Ich war jetzt angespannt bis in die kleinste Faser meines Körpers. Der geringste Fehler konnte den sicheren Tod bedeuten. Die Kerle, mit denen ich es zu tun hatte, waren wahrscheinlich tödlicher als Schlangengift, außerdem kannten sie keine Skrupel und kein Erbarmen. Es war genau die Sorte, auf denen Männer wie Glenn Jensen ihren Reichtum und ihre Macht begründeten und mehrten.
Obwohl das Gras das Pochen der Hufe fast gänzlich schluckte, kam es mir dennoch überlaut und verräterisch vor. Als ich eine Buschgruppe erreichte, beschloss ich, mein Pferd hier abzustellen. Ich stieg aus dem Sattel, führte das Tier zwischen die Büsche und band es an. Dann machte ich mich zu Fuß auf den Weg. Im Schutz der Büsche, stellenweise musste ich kriechen, um freie Flächen zu überwinden, erreichte ich die Rückseite des Stalles und schmiegte mich eng an die raue Bretterwand.
Ich lauschte und witterte regelrecht in die Dunkelheit hinein, die nur vom Sternenlicht etwas erhellt wurde. Der Mond war irgendwo im Osten hinter dem Horizont. Nur das leise Säuseln des Windes, der um die Gebäude strich, war zu hören. Blattwerk raschelte leise und monoton.
Ich vermutete, dass die fünf Gunslinger ihre Pferde ebenfalls irgendwo abgestellt hatten und nun durch die Dunkelheit schlichen, um mich aufzustöbern und mir die Hölle heißzumachen.
Plötzlich vernahm ich ein Geräusch, das nicht zu den übrigen passen wollte, die mich umgaben. Es war ein Knirschen, ein Mahlen, wie es nur Sand oder Kies unter harten Ledersohlen verursachten. Unwillkürlich duckte ich mich tiefer, härter umfassten meine Hände Kolbenhals und Schaft der Winchester.
Und dann sah ich einen Schemen aus dem Schatten eines Strauches zur Farm laufen. Ich schloss nicht aus, dass zwei oder drei der Kerle Jagd auf mich machten, während die anderen zur Farm zurückgekehrt waren, um hier die Zeugen ihres nächtlichen Besuches zum Schweigen zu bringen.
Diesen Schuften traute ich jede schändliche Tat zu, sogar einen Mord an Frauen. Für Geld verkaufte diese Spezies die Seele ihrer Großmutter an den Satan.
Darum gab es für mich keinen Grund, einen dieser Halunken zu schonen. Das konnte ich mir auch gar nicht leisten, denn das Verhältnis stand fünf zu eins; ein tödliches Verhältnis.
Ich hob schnell das Gewehr an die Schulter, zielte kurz, und drückte ab. Der Knall sprengte die Stille, ein Bein des Schemens wurde vom Boden weggerissen, er drehte sich halb um seine Achse und ging zu Boden. Ich vernahm ein gepresstes Stöhnen, repetierte und rannte schon geduckt los, ehe der Kerl zur Besinnung kam und reagierte.
In dem Moment, als ich bei ihm ankam, wollte er sich aufrichten. Ich schlug mit dem Gewehr zu, und er fiel, ohne einen Laut von sich zu geben, wieder zurück. Sofort ging ich bei ihm auf das linke Knie nieder, um ein möglichst kleines Ziel zu bieten, schwenkte meinen Blick in die Runde und folgte der Blickrichtung mit dem Gewehr, das ich jetzt an der Seite hielt.
„Steve, he, Steve, hast du ihn erwischt?“, rief jemand aus der Dunkelheit. Dem Klang der Stimme nach zu schließen war der Rufer mindestens fünfzig Schritte entfernt. Ich erinnerte mich, dass Steve den Familiennahmen Stricker trug. Er war der Bursche, den ich in ausgesprochen schlechter Erinnerung hatte, weil er die Siedler Martin und Parson im Saloon nötigen wollte, sich mit ihm zu schießen, was den sicheren Tod der beiden bedeutet hätte.
„Ja“, rief ich unterdrückt. „Es ist der Marshal. Jetzt ist er auf dem Weg zur Hölle. Komm her!“
Ich hoffte, dass es mir gelungen war, den Kerl zu bluffen.
Tatsächlich löste sich seine Gestalt aus der Finsternis, kam näher und nahm Formen an, und als sie auf fünf Schritte heran war, richtete ich mich mit einem Ruck auf, schlug das Gewehr auf sie an und stieß hervor: „Lass die Waffe fallen, mein Freund. Ich brauche nur den Finger krumm zu machen.“
Er hielt an, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Im ersten Reflex wollte er das Gewehr an die Hüfte ziehen, doch auf halbem Weg holte sein Verstand diesen Reflex ein und er stand wie erstarrt.
„Weg mit dem Gewehr!“, gebot ich mit klirrender Stimme und machte zwei Schritte auf den Burschen zu.
Ich konnte hören, wie er mit den Zähnen knirschte. Plötzlich aber öffneten sich seine Hände und das Gewehr prallte im nächsten Moment auf den Boden.
„Umdrehen!“, kommandierte ich und machte zwei weitere, kleine Schritte auf ihn zu. Sein Gesicht war ein heller Fleck in der Nacht, seine Augen glitzerten im unwirklichen Licht wie Glas. Ich tupfte mit der Winchestermündung gegen seinen Leib. „Mach schon!“
Er drehte sich um, nach der halben Drehung jedoch griff er zum Revolver. Doch bei dieser Sorte war ich auf alles gefasst. Ein Schlag mit dem Gewehr, sein Hut flog davon, er wankte zur Seite und ächzte, doch da traf ihn der Lauf erneut mit stählerner Härte und er brach, wie vom Blitz getroffen, zusammen.
Jetzt aber vernahm ich hinter mir ein langgezogenes Stöhnen. Der andere der beiden Gunslinger war erwacht. In seinem Holster steckte noch der Revolver. Ich wirbelte herum, einige schnelle Schritte brachten mich an ihn heran, ein Schlag, und er schlief wieder.
Ich schleifte die reglose Gestalt zu dem anderen der Kerle hin, zog beiden die Revolver aus den Futteralen, schleuderte sie in die Finsternis hinein, ließ ihre Gewehre folgen, nahm ein Handschellenpaar aus der Jackentasche und fesselte ihre rechten Hände zusammen. Wenn sich einer von ihnen vorwärts bewegte, musste der andere rückwärts gehen.
Ich war zufrieden. Zwei der Halunken hatte ich ausgeschaltet.
Und nun zog ich mich zurück, denn ich war davon überzeugt, dass mein Schuss auch die anderen herlockte.
Ich lief auf den Farmhof, klopfte gegen den Fensterladen links von der Tür und rief unterdrückt, aber dennoch eindringlich: „Hier ist U.S. Deputy Marshal Logan. Hören Sie mich?“
Ich vernahm das Knirschen eines Riegels, dann wurde der Laden einen kleinen Spalt geöffnet, eine Stimme zischelte: „Wenn das ein Trick ist …“
„Kein Trick!“ fiel ich der Sprecherin ins Wort. „Ich habe zwei der Schufte aus dem Verkehr gezogen. Die anderen drei werden gleich hier sein. Ist bei Ihnen alles in Ordnung?“
„Ja. Diese Halsabschneider wollten, dass wir bis zum Morgen von der Farm verschwunden sind. Sie waren drauf und dran, im Farmhaus Feuer zu legen. Sie hat der Himmel geschickt, Marshal.“
„Sind Sie bewaffnet?“
„Wir besitzen ein Gewehr und einen Revolver.“
„Gut, machen Sie davon Gebrauch, wenn jemand versucht, gewaltsam ins Haus einzudringen.“
„Wir werden nicht zögern“, erklärte einer der Söhne der Siedlergattin.
„Dann schließen Sie jetzt wieder den Laden“, sagte ich.
„Gott sei mit Ihnen, Marshal“, murmelte die Frau, dann zog sie den Laden zu und ich konnte hören, dass sie ihn von innen wieder verriegelte.
Ich zog mich in den Schlagschatten des Farmhauses auf der Giebelseite zurück. Die Nacht schien Unheil zu versprechen, deutlich spürte ich den Pulsschlag der tödlichen Gefahr, die mich umgab.
Einige Zeit verstrich, dann erklang eine raue Stimme: „Steve, Stan!“
Der Rufer erhielt keine Antwort. Die beiden Kerle lagen noch in tiefer Bewusstlosigkeit. Eine Verwünschung erklang, dann rief die Stimme von eben: „Okay, schnappen wir uns den Hurensohn. Dann sorgen wir hier für klare Verhältnisse und brennen das Gerümpel nieder. Wenn ihr ihn entdeckt, zögert nicht.“
Die letzten Worte waren erschreckend in ihrer Unmissverständlichkeit.
Ich starrte in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Und dann nahm ich zwischen zwei Schuppen eine Bewegung in der Dunkelheit wahr, ein Schaben erreichte mein Gehör, und dann sah ich eine schattenhafte Gestalt an der Schuppenecke. Sie hielt an und schien den Hof zu beobachten. „He“, rief ich und trat einen Schritt nach vorn. Sofort glühte es beim Schuppen auf, aber ich war sofort zur Seite gesprungen und feuerte ebenfalls. Die ineinander verschmelzenden Detonationen wurden über den Hof und gegen die Gebäude geschleudert. Das Geschoss des Revolverschwingers verfehlte mich, meine Kugel hingegen hatte ihr Ziel gefunden. Der Bursche wankte drei – vier Schritte in den Hof und brach zusammen. Doch da zerteilte einige Schritte hinter der Stelle, an der er gestanden hatte, ein Mündungslicht die Finsternis. Aber ich war erfahren genug und hatte sofort nach meinem Schuss die Stellung gewechselt, indem ich einen weiteren Schritt zur Seite geglitten war. Und jetzt schoss ich dorthin, wo soeben das Mündungsfeuer verglüht war. Einmal, zweimal, dreimal in rasender Folge. Repetieren und feuern war ein einziger, fließender Bewegungsablauf.
In die verhallenden Detonationen hinein vernahm ich einen schweren Aufprall. Dann kehrte Stille ein. Sie dauerte ungefähr fünfzehn Sekunden, dann kam Hufgetrappel auf, das sich in Windeseile entfernte.
Der fünfte der Halunken hatte die Flucht ergriffen.
Dennoch wartete ich ab, denn es konnte eine Finte sein. Doch irgendwann verlor ich die Geduld und trat vorsichtig auf den Farmhof. Ich setzte dabei alles auf eine Karte. Aber nirgendwo blitzte es auf, kein Knall stieß heran.
Ich ging zum Farmhaus, pochte gegen den Fensterladen und rief: „Die Gefahr ist gebannt, Sie können herauskommen. Bringen Sie eine Laterne mit.“