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Kapitel 5

Herrliches Österreich

Beim Grenzübertritt bei Salzburg gab es natürlich keine Schwierigkeiten. So nahm ich mir die Zeit, Salzburg anzusehen. Ich fuhr kreuz und quer durch die City und trank noch gemütlich in einem Straßencafé einen Cappuccino. Langsam wurde es Zeit, mir für die Nacht ein Lager zu suchen. Von meinem Vorhaben, so oft wie möglich zu zelten, war ich bereits nicht mehr so überzeugt. An den Luxus, am Abend eine Dusche zu haben und meine elektronischen Geräte an einer Steckdose zu laden, hatte ich mich sehr schnell gewöhnt. In der Stadt selbst wollte ich nicht übernachten. Deshalb fuhr ich hinaus ins schöne Salzkammergut.

Allerdings hatte ich die Rechnung nicht mit den Bergen gemacht. Gleich nach Salzburg ging es steil bergauf, für den Spätnachmittag noch einmal eine gute Trainingseinheit, es war mir ja bewusst, dass ich mich am Rande der Voralpen befand. Wieder wurde es spät, doch ich bekam nach drei Fehlversuchen ein schönes, aber teures Zimmer im kleinen Ort in Hof bei Salzburg. Das Essen, das ich in der gemütlichen Gaststube zu mir nahm, war, wie ich es von Österreich her kannte, besonders gut. Ich saß an einem Tisch neben dem Stammtisch, der gut und gerne 20 Einheimischen Platz bot, die mich mit ihrem österreichischen Dialekt als einzigen weiteren Gast und Beobachter gut unterhielten. Nach dem Essen gesellte sich noch der Wirt zu mir an den Tisch. Natürlich hatte er mitbekommen, dass ich mit dem Rad unterwegs war und platzte fast vor Neugier. Da ich ja nun immerhin schon ein Ausländer war, konnte ich etwas entspannter über meine Reise berichten. Allmählich merkte ich auch, dass mir ein respektvollerer und weniger ungläubiger Blick entgegenkam, wenn ich davon sprach.

Dann wurde es aber auch schon wieder Zeit für mich, meine Tagesberichte zu schreiben, meine Daten vom GPS-Tacho auszulesen und in mein Bordbuch einzutragen. Schließlich wollte ich meine Reise nicht nur erleben, sondern auch dokumentieren. Außerdem hatte ich vor meiner Abfahrt eine WhatsApp-Gruppe angelegt, an die ich jede Woche am Freitag einen Reisebericht senden wollte. Anfangs waren 70 Leute Mitglied. Das steigerte sich im Laufe meiner Reise auf 145. Der erste Bericht fiel jedoch nicht so umfangreich aus, da ich anfangs noch alles auf dem Handy schrieb und auch noch nicht viel zu erzählen wusste.

Später legte ich mich zufrieden in meinem Zimmer, das viel zu groß für mich alleine war, nieder und freute mich auf den nächsten Tag, da meine Strecke an einigen bekannten Seen vorbeiführen sollte.

Der erste Blick aus meinem Fenster früh am Morgen fiel auf Weiß. Am Abend zuvor hatte sich mir noch ein herrliches Bild über die Alpenlandschaft geboten. Dichter Nebel hatte sich in der Nacht über die Wiesen und Wälder gelegt. Also packte ich mein Fahrrad bei frischen 4 Grad in der Hoffnung, dass sich der Nebel verzog. Einzelne hartnäckige Schneefelder lagen noch in Schattenlöchern und kühlten die Luft im dichten Nebel spürbar ab.

Nicht lange nach meiner Abfahrt konnte ich jedoch die Früchte meiner vorabendlichen Bergfahrt ernten, denn die Straße hinunter zum Fuschlsee war ein angenehmer Abschnitt. Zudem lichtete sich der dichte Nebel, und ein stahlblauer Himmel ließ die Landschaft erstrahlen. Meine Handschuhe verschwanden in der Lenkertasche, und hochmotiviert ging es Richtung Wolfgangsee. Es war wunderschön und auch gewissensberuhigend, durch diese Landschaft mit dem Rad Co2-neutral unterwegs zu sein. Schon bald war ich am Wolfgangsee vorbei, der zu dieser Jahreszeit noch vom Massentourismus verschont blieb. Weiter ging es talauswärts über den schönen Ort Bad Ischl, der wie eingebettet zwischen den hohen Bergen am gleichnamigen Fluss Ischl liegt. Am Ende des Tals trifft die Ischl auf die Traun, wobei ein ordentlicher Fluss entsteht. Relativ entspannt fuhr ich an ihnen entlang, da es ja immer leicht bergab ging.

Am Nachmittag kam ich dann zum Traunsee, der mir zum ersten Mal fast den Atem raubte. Ein kristallklarer Bergsee mit wunderschönen Orten, die zum Urlaubmachen einladen. Leider war es noch zu früh am Tag, um das Lager aufzuschlagen, obwohl ich mir das ruhig hätte gönnen können. Ich lag bereits zwei Tage vor meinem gesteckten Zeitplan. Am Abend fand ich dann in einem kleinen Ort Unterkunft in einem Brauereigasthof, der den schönen Namen „Bierhotel“ hatte. Wieder aß ich hervorragend und genehmigte mir zwei Glas vom brauereieigenen Gerstensaft. Überhaupt hatte ich mir mittlerweile angewöhnt, mir am Ende eines anstrengenden Tages ein Feierabendbier zu genehmigen und das als Nicht-Biertrinker, was im Laufe der Reise jedoch noch einige Schwierigkeiten mit sich bringen sollte. Am Abend ergab sich noch ein interessantes Gespräch mit dem Wirt, der ursprünglich aus der Slowakei stammte und mit seiner Frau zusammen diese Gaststätte seit vielen Jahren betrieb. Er beklagte sich über die hohe Steuerlast und die sinkende Nachfrage, das unzuverlässige Personal und die steigende Anzahl der unzufriedenen Gäste. Letzteres konnte ich gar nicht nachvollziehen, da die Gaststube ein unglaublich gemütliches Flair hatte, das Essen urtypisch und gut und die Zimmer nagelneu renoviert waren. Trotzdem kamen mir die Sorgen irgendwie vertraut vor.

Am nächsten Tag fuhr ich dann ein schönes Stück entlang der Traun, bis sie sich in der Nähe von Linz mit der Donau vereinigt, wobei ein gewaltiger Strom entsteht. Von hier an war es dann für lange Zeit vorbei mit steilen Steigungen, denn ich radelte überwiegend flussabwärts am Donauufer entlang. Der Uferweg, der ja bekanntlich bis zum Schwarzen Meer an der Donau entlangführt und oft als schön und romantisch beschrieben wird, konnte von mir lediglich die Note 3 von 6 bekommen. Lange Strecken führen über angelegte Dämme, die schnurgerade an der von Menschenhand begradigten Donau verlaufen. Nur selten kamen Waldwege oder Engstellen vor, wo sich die Wassermassen ihren Weg durch die hüglige Landschaft zum Schwarzen Meer suchen müssen. Kam aber so ein Abschnitt, dann war es ein Traum, bei angenehmen Temperaturen durch diese Gegend zu radeln, in der, wie schon die ganze Strecke bis hierher, das Frühjahr die Landschaft in einen blühenden Großgarten verwandelte. Nur wenn ich über 600 bis 700 Höhenmeter kam, bemerkte ich, dass das Jahr noch nicht sehr alt war. Die Fahrt an der Donau entlang blieb dennoch unspektakulär, da hier in der Gegend Radreisende nicht selten sind. So fuhr ich locker, ohne mich großartig anstrengen zu müssen, am Flussufer bis nach Wien. An einem Tag schaffte ich sogar einmal 142 km und hatte somit einen ersten Streckenrekord, der lange Zeit Bestand hatte. Am 9. Tag kam ich bereits am Mittag in Wien an. Die Innenstadt mit dem Rad zu erkunden, ließ ich ausfallen, da ich schon mehrere Male dort gewesen war. Zudem hatte ich immer noch einen ordentlichen Respekt, mit meinem vollbepackten Rad eine Großstadt zu durchqueren. Deshalb blieb ich am Donauufer. Leider fand ich hier nur Industrie und Lastkähne vor. Vom Wiener Charme war nicht viel zu sehen. Nach einer kleinen Mittagspause fuhr ich dann raus aus der Stadt in Richtung ungarischer Grenze. Die Landschaft war relativ flach, und ich hatte ausnahmsweise keinen starken Gegenwind. Gedankenversunken und angetan von der Weite dieser Gegend, die allerdings durch unzählige Überlandleitungen und noch mehr Windräder gestört war, bemerkte ich, dass ich an diesem Tag noch die Grenze zu Ungarn erreichen konnte. Ich legte einen Gang zu und trat, was das Zeug hielt. Selbst überrascht von meiner guten Kondition erreichte ich dann abends um 18 Uhr die Grenze zu Ungarn. Der Grenzübertritt war auch hier noch kein Problem. Es galt auch das Zahlungsmittel, das ich gewohnt war. Ganz schnell wurde mir klar, dass ich hier jedoch mit 10 Euro weiter als in Deutschland kam. Das Zimmer, das ich 5 km nach der Grenze fand, kostete 18 Euro und war in einem gepflegten Haus. Drumherum war weit und breit nichts, nur dieses Haus, und so verbrachte ich den Abend im Garten alleine, da ich der einzige Gast war. Nun lagen zwischen mir und meiner Heimat schon ein Land und 960 km.

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