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ОглавлениеZwischen Anspruch und Wirklichkeit
[no image in epub file]Texterklärung
In diesem Abschnitt geht Paulus auf „den“ Juden ein, ohne zu unterscheiden, ob und wie viele seiner Beschreibung entsprechen. Er hat in gleicher Weise bereits über „die“ Heiden geschrieben. Er stellt also das jeweils Typische dar.
Beachten Sie den Gegensatz von „du nennst dich ein Jude“ (17) und „der ist ein Jude …“ (29). Diese scheinbar unbedeutende Nuance erweist sich beim näheren Hinsehen als eine erhebliche Kluft. Anspruch und Wirklichkeit stimmen hier nicht überein. Paulus stellt fest, dass „der“ Jude Gottes Willen zwar kennt (18) und auch lehrt (19-22), aber selbst hält er das Gesetz nicht ein (25).
Damit sind die Juden nicht besser als die sogenannten Unbeschnittenen*, die er im Gefühl der sittlichen und religiösen Überlegenheit so gern verachtet. Paulus spitzt zu, was er in Vers 11 bereits ausgeführt hat: Gott schaut weder auf die Person noch auf die konfessionelle Zugehörigkeit. Vielmehr beurteilt er, wie ein Mensch tatsächlich lebt (26-27). Damit greift der Apostel das Fundament jüdischen Selbstverständnisses an. Sein Ziel ist nicht die Provokation an sich. Vielmehr zieht er seinen jüdischen Lesern das Ruhekissen einer falschen Heilssicherheit weg, damit sie sich der Realität stellen.
* Siehe Erläuterungen zu Unbeschnittener
[no image in epub file]Fragen zum Text
1 Wie beschreibt Paulus die – zunächst positiven – typischen Verhaltensweisen der Juden (17-18)?
2 Was erfahren wir über die Widersprüchlichkeit in der oft anzutreffenden Lebensweise jüdischer Frömmigkeit?
3 Wie definiert Paulus die Bezeichnung „Jude“ (28-29)? Lesen Sie dazu auch Offenbarung 2,9; 3,9.
[no image in epub file]Übertragung ins Leben
Unterschiedliche Prägungen des Glaubens dokumentieren die bunte Vielfalt christlicher Überzeugungen. Oft stehen sie als Erkennungszeichen für die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Das betrifft Verhaltensregeln im Alltag, Abläufe im Gottesdienst oder Traditionen für besondere Phasen des Lebens wie Geburt, Hochzeit und Tod. Sie geben dem jeweiligen Bekenntnis ihre typische Gewichtung und einen festen Rahmen.
Problematisch sind weniger die Unterschiede konfessioneller Darstellungen, sondern der Verlust ihres Inhalts. Mit der vermeintlich richtigen Taufe – um nur ein Beispiel zu nennen – werden Christen vor Gott ebenso wenig punkten können wie Juden mit der Beschneidung, wenn der Glaube fehlt. Es geht also um die Nähe zu Gott und nicht um religiöse Ausdrucksformen.
[no image in epub file]Gesprächsimpuls
Kreuz, Taufe, Haartracht, Kopftuch, Bibellesen, Gebet, Fischaufkleber, liturgische Ordnungen, Gottesdienstbesuch – welchen Stellenwert hat all das für Ihren Glauben?