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Der Römerbrief

Gerade hat Paulus in Ephesus mit knapper Not einen Aufstand überstanden, der als Reaktion „über den neuen Weg“ entstanden war (Apostelgeschichte 19,23). Gemeint ist die Botschaft von Jesus Christus, die Juden und all denen gilt, die ihr Vertrauen auf Jesus setzen. Über Mazedonien reist der Apostel weiter nach Griechenland und legt in Korinth einen Zwischenstopp ein. Drei Monate bleibt er in dieser Weltstadt. Aber nicht, um sich zu erholen, sondern um sich auf die nächsten Etappen seines Dienstes in der Verkündigung vorzubereiten. Der Apostel plant, mit einer Geldsammlung der Gemeinden aus Mazedonien und Griechenland nach Jerusalem zu reisen, um anschließend nach Rom zu kommen (Apostelgeschichte 19,21). Dazu soll ihm das Schreiben an die Christen in Rom den Weg bereiten. Er hofft, sie besuchen und Gemeinschaft mit ihnen haben zu können. Dabei rechnet er damit, dass sein Aufenthalt dort ein Sprungbrett für seine Tätigkeit im Westen sein kann. Die Meeresenge zwischen Gibraltar und dem Kontinent Afrika bildet die Grenze der damals bekannten Welt. Der Mann hat Ziele! Bis dahin möchte er kommen. Dort leben zu dieser Zeit bereits sehr viele Juden in den römischen Kolonien. Bei seiner unmittelbar vor ihm liegenden Etappe wird er sich in Jerusalem den Fragen seiner Gegner nach der Bedeutung der Juden vor Gott stellen müssen. In Rom hingegen wird er es ebenso wie jetzt in Korinth überwiegend mit Christen zu tun haben, die aus einem heidnischen Umfeld stammen. All dies schlägt sich in seinem Brief nieder. Paulus schreibt übrigens nicht selbst, sondern diktiert den Brief einem gewissen Tertius. Wie es aussieht, wird das wertvolle Dokument schließlich von der einflussreichen Christin Phöbe den Christen in Rom überbracht. All das lesen wir im letzten Kapitel des Briefes. Das gesamte Schriftstück ist ein Meisterwerk. Stellt es doch gedanklich wohlgeordnet dar, was Christen glauben. Verschaffen Sie sich einen Überblick:

Eine Darstellung der Glaubenslehre (1–11)

Im ersten Teil des Briefes legt der Apostel dar, was Christen glauben. Es ist eine systematisch angelegte Darstellung der geistlichen Grundlagen (Dogmatik). Durch sie erhellt Paulus die Botschaft des Alten Testaments, die in Jesus Christus zum Ziel gekommen ist.

Die Herrschaft der Sünde (1–2)

Die Nationen erkennen Gott nicht (1)

Menschen aller Völker haben eine Ahnung darüber, dass es Gott gibt, denn sie sehen in der Natur seine „Handschrift“. Aber es fehlt ihnen die Erkenntnis über Gott. Entsprechend menschlich fallen ihre Vorstellungen über ihn aus. Sie leben orientierungslos auf sich selbst reduziert.

Gotteserkenntnis ohne Gehorsam bei den Juden (2)

Gottes Volk hat schriftlich festgehaltenes Wissen über den lebendigen Gott. Er hat sich ihm immer wieder mitgeteilt. Was für ein Privileg! Im Stolz darüber haben jedoch viele Juden übersehen, dass die bloße Erkenntnis über Gott einen Menschen noch nicht verändert. Den Angehörigen aus den Nationen verurteilt das Gewissen, den Juden die Unerbittlichkeit des Gesetzes.

Herrschaftswechsel (3–5)

Alle Menschen können durch Glauben gerettet werden (3)

Gott hat seinen Sohn Jesus Christus Mensch werden lassen, damit er die Strafe für unsere Sündhaftigkeit auf sich nimmt und stellvertretend für uns stirbt. Wer Jesus vertraut, gilt vor Gott als gerecht.

Was heißt denn nun „glauben“? (4)

Am Stammvater des Volkes Israel zeigt Paulus auf, was den Glauben charakterisiert: das unbeirrte Festhalten an Gottes Zusagen. Diese innere Festigkeit kann durch äußere Formen des Glaubens ausgedrückt, aber nicht ersetzt werden.

Durch den Glauben Frieden mit Gott (5)

Durch den Glauben ist es wieder möglich, in Beziehung mit Gott zu leben. Als Adams Nachkommen leben wir von Natur aus fern von Gott und sind dem Tod unterworfen. Jesus ist Gottes Angebot, die Gerechtigkeit seines Sohnes und das ewige Leben zu erlangen.

Das neue Leben aus Gott (6–8)

Umkehr – der Beginn eines Veränderungsprozesses (6)

Die Umkehr zu Gott stellt den Beginn des neuen Lebens mit ihm dar. Die Chance, so zu leben, wie es Gott gefällt, erfordert immer wieder die Entscheidung zum Gehorsam.

Zum täglichen Gehorsam herausgefordert (7)

Die menschliche Natur ist nicht fähig, Gott zu gehorchen. Das stellt ein echtes Dilemma dar. Gute Vorsätze reichen oft nicht aus, um das Gefälle zur Sünde zu überwinden. Charakterliche Schwächen und schlechte Gewohnheiten bleiben Herausforderungen.

Leben aus der Kraft des Heiligen Geistes (8)

Gottes Geist hat die Kraft, wozu der Mensch aus eigenem Vermögen nicht in der Lage ist: Er überwindet die Schwachheit der sündhaften Natur. Die Innewohnung des Heiligen Geistes ist ein nicht kopierbares Merkmal der Erlösten.

Gottes Weg mit seinem Volk Israel (9–11)

Gott hat Israel als Volk erwählt (9)

Diese Erwählung beruht allein auf Gottes Souveränität. Sie ist nicht das Verdienst eines Einzelnen oder eines Volkes.

Israel wird seiner Erwählung nicht gerecht (10)

Die Mehrheit der Juden hält an der Vorstellung fest, sich durch das Halten der Gesetze die Gotteskindschaft verdienen zu können. Sie verschließt sich damit dem Angebot der Gnade durch Jesus Christus.

Gott hält an der Erwählung fest (11)

Gott nimmt unterschiedslos alle Menschen an, die ihr Vertrauen auf Jesus Christus setzen. Damit erhalten sie Anteile an den Zusagen, die ursprünglich nur seinem irdischen Volk galten. Gottes Absichten, die mit Israels Erwählung verbunden sind, werden dadurch aber nicht aufgehoben.

Die Umsetzung des Glaubens in den Alltag (12–16)

Im zweiten Teil des Briefes entfaltet der Apostel, wie Glaube sich im Alltag bewährt (Ethik). Die praktischen Aspekte dieser Kapitel tragen der Unvollkommenheit der menschlichen Natur Rechnung. Die Chance des Neuwerdens basiert also auf einer realistischen Einschätzung des Ist-Zustandes. Aber auch auf der Gewissheit, dass Gottes machtvoller Geist einen Menschen in seinem Denken und Handeln radikal verändert.

Das gesamte Leben ein Gottesdienst (12)

Das Neuwerden ist ein Veränderungsprozess. Er steht im genauen Verhältnis zu unserer Bereitschaft, Gottes Geist an uns handeln zu lassen. Dabei geht es nicht um Gleichschaltung, sondern um die Ergänzung im Miteinander. Gottes Geist gestaltet uns so um, dass wir durch ihn unterschiedlich befähigt werden.

Christen als Staatsbürger (13)

Staatliche Gemeinwesen brauchen Ordnungen, sonst herrscht das Chaos. Christen sind dazu aufgerufen, sie grundsätzlich als von Gott gewollt zu akzeptieren. Zugleich haben sie die Chance, sie durch die goldene Regel der Liebe von innen heraus zu verändern.

Bedrohte Einheit (14,115,21)

Glauben kann unterschiedliche Ausdrucksformen haben. Oft sind sie geprägt durch die Erfahrungen, den kulturellen Hintergrund und die Prägung der Persönlichkeit. Damit ist Streit vorprogrammiert. Es sei denn, Christen begegnen einander mit Rücksicht und Achtung.

Briefschluss (15,2216,27) Hinweise zur Abfassungszeit des Briefes

Der Einblick in das Ergehen und die Pläne des Apostels ermöglichen es, die Umstände und Abfassung des Briefes in sein gesamtes Wirken einzuordnen. Wenn Sie mögen, dann markieren Sie sich doch die beiden Hinweise in Apostelgeschichte 19,21 und 20,2-3. Auf diese Weise können Sie auch noch später die chronologische Zuordnung nachvollziehen.

Bei den Versuchen, den Brief kalendermäßig zu datieren, gibt es unterschiedliche Annahmen. Schauen Sie einfach mal in den Anhang Ihrer Bibel unter der Rubrik „Zeittafel“. Sicher ist, dass der Brief nach dem Jahr 54 geschrieben wurde, denn bis zu diesem Jahr herrschte Kaiser Klaudius (41–54). Er hatte im Jahr 49 die Juden aus Rom vertrieben (Apostelgeschichte 18,2). Paulus lässt in seinem Brief an die Christen in Rom jedoch Priska und Aquila grüßen. Offensichtlich waren sie also unter der Herrschaft des neuen Kaisers in die Hauptstadt des Imperiums zurückgekehrt. Der Name jenes mächtigen Mannes lautet übrigens Nero. Er herrschte von 54–68 n. Chr.

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