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Prolog

Washington, 2. November, 2016

Joseph Robinette Biden war wieder einmal der Letzte, der den Cabinet Room - den Sitzungssaal der US-Regierung – betrat. Aber dieses Mal hatte er einen, wie er meinte, triftigen Grund, denn im letzten Moment war ihm eingefallen, dass er das kleine Hämmerchen für diese einmalige Amtshandlung benötigen würde, mit dem er normalerweise als Vorsitzender die Sitzungsbeschlüsse des Senats lautstark besiegelte.

Kurz vor Beginn der Sondersitzung war ihm das gerade noch eingefallen und so hatte er seinen persönlichen Adjutanten losgeschickt, um dieses wichtige Artefakt der amerikanischen Senatspolitik noch rechtzeitig heranzuschaffen.

Dieses berühmte Hämmerchen stammte aus dem Jahr 1954 und war ein geschichtsträchtiges Geschenk der indischen Regierung, nachdem das Vorgängermodell, das bereits seit 1834 im Einsatz war, aus Verschleißgründen splitterte und ersetzt werden musste.

Ob dieses vergleichsweise winzige Holzhämmerchen heute wirklich zum Einsatz kommen würde… darüber wollte sich John Biden im Moment keine tiefergehenden Gedanken machen, denn schon alleine diese Zusammenkunft aller politischen Mächte und das Anliegen war ein noch nie da gewesenes Ereignis in der amerikanischen Politik. Aus Sicherheitsgründen beschützten deshalb auch die doppelt und dreifache Menge an CIA- und NSA-Agenten die Zusammenkunft und darüber hinaus dienten Hunderte zusätzlicher Polizisten, die sogar die Straße vor dem Weißen Haus abgesperrt hatten, denn eigentlich war es seit 9/11 nicht mehr erlaubt, dass sich die gesamte Regierung, inklusive aller Bundesrichter und den Vorsitzenden von Senat und Kongress in einem einzigen Raum traf.

Doch angesichts der Vorfälle der vergangenen Monate war es zwingend vorgegeben und vor der Sitzung war öffentlich bereits klar und deutlich die Devise ausgegeben worden, dass man sich entweder einstimmig entscheiden würde, oder der Status Quo bliebe unverändert.

Obwohl der Cabinet Room eine aufwendige Klimaanlage hatte, war durch die aktuelle Überfüllung ein, durchaus als stickig zu bezeichnendes, Klima entstanden, das bei einigen der Anwesen-den sichtbare Schweißperlen erzeugte und obwohl jede Menge erfrischender Getränke auf den Beistelltischen bereit standen, hatte der eine oder andere der Anwesenden einen extrem trockenen Mund.

Jeder im Raum war sich bewusst, dass es in der gesamten amerikanischen Politikgeschichte noch nie einen vergleichbaren Vorfall gegeben hatte und da die Verfassung immerhin schon seit dem Jahr 1787 in Kraft war, stellte die geplante Abstimmung eine Sensation dar, die der Tatsache geschuldet war, dass der Planet Erde definitiv „under attack“ einer unbekannten und fremden Intelligenz war.

Die Kernfrage lautete: War es zum jetzigen Zeitpunkt opportun, wirklich die Wahl zum 45sten Präsidenten durchzuführen, denn da Barack Obama bereits schon zwei Wahlperioden regiert hatte, kam eine Wiederwahl unter normalen Umständen nicht in Frage.

Die drohenden Konsequenz war demnach, dass ein „neuer noch unerfahrener Mann/Frau an die Macht kommen würde, der/die dann eventuell sofort handeln musste, denn eines war allen Beamten im Cabinet Room völlig klar: Wenn der Welt die Rettung vor den unbekannten Angreifern gelingen könnte, dann wären/mussten die USA mit Sicherheit die Speerspitze dieser Abwehr /sein.

Deshalb wurde schon seit Wochen hinter den Kulissen im Geheimen verhandelt; denn diese Präsidentschaftswahl entschied nicht nur über das Schicksal der Vereinigten Staaten, sondern offensichtlich über das der gesamten Menschheit und da konnte man doch unmöglich einen politischen Anfänger an der Macht gebrauchen, sondern Barack Obama musste den Job einfach weiter machen, ob er wollte oder nicht!

Rein optisch hatten dessen weißen Haare in den letzten Stunden die Oberhand gewonnen, denn er sah wirklich alt und verbraucht aus. Insgeheim hatte er sich schon länger auf die bevorstehende Epoche als EX-Präsident gefreut - in der er nicht andauernd auf dem Präsentierteller der ganzen Nation herumtanzen musste, sondern sich lieber auf seine Basketballspiele und ein paar relaxte Golfrunden konzentrieren wollte. Doch im Moment sah es nicht besonders gut aus für seinen geplanten Ruhestand.

Mit leicht brüchiger Stimme ergriff er schließlich das Wort: „Nachdem wir in den vergangenen vier Stunden alle „Pros“ und „Contras“ gegeneinander abgewogen haben, müssen wir uns nun der Verantwortung unserer Entscheidung stellen.

Es steht wohl außer Frage, dass wir schon mit der Akzeptanz dieser Abstimmung die Grundsätze unserer traditionellen Verfassung außer Kraft setzen werden, aber es steht selbstredend auch außer Frage, dass unsere Gründungsväter keine Verfassung geschrieben haben, die sich je mit der Konfrontation fremder Intelligenzen auseinandersetzen musste und somit liegt es nun an uns zu entscheiden, wie wir uns bestmöglich gegen diesen mächtigen unbekannten Gegner verteidigen sollen.

Deshalb bitte ich Sie nun alle Ihre Stimme öffentlich abzugeben - das sind wir unseren Amt und unseren Wählern schuldig.

Was die Dauer dieser dritten Amtszeit betrifft kann ich alle politischen Zweifler beruhigen, denn ich habe nicht vor auch nur einen Tag länger im Amt zu verweilen, als es das Volk und die hier anwesenden Repräsentanten beschließen - aber selbst-verständlich bin ich mir bewusst, dass ich den Ausgang dieser Abstimmung akzeptieren werde - egal für wie lange dieses Mandat ausgesprochen wird. Ich stelle mich der Verantwortung.“

Vizepräsident Biden fokussierte die Gesichter aller Anwesenden - eines nach dem anderen - und was er sah, empfand er in erster Linie als „Angst“.

Alle neun Richter des Supreme Courts präsentierten tiefe Sorgenfalten, Anspannung und Unsicherheit. Sie waren die einzigen Würdenträger, die eine lebenslange Garantie für ihre Posten beim höchsten amerikanischen Gericht hatten, aber alleine die Tatsache, dass sie erstmals eine Entscheidung dieser Größe und Wichtigkeit mit tragen mussten, machte sie sichtlich nervös.

Selbst ein Hardcore-Republikaner wie Reince Priebus, der Parteivorsitzende, kaute nervös auf seinem Kugelschreiber herum, denn gerade er war vielleicht der Einzige, dem man ein negatives Votum zutrauen würde, doch seine versteinerte Miene wirkte angesichts der Situation eher resignierend.

Sein Auftritt war der letzte vor der Abstimmung und wer jetzt ein fulminantes Aufbegehren der Opposition erwartet hatte, spürte schon nach wenigen Sätzen, dass die Chancen für Widerstand schlecht standen: Die Bedrohung von Außen war demnach einfach zu intensiv; niemand wollte jetzt die Verantwortung für die Zukunft der Nation übernehmen - warum also nicht alles beim Alten belassen?!

Außenminister John Kerry schwitzte sichtbar und sah mit seiner Klebstoff-Frisur fast so aus wie SAM EAGLE aus der Muppet Show. Hinter ihm saßen die Bundesrichter von denen man ein gemeinsames unterstützendes Votum erwarteten konnte, aber im Fall auch nur einer möglichen Ablehnung wäre der Antrag definitiv abgeschmettert und es würde am 8. November 2016 ein neuer Präsident gewählt werden.

Der Zeitpunkt war gekommen, um das Holzhämmerchen der Macht einzusetzen und John Robinette - seines Zeichens auch der Vizepräsident der mächtigsten Nation der Erde - klopfte mehrmals energisch auf den Tisch, dann bekreuzigte er sich und zitierte die altbekannte Schwurformel: „Möge Gott, der Allmächtige an unserer Seite stehen und nicht nur uns, sondern auch allen anderen Nation helfen, diese Krise zu überwinden. Nun bitte ich Sie alle für oder gegen den Sonderantrag zu stimmen. Ihre Wahl beginnt jetzt.

Wer dafür ist, dem Antrag zuzustimmen, und damit die Wahl am 8. November 2016 ersatzlos abzusagen, der hebe jetzt bitte deutlich sichtbar seine rechte Schwurhand.“

Bis auf das Knistern einiger Jacketts herrschte unnatürliche Stille - Niemand wagte zu sprechen und alle Augenpaare spähten aufmerksam die Umgebung ab um herauszufinden, ob und wer den Antrag eventuell torpedierte. Nur Barack Obama fixierte unbewusst seine maßgefertigten Schuhe und war innerlich der Überzeugung, dass er auf alle Fälle die Arschkarte gezogen hatte. Egal, wie das hier in den kommenden Minuten ausging – bei einer Ablehnung würde er in der Chronik aller US-Präsidenten garantiert als „schwacher Präsident“ bewertet werden; obwohl er der erste schwarze POTUS der Geschichte war.

Wenn keine Gegenstimmen abgegeben werden, dann hatte er das Privileg als erster Präsident drei aufeinander folgende Amtszeiten auf sich zu vereinen - allerdings war es angesichts der aktuelle Umstände eher fraglich, ob es nach ihm überhaupt noch einen Präsidenten, respektive die Vereinigten Staaten, bzw, diesen Planeten in seiner jetzigen Form geben würde.

Auf den ersten Blick sah es so aus, als ob alle Anwesenden ihre rechte Hand gehoben hatten, aber Vizepräsident Biden wollte ganz sicher sein und fragte: „Zur Gegenprobe heben die Anwesenden bitte jetzt ihre rechte Hand, die gegen den Antrag stimmen!“

Der Protokollant hatte zwischenzeitlich alle Namen auf seiner Liste bearbeitet und sofort hellten sich seine Gesichtszüge merklich auf und er streckte seinen Daumen nach oben, als ob er im Kolosseum von Rom über das Schicksal eines unterlegenen Gladiators entscheiden müsste.

„Dem Antrag wurde EINSTIMMIG statt gegeben!“ jubilierte Sitzungsleiter John Biden und hieb mit dem kleinen Hämmerchen ein letztes Mal an heutigen Tag auf den Tisch im Cabinett Room, „und ich bin stolz, dass wir alle gemeinsam, Parteiübergreifend und durch die Bank, dem jetzigen Amtsinhaber unser Vertrauen ausgesprochen haben. Ein Hoch auf Präsident Barack Obama.“

Das war es dann mit dem Rückzug aus der großen Politik! Barack Obama stand langsam lächelnd auf und kassierte von allen Seiten großen Applaus, Schulterklopfen und man konnte die Erleichterung aller fast schon körperlich spüren.

„Auch wenn die Umstände meiner Wiederwahl alles andere als optimal sind und ich mich wirklich nicht um diese dritte Amtszeit gerissen habe, verspreche ich Ihnen, dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde, um unsere Nation mit allem, was ich zu bieten habe, zu verteidigen und aus der Krise zu führen. Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen und ich danke meiner Familie, die mich bei diesem Schritt bedingungslos unterstützt hat. In God we trust.“

KOLONIE 7

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