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2.2.3Die Nexus 6 Replikanten in Scotts Blade Runner (1982)

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Die Filmadaption Blade Runner von Ridley Scott basiert auf der Romanvorlage des US-amerikanischen Science-Fiction-Autors Philip K. Dick Do Androids Dream of Electric Sheep? (1968) und gilt heutzutage als Kultfilm und knüpfte vor allem in Aspekten, wie bspw. Szenenbild und Zukunftsinszenierung, an Metropolis an. In Blade Runner stehen dem Menschen ebenfalls Androide als Widersacher gegenüber. Während in Dicks Originaltext noch von Androiden bzw. Andys die Rede ist, wird im Film von ihnen als Replikanten gesprochen. Die Replikanten werden von unter der Leitung von Mister Tyrell von der Tyrell Corporation produziert, um als Sklavenarbeiter*innen in den extraterrestrischen Kolonien zu dienen. Sie sind lediglich zum Vergnügen oder zur Verrichtung schwerer körperlichen Arbeit gedacht. Anders als in den bisherigen Filmbeispielen wehren sich die KI gegen ihre auferlegten Rollen. Blade Runner stellt deshalb einen Meilenstein in der filmischen Verarbeitung der philosophischen Frage dar, welche Rechte KI erhalten sollten, wenn sie doch kaum noch vom Menschen hinsichtlich ihres Aussehens, ihrer Emotionen und Bedürfnisse zu unterscheiden sind. Vor allem, wenn sie sich ihrer künstlichen Existenz nicht einmal bewusst sind (vgl. Dyck, 2018). Die Grenzen zwischen Menschen und KI verschwimmen in Blade Runner vollkommen, da sie äußerlich nicht voneinander zu unterscheiden sind. Einzig mit Hilfe des Voight-Kampf-Tests können die Blade Runner, eine Spezialpolizei, die Replikanten durch eine provozierte emotionale Reaktion von Menschen unterscheiden.

Die sechste Generation der Replikanten ist sogar imstande eigene Gefühle zu entwickeln. Die Subjektwerdung der KI wird auch in diesem Film als Auslöser für Katastrophen betrachtet. Um dies zu verhindern wird ihre Lebensdauer auf vier Jahre verkürzt und ihnen wird es unter Todesstrafe untersagt zur Erde zu reisen. Ihr Aussehen pointiert zudem die mediale Repräsentation von Hypermaskulinität und Hyperfeminität. Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Replikanten verkörpern die jeweiligen gesellschaftlich konstruierten und unrealistischen genderspezifischen Schönheitsideale. Sie fungieren somit als filmtheoretische Paradebeispiel der Objektifizierung der Charaktere durch die Kamera und dem damit verbundenen Blickwinkel der Zuschauer*innen (vgl. Mulvey, 1999). Ihr Aussehen dient dem Spektakel. Der Blick ist jedoch nur eine Form der Machtdemonstration des Menschen gegenüber der KI. Der Mensch erschafft die Replikanten nach eigenen Wunschvorstellungen, degradiert sie zu Sklaven der Zukunft und bestimmt über deren Leben und Tod. Die Hoffnungen und Wünsche der Künstlichen Intelligenzen werden grundsätzlich missachtet.

Die Geschichte erreicht ihre thematische Klimax, wenn der Replikant Roy Batty seinen Schöpfer Mister Tyrell in dessen Privatdomizil überrascht, um von ihm sein Leben verlängern zu lassen. Nach einer kurzen Diskussion erfolgt die bittere Erkenntnis, dass Battys Wunsch nach einem längeren Leben unerfüllbar bleibt. Die Katastrophe ist demnach keine Katastrophe im engeren Sinn, sondern nur das Erkennen des natürlichen (menschlichen) Ablaufs des Lebens. In seiner Trauer um die Erkenntnis der Endlichkeit ähnelt er den Menschen am meisten, denn die Angst vor dem Sterben ist auch in der Menschheit tief verankert. Das Gefühl, welches Roy während dieser tieferen Einsicht übermannt, führt zu Aggression und Panik, welche ebenfalls Eigenschaften von Lebewesen sind. Aus Verzweiflung tötet er seinen Schöpfer Tyrell, der ihm diese unausweichliche Existenz einprogrammiert hat. Selbst dieser Racheakt lässt ihn menschlich wirken. Eine weitere emotionsgeladene Komponente zeigt Batty während des kämpferischen Höhepunktes des Films. In einem actionreichen Endkampf zwischen Deckard und Batty droht der Blade Runner von einem Dach zu fallen, wird aber von seinem Gegner, dem Replikanten, gerettet. Der Mensch überlebt nur durch das Erbarmen der Maschine. Ein neuer Blickwinkel, dass auch in der Realität Maschinen die Rettung der Menschheit sein können und die Angst vor Technischem ungerechtfertigt ist.

Dabei liegt in diesem Film das Hauptaugenmerk auf der Unterscheidung zwischen Mensch und Replikant und wie viele Rechte Letzterem aufgrund der Ähnlichkeit zum Menschen zustehen sollten. Die Fiktion verarbeitet dabei philosophische Fragen nach der eigenen menschlichen Identität und dem Umgang mit dem Fremden (vgl. Dyck, 2018). Blade Runner zeigt aber auch auf, wie schwierig die Trennung zwischen künstlich und natürlich ist. Einerseits findet durch die Humanisierung der Maschine eine Annäherung an den Menschen statt und andererseits ist durch die Technisierung des Menschen ebenfalls die Grenze zwischen beiden schwimmend. So stellt Donna Haraway in ihrem Essay A Cyborg Manifest (1984) die provokante These auf, dass Menschen sich seit dem 20. Jahrhundert zu Chimären aus Maschine und Organismus verwandelt haben und dadurch alle Cyborgs sind. In dem Film Blade Runner ist zudem nicht einmal sicher, ob der menschliche Protagonist tatsächlich ein Mensch ist, da sich die Replikanten, wie eingangs beschrieben, ihrer Künstlichkeit nicht immer bewusst sind.

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