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3. Unternehmensgeschichten 3.1 Veränderung erzählen

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Wie erzählen Unternehmen von Veränderung? Wie erzählen Berater*innen Veränderung? Über das Zweite wissen wir recht gut Bescheid. Kolleg*innen aus den harten Beratungen verkaufen Veränderung als Ausgleich eines Mangels an Wissen und einer fehlerhaften Projektsteuerung. Es sind Geschichten des Mangels und Geschichten des Versagens. Die weichen Beratungen erzählen Veränderung zu oft als Geschichte des Verlustes, als gefahrvolles Unternehmen, das den Mitarbeiter*innen etwas nimmt. Schnell gibt es Gute und Böse in der Geschichte – und beide Seiten folgen den klassischen Topoi der Märchen und Sagen. Die ‚Guten‘ trösten sich später mit den Versatzstücken christlicher Held*innengeschichten und warten so noch lange auf ihren Lohn, die Schlechten erhalten all die Attribute, die dem ‚Bösen‘ zukommen: Hartherzigkeit, Machtwillen, Unehrlichkeit. Selten wird Veränderung und Wandel als Geschichte der Chancen erzählt, selten kommt ‚Neuweh‘ vor, selten wird mit der Freude am Neuen gespielt.

In den Unternehmen überwiegen Geschichten der Sorge und des Misstrauens. Verlustängste gehen um, das Neue wird als das Gefahrvolle betrachtet. Die Basis dieser Geschichten ist real, das Neue ist das Ungewohnte und damit das, was sich nicht mit dem Tageswissen einfangen lässt. Es birgt in sich ‚Möglichkeiten‘ und damit zugleich die Sorge, dass die Möglichkeit Katastrophen birgt. Es entsteht Kontingenz und noch ist keine

‚Technik‘, noch ist keine Erzählung da, die sie bannt und zur täglich trivialen Berechenbarkeit macht.

Lange ist Veränderung über eine Angst- und Verlustgeschichte erzählt worden. Industrieverbände wie Gewerkschaften, Unternehmensführungen wie Politiker sprachen immer nur von den Gefahren, die es abzuwenden gelte. Jede konkrete Veränderung wurde mit der noch größeren drohenden Not begründet die eintreten würde, wenn es die Veränderung nicht gäbe. Leere Visionen, deren Größenphantasien auch nur halbherzig verkündet wurden, sollten die Verlustängste bannen. Veränderung in Deutschland ist ein gefahrvolles Abenteuer, für das immer einer wird bezahlen müssen.

Veränderung kann aber auch die große Chance der Kontingenz sein, die, die noch einmal alles möglich macht, die, die uns neue Möglichkeiten schenkt. Manch ein junger Mensch empfindet dies so und traut sich manchmal im Sog des gefahrvollen Unkens nicht, seiner Hoffnung, seinem noch schmalen Glück, dass es endlich anders werden könnte, Ausdruck zu geben.

Es ist die billige Münze der Berater*innen, für diesen Mainstream der Geschichten anderen Berater*innen oder den Führungskräften die Schuld zu geben. Es dürfte für diese Dominanz der eher furchtsam negativen Geschichten aber einen tieferen Grund geben – es sind Geschichten unserer Gesellschaft, Geschichten in denen und mit denen wir aufgewachsen sind. Solche Geschichten wollen wir aufspüren und wir wollen die anderen, die Gegengeschichten dazu finden oder erfinden, die es uns möglich machen, Veränderung offener und als Chance zu erzählen. Der Raum unserer Möglichkeiten wird durch unseren Blick auf ihn bestimmt. Je nachdem mit welcher Geschichte wir blicken, werden wir Chancen oder Risiken sehen.

Zukunft braucht konkreten ästhetischen Ausdruck, um ‚anders‘, um ‚neu‘ zu werden. Solange wir immer wieder in denselben Ausdruck greifen, werden wir stets dieselbe Zukunft sehen. Im besten Fall werden wir uns dann von den Geschichten am Rande unserer Gesellschaft Zukunft vorschreiben lassen. Dann hätten wir nur den einen Trost, mit unserer sperrenden Sorge und Angst recht gehabt zu haben.

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