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ОглавлениеVorwort
Staatsschuldenkrisen sind kein neues Phänomen. So fand der erste Zahlungsausfall bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. statt, als zehn der 13 Stadtstaaten, die sich unter Führung Athens zum Attischen Seebund zusammengeschlossen hatten, einen Kredit des Delos-Tempels nicht zurückzahlten.1 Damals wie heute im Fokus: Griechenland. Nur mit der Ausnahme, dass die heutige Krise weitreichender, vielfältiger und komplexer ist als die damalige und obendrein billionenschwere Kosten verursacht.
Wie konnte es so weit kommen? Haben die Volkswirte versagt? Die Politiker? Deren Wähler? Die Banker? Alle? Oder haben wir es mit einer tief greifenden ethischen Krise zu tun? Christen fragen sich, ob die Maßstäbe der Bibel zur Lösung der Probleme beitragen können, ob und wie Forderungen nach Gerechtigkeit und Solidarität anzuwenden sind. Ob es Sinn macht, verstärkt die Gier zu bekämpfen, mit Zinsverboten das Geldsystem umzukrempeln oder gar die Marktwirtschaft gänzlich abzuschaffen.
Wie könnte eine ökonomische Lösung aussehen? Eine große Inflation etwa, »zurück auf Los«? Auf Lenin geht das Bonmot zurück, der beste Weg, das kapitalistische System zu zerstören, sei die Zersetzung der Währung. Bei einem fortgesetzten Inflationsprozess könne der Staat, heimlich und unbeobachtet, einen beträchtlichen Teil des Vermögens seiner Bürger vereinnahmen.2 Er könnte dies aber auch ganz offen tun: So wartete der Internationale Währungsfonds mit dem Vorschlag auf, eine Sondersteuer auf 10 Prozent aller weltweiten Vermögen zu erheben, um die Staatsschulden wenigstens auf das Vorkrisenniveau zu senken.3
Ist das pragmatisch klingende »Weiter so« in der Euro-»Rettungs«-Politik am Ende doch »alternativlos«? »Ein Staat macht einen folgenschweren Fehler, wenn er Fakten leugnet, nur um das System zu schützen«, betonte der chinesische Künstler und Bürgerrechtler Ai Weiwei.4 Denkverbote sollten in unserer freiheitlichen Gesellschaft tabu sein; alternativlos ist nur das Ringen um die beste Lösung.
Reiner Osbild