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Erklärung der wichtigsten Begriffe

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EFSF = Europäische Finanzstabilisierungsfazilität

Ein von den nationalen Regierungen gespeister Fonds luxemburgischen Rechts, der maximal Kredite in Höhe von 440 Mrd. Euro vergeben kann. Der Löwenanteil der gewährten und zugesagten Mittel entfällt auf Griechenland mit 144,6 Mrd. Euro.

EFSM = Europäischer Finanzstabilisierungsmechanismus

Der EFSM stellt bis zu 60 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt für Krisen wie Energieengpässe und Naturkatastrophen bereit. Der deutsche Anteil daran beträgt 20 Prozent, das entspricht 12 Mrd. Euro.

ESM = Europäischer Stabilitätsmechanismus

Der ESM löst als permanente Einrichtung sowohl EFSF als auch EFSM ab. Er verfügt über 700 Mrd. Euro Stammkapital. Diese Summe teilt sich auf in 80 Mrd. Euro eingezahltes und 620 Mrd. Euro abrufbares Kapital. Der deutsche Finanzierungsanteil am ESM beträgt 27,15 Prozent. Dies entspricht rund 22 Mrd. Euro eingezahltem und rund 168 Mrd. Euro abrufbarem Kapital.

IWF = Internationaler Währungsfonds

Er wurde in der Nachkriegsära eingerichtet, um Leistungsbilanzkrisen im Kreise seiner Mitgliedsländer, mittlerweile 188 an der Zahl, zu beheben. Der IWF beteiligte sich bislang mit rund 70 Mrd. Euro an den Rettungstaten. Der deutsche Anteil beträgt 6 %.11

EZB = Europäische Zentralbank

Dies ist die gemeinsame Notenbank der Euro-Länder. Deutschland ist an ihr mit rund 18 Prozent beteiligt; mit diesem Anteil (1 948 Mio. €) muss Deutschland auch haften. Im EZB-Rat, der die operativen Entscheidungen trifft, gilt: eine Stimme pro Land.12 Pro eine Million Einwohner hat Deutschland damit das geringste Stimmengewicht, die »Zwergstaaten« Malta, Luxemburg, Zypern und Estland das höchste.

Die geldpolitischen Programme der EZB werden oft mit martialischen Namen aus der Militärgeschichte wie »Bazooka« und »Dicke Bertha« versehen. Im Wesentlichen stecken zwei Strategien dahinter:

• Direkte Interventionen: Durch den Kauf von Staatsanleihen werden die Kurse der Anleihen aus Krisenstaaten stabilisiert und ihre (Re-)Finanzierung verbilligt. Dieses Programm läuft unter der Abkürzung OMT für Outright Monetary Transactions.13

Das Bundesverfassungsgericht hat sich jüngst kritisch über die Rechtmäßigkeit der OMT geäußert, da sie anscheinend das EZB-Statut verletzten; jedoch wurde der Fall an den Europäischen Gerichtshof weitergereicht.

• Indirekte Interventionen (LTRO: Long Term Refinancing Operations): Das beinhaltet die Gewährung nahezu unbegrenzter Notenbankkredite an die Geschäftsbanken im Euroraum zu sehr niedrigen Zinsen. Dies sollte die Geschäftsbanken zum Kauf von Staatsanleihen veranlassen.

Target

Target ist ein System, mit dem die nationalen Zentralbanken den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr abwickeln. Die angeschlossenen Geschäftsbanken – beispielsweise die spanische Banco Popular – können es nutzen, um für ihre Kunden Überweisungen etwa nach Deutschland durchzuführen. Dabei weist die spanische Zentralbank die Bundesbank an, den Betrag der genannten Empfängerbank, zum Beispiel der Postbank, gutzuschreiben. Target 2 ist seit 2007 das Nachfolgesystem. In diesem sind im Zuge der Krise hohe Forderungen der Bundesbank gegenüber den Notenbanken Südeuropas aufgelaufen (vgl. die Diskussion ab S. 31). Müssen Target-Forderungen bilanztechnisch abgeschrieben werden, so mindert sich der Bundesbankgewinn, der an den Bundeshaushalt abgeführt wird.

GIPS und GIIPS

Die Krisenstaaten Griechenland, Irland, Portugal und Spanien werden nach ihren Anfangsbuchstaben als GIPS-Staaten bezeichnet. Für GIPS plus Italien hat sich die Schreibweise GIIPS durchgesetzt. Manchmal sprechen wir aber auch einfach von Südeuropa oder den Südstaaten, obwohl Irland im Nordwesten liegt.

Bruttoinlandsprodukt (BIP)

Das BIP umfasst den Gesamtwert aller in einem Jahr in einem Land erstellten Güter und Dienstleistungen; in Deutschland beträgt es rund 2,6 Billionen Euro. Dies ist das nominale BIP; nach Bereinigung um die Inflationsrate erhält man das reale BIP.

Das deutsche Haftungsrisiko von 574 Mrd. Euro ist fast so hoch wie die Steuereinnahmen des Jahres 2012. Da dieses nicht nur direkte Zahlungen, sondern auch Garantien und Haftungszusagen enthält, werden die ausgabenwirksamen Kosten wohl erst in einigen Jahren bekannt sein. Sprechen wir also nur über eine Art »worst case«? Ja und nein: Es kann weniger, aber auch mehr werden. Die Ungewissheit hängt damit zusammen, dass die Volkswirtschaft, anders als die Physik, keine exakte Wissenschaft ist. Reaktionen und Handlungen von Individuen, Firmen und Staaten sind nur schwer prognostizierbar. Maßgeblich für die endgültige Höhe der deutschen Haftung werden sein:

• Die wirtschaftliche Entwicklung der Krisenländer, die vom unkontrollierten Staatsbankrott bis hin zu einer raschen Erholung reichen kann.

• Die tatsächlichen Wertverluste der öffentlichen Anleihen der Krisenstaaten.

• Das Ausmaß der weiteren Interventionen der EZB.

• Die Fähigkeit des Bankensystems, die Eigenkapitalbasis zu stärken, um gegen Zahlungsausfälle von privaten Haushalten, Staaten und anderen Banken gewappnet zu sein.

• Die generelle Entwicklung im Finanzsystem. Leider ist die exakte Höhe der uneinbringlichen Kredite europäischer Banken nicht bekannt.14 Schätzungen bewegen sich zwischen 700 und 800 Mrd. Euro.15 Es würde die Staatengemeinschaft überfordern, wenn sie sie übernehmen müssen.

• Das Zusammenbleiben oder Auseinanderbrechen der Währungsunion, was – unter anderem – für die Werthaltigkeit der Target-2-Salden bedeutsam wäre.

• Die Dauer der Krise. In der Vergangenheit waren vergleichbare Krisen erst nach durchschnittlich acht Jahren ausgestanden. Danach würde es also bis circa 2018 dauern, ehe wieder Normalität einkehrt.16

• Psychologische Faktoren. Geduld ist sowohl in den Geberwie auch in den Nehmerländern gefragt.

Sollten hingegen große Volkswirtschaften wie Italien oder Frankreich ins Trudeln geraten und von der Geber- auf die Nehmerseite wechseln, würde die dann notwendige Aufstockung des ESM und anderer Maßnahmen alle Vorstellungen sprengen. Am Ende wäre die Rettungspolitik kaum noch finanzierbar.

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