Читать книгу Terras kosmische Bestimmung: SF Abenteuer Paket - Reinhard Köhrer - Страница 34
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ОглавлениеPaul Erixon hatte in einem der Aufenthaltsräume Platz genommen, die es in Port Mars inzwischen gab.
Er saß mit ziemlich stumpfsinnigem Blick vor seinem Kaffeebecher, wirkte nachdenklich dabei.
Die allgemeine Euphorie, die Port Mars erfasst hatte, schien Paul Erixon völlig unberührt zu lassen.
Erixon hatte zu jenen Unglücklichen gehört, die von der PAZIV als Saboteure wider Willen missbraucht worden waren. Mit Hilfe von posthypnotischen Befehlen war dies geschehen, die durch über das World Wide Web verbreitete visuelle Botschaften ausgelöst worden waren.
Überall in der Westunion waren aus harmlosen Mitbürgern gefährliche Saboteure geworden, bis es John Darran und seinen Leuten schließlich gelungen war, den Geheimdienst der PAZIV mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen.
James O'Donnell, dem Computerspezialisten der Darran Leute war es nämlich gelungen einen Virus in jenes Rechnersystem zu senden, von dem dieser teuflische Plan aus koordiniert geworden war. Die Welle der Anschläge war daraufhin verebbt.
Der Reaktor-Gau von Candermere bei Minneapolis war der schlimmste Vorfall dieser Art gewesen. Aber es gab Dutzende von Ereignissen, die das Leben in der Westunion mehr oder weniger lahmgelegt hatten.
Eine Art unerklärter Krieg, der im verdeckten geführt wurde. Und dieser Krieg hatte sich nicht nur auf der Erde abgespielt, denn natürlich hatte die PAZIV auch ihre Agenten unter den Star Force Leuten gehabt.
In jahrelanger Arbeit waren sie installiert worden, hatten zumeist ein völlig unauffälliges Leben gelebt.
So wie Paul Erixon, der eine mustergültige Karriere gemacht hatte. An Bord eines der Star Ships, die die Westunion John Darran und seinen Leuten zum Mars hinterhergeschickt hatte, war er in die Ereignisse verwickelt worden.
Das harmlos erscheinende Symbol auf einer Web-Site hatte ihn zu einem Werkzeug des Gegners gemacht, und er war nicht der Einzige gewesen.
Wie die meisten anderen Angehörigen jener Marsexpedition hatte sich auch Paul Erixon dazu entschieden bei John Darran und seinen Leuten zu bleiben, denn er hatte die Wichtigkeit dieser Mission erkannt.
Ihm war klar, dass vom Gelingen des Plans, den Darran verfolgte, das Schicksal der Menschheit höchstwahrscheinlich abhing. Die Fremden würden wiederkehren und zwar keineswegs als Freunde, wie romantisch angehauchte Science-Fiction Filme des vorigen Jahrhunderts den Menschen immer einzureden versucht hatten.
Nein, sie würden als Bedrohung für die Menschheit erscheinen, dessen war sich Paul Erixon sicher.
Aber bevor er wirklich ein aktiver Teil in Darrans Mannschaft werden konnte, hatte er erst einmal mit sich selbst zu tun. Er war in psychologischer Behandlung.
Die Spätfolgen der Hypnose, die man bei ihm angewandt hatte, waren nicht so einfach wegzuwischen.
Wahrscheinlich lag noch ein jahrelanger Prozess der Bewältigung vor ihm.
Erixon wusste, dass er irgendwann entführt worden war. Es war in den ersten Jahren gewesen, nachdem er auf der Star Force Akademie aufgenommen worden war.
Ein paar unklare Bilder, das war alles, was Paul Erixon von dieser einschneidenden Wende in seinem Leben an Erinnerungen geblieben war.
Ein Wagen, der abrupt abbremste, mit Micky Maus-Gesichtern maskierte Männer, die herausgesprungen waren und ihn vom Bürgersteig holten. Dann der Stich in die Schulter, eine Injektion vermutlich.
Paul Erixon konnte sich nur noch an ein Schwindelgefühl erinnern, daran, dass sich alles um ihn herum gedreht hatte. Er war in einen Wirbel aus Licht und Farben gefallen. Anschließend hatte ihn nur noch Finsternis umgeben. Später hatte er das alles für die Reste eines Alptraumes gehalten, die sich hartnäckig in seinem Bewusstsein festgesetzt hatten. Das Schlimmste ist, dass man niemandem mehr trauen kann, dachte er.
Nicht einmal sich selbst, nicht einmal der Wirklichkeit, die einen umgibt.
Alles könnte manipuliert sein!
Das war das Grundgefühl, mit dem Paul Erixon aus dieser Sache hervorging.
Und er würde dieses Gefühl vermutlich bis zu seinem Lebensende nicht mehr verlieren.
Wer sagt dir, dass nicht doch noch eine Zeitbombe in deinem Bewusstsein schlummert, überlegte er. Wer sagt dir, dass nicht doch noch irgendein anderes harmloses Symbol aus dir ein Werkzeug machen könnte.
Jene Web-Site, von der das Chaos über die Westunion gekommen war, war nicht mehr im Netz, aber wer mochte schon erahnen, wie viele weitere 'schlafende' Saboteure nur darauf warteten, aktiviert zu werden.
Irgendwann, wenn der Geheimdienst der PAZIV seine durch James O'Donnell verursachten Virus Probleme wieder gelöst hatte.
Paul Erixon mochte gar nicht daran denken.
Du musst dich der Wirklichkeit stellen, sagte eine Stimme aus dem off seines Bewusstseins. Es hat keinen Sinn, darum herumzureden: Du musst erkennen was du bist, eine Gefahr.
Eine Gefahr für die, denen du zu helfen glaubst!
Paul Erixon nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Er schloss die Augen dabei.
Wäre das nicht auch eine Möglichkeit, dachte er. Finsternis, ewige Finsternis.
Es war nicht das erste Mal, dass er über den Tod nachdachte, auch über den selbst herbeigeführten Tod.
Möglicherweise wäre das die beste Lösung für alle, dachte er. Denn, wer kann schon garantieren, dass ich nicht wieder zu dem werde, wofür man mich konditioniert hat?
"Hey, Paul, was ist los? Warum grübelst du so herum?" Paul Erixon blickte auf, blickte in Jeff Larsons ruhige Züge. Sie waren auf demselben Star Ship gewesen, der ARMSTRONG. Jetzt waren sie beide auf John Darrans Seite.
"Was dagegen, wenn ich mich zu dir setze, Paul?"
"Nein, Jeff."
Jeff Larson setzte sich.
Der Lieutenant beobachtete die Entwicklung Paul Erixons schon seit einiger Zeit mit Sorge. Er hatte Angst, dass Erixon am Ende in Depressionen versank, nicht mehr aus seinem Stimmungstief herauskam.
Seine Gedanken schienen von der Vergangenheit gefangengenommen zu sein, so dass er kaum Energie darauf verwenden konnte, sich der Gegenwart zuzuwenden.
"Wie geht's?", fragte Jeff Larson.
"Den Ärzten nach müsste es mir gut gehen", erwiderte Paul Erixon.
"Die scheinen keine Ahnung zu haben, was?" Ein mattes Lächeln huschte über Paul Erixons Gesicht. "Den Eindruck habe ich auch fast", knurrte er. Niemand ahnt die Wahrheit! Niemand weiß, wie es wirklich in mir aussieht. Aber vielleicht ist das auch gut so…
Lieutenant Jeff Larson schlug Erixon auf die Schulter, eine freundschaftliche Geste. Gleichzeitig aber auch ein verzweifelter Versuch, Erixon aus seinem Tief herauszureißen.
"Hey, ich wüsste was, was dich ein bisschen auf andere Gedanken bringt."
"Wer sagt, dass ich überhaupt auf andere Gedanken gebracht werden möchte", sagte Paul Erixon.
"Jetzt komm mir nicht auf die Tour, Paul."
"Jeff, ich habe schon eine Therapeutin, eine Schiffspsychologin der Star Force und wenn die meine Seele nicht wieder zusammenflicken kann, dann wird ein Amateur wie du das schon lange nicht schaffen. Also, am Besten du lässt mich einfach in Ruhe!"
"Hör dir doch erst mal an, was ich zu sagen habe, Paul."
"Na schön, schieß los."
"Du hast doch sicher auch schon von diesem Slider gehört, den wir entwickelt haben, eine Art Gleiter mit dem man sehr schnelle Atmosphärenflüge auf dem Mars durchführen kann." Paul Erixon nickte. "Einige von unseren Kameraden reden ja von nichts anderem mehr."
"Was hältst du von einem Probeflug, Paul?"
"Ich weiß nicht."
"Nur wir beide, eine schöne Runde einmal über den Mars. So etwas hast du noch nicht gesehen. Den Olympus Mons, den größten Vulkan des Sonnensystems. Mann, so etwas darf man sich nicht entgehen lassen. Nun komm schon, sei kein Frosch und komm mit!" Jeff Larson schaute Paul Erixon aufmunternd an.
"Also eigentlich...", begann dieser.
"...kannst du dir nichts Tolleres vorstellen, nicht wahr?", vollendete Larson den Satz. Larson grinste.
Paul grinste zurück, ob er nun wollte oder nicht. Aber Jeff hatte so eine Art, Leute zu überzeugen.
"Frech kommt weiter, das könnte dein Lebensmotto sein, Jeff", sagte Paul.
"Klar, sonst macht doch alles keinen Spaß", erwiderte Jeff und stand auf.
Wer will schon immer Spaß, dachte Paul Erixon und erhob sich ebenfalls.
Gemeinsam verließen sie den Aufenthaltsraum.