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3.2. Träume von Dämonen verursacht

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Eine andere schon sehr lang bestehende Annahme über die Ursache der Albträume ist die, dass Geister oder Dämonen den Schläfer heimsuchen, meist mit der Absicht der sexuellen Verführung, was zu den Albträumen führt. Dieses Erklärungsmodell wird als Dämonologie bezeichnet. So galten in der griechischen Antike Albträume als von dem Hirtengott Pan geschickt, der in seiner Bocksgestalt den Schläfer oder die Schläferin mit Beischlafwünschen erschreckte (Abb. 4). Diese Auffassung bestand in der Antike neben der oben geschilderten Annahme der göttlichen Bestimmtheit der Träume..

Auch im europäischen Mittelalter und noch lange bis in die Neuzeit hinein herrschte die Auffassung vor, dass Geister oder Dämonen nachts die Schlafenden heimsuchen und mit sexuellen Wünschen bedrängen. Diese Auffassung schlug sich auch in den Namen der Angstträume nieder, wo der Alp oder Alb den Erdgeist bezeichnet, der sich auf die Brust des Schlafenden setzt oder die Mahr, ein weiblicher Geist, die den Schlafenden mit sexuellen Verführungen in Angst versetzt. Die Bezeichnung „Mahr“ findet sich noch in den englischen und französischen Bezeichnungen für den Albtraum, „nightmare“ bzw. „cauchemar“. Verweise auf Geister oder Dämonen als Ursache von Träumen finden sich in zahlreichen Sagen, Mythen, Märchen. Diese Geister sind meist heidnischen Ursprungs und finden sich oft in der nordischen oder keltischen Mythologie. Diese den Schläfer plagenden Geister sind in der Regel nicht die relativ harmlosen Kobolde, sondern oft grässliche und hässliche zottelige Wesen, die im Erdreich wohnen und durch Löcher im Haus, z.B. den Kamin oder im Stall (der ja gewöhnlich mit dem Wohnhaus verbunden war), in die Schlafstube gelangen konnten. Oder sie kamen auf Pferden, die für die (sexuelle) Albtraumsymbolik eine wichtige Rolle spielen, dahergeritten, wie die Walküren (Abb. 18) oder die apokalyptischen Reiter (Abb. 5).5 Auf Pferden geritten kamen nach altem germanischen Glauben auch nächtliche Scharen von Frauen, Hexen, Toten und Jägern, die die Seelen der Menschen oder sie in Gänze rauben wollten (Lecouteux, 2001) und die ein altes und zentrales Motiv der europäischen Angst und Nachtangst darstellen. Gemäß dieser Annahmen kursierten im Mittelalter in Europa zahlreiche Vorstellungen von Nachtdämonen, Scharen von Frauen oder Toten, die aus bestimmten Gründen keine Ruhe finden konnten und dazu verdammt waren, ewig des Nachts umherzuirren, die auf einer wilden oder höllischen Jagd unterwegs waren. Gemeinsam ist diesen Nachtdämonen, dass sie über die nächtlichen Himmel zogen (später auch auf Erden durch die Wälder gingen) und die Menschen heimsuchten, meist Unheil mit sich brachten und den Tod bedeuten konnten. Die Annahme von der Existenz dieser Nachtdämonen war kein Volksglaube allein, sondern zahlreiche Zeugnisse von „gelehrten Männern“, wie beispielsweise Pfarrern und Bischöfen, aber auch Berichte von Herzögen, bestätigten die Existenz dieser Nachtdämonen (Lecouteux, 2001). Aus diesen reitenden Scharen hat sich vermutlich auch das Bild vom „Schwarzen Mann“ abgeleitet, mit dem heute noch gelegentlich den Kindern gedroht wird.


Abbildung 4: Peter Paul Rubens: Pan und Syrinx


Abbildung 5: Albrecht Dürer: Die apokalyptischen Reiter

Die Besessenheit durch Dämonen wurde oft als Strafe für begangene Sünden angesehen. Im Mittelalter kam dem Teufel als ein leibhaftig gewordener Dämon eine zentrale Stellung zu. Dem Teufel wurde bei seiner Verkörperung die ursprünglich von dem griechischen Gott Pan stammenden Merkmale der Bocksgestalt (Ziegenfüße, Hörner) beigegeben. Dieser Teufel konnte in die Menschen fahren und von ihnen Besitz ergreifen. Weshalb es als ursächliche Behandlungsmaßnahme für die Betroffenen galt, den Teufel wieder auszutreiben, was mit Beschwörungen, Schlägen, Lärm, dem Essen von unangenehmen Dingen bis hin zur Verbrennung auf dem Scheiterhaufen erfolgte. Der Teufel war es auch, der in Gestalt des Alp6 erschien, um mit den Schlafenden Unzucht zu treiben. Dem damaligen Glauben zufolge waren es die Erscheinungen des Alps, unter welchen die teuflischen Geister, deren es eine sehr große Menge gab, mit den Menschen verbotenen Umgang pflegten (Cubasch, 1877).

Da der Teufel der christlichen Überlieferung nach selbst keine Nachkommenschaft zeugen konnte, entzog er daher den Männern im Schlaf den Samen (Succubus), welchen er Frauen einflößte (Incubus). Der Dämon tritt dabei, den Umständen angemessen, bald als Mann, bald als Frau auf, und da er selbst von Natur aus keinen Körper hat, so entlehnte er sich für die Zeit seiner nächtlichen Besuche den Leib eines menschlichen Wesens. Oder aber er bildete sich selbst auf irgendwelche Art einen Körper, der ihn zum sexuellen Verkehr mit Menschen (oder auch mit Tieren) befähigte.

Nach einer anderen Darstellung ist der Alp eine Hexe, welche des Nachts durch Zauberkraft meist durch das Schlüsselloch in die Kammer drang, die den Schlafenden quält. Die weibliche Gestalt des Alp wurde auch als Trude oder Nachtmahr bezeichnet. Beim Höhepunkt der Hexenverfolgung mochte die Erzählung eines erlebten Albtraums genügen, um den Betreffenden oder die Hexe, von welcher geträumt worden war, auf den Scheiterhaufen zu bringen. Damals konnte es somit lebensgefährlich sein, Albträume zu berichten oder (als Frau) in den Träumen anderer zu erscheinen.

Bei einigen slawischen Völkern bestand die Vorstellung, dass der Albtraum daher komme, dass es ein Leichnam sei, welcher vom Drang zum Leben getrieben, sich auf den Schlafenden legt, um ihm das Blut auszusaugen, um dadurch selbst wieder zum Leben zu gelangen. Solche Vampire seien in manchen Fällen ein verstorbener Feind gewesen, der des Nachts wiederkommt, um seinen Gegner krank zu machen oder gar zu töten. Meist sei er aber ein verstorbenes Familienmitglied gewesen, welches nun seine Angehörigen angriff.

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