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3.3 Albträume im islamischen Kulturkreis

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In der frühen islamischen Kultur wurden Träume gedeutet, wie dies aus der antiken griechischen, ägyptischen oder gar sumerischen Überlieferung bekannt war. Verfasser des bekanntesten, frühen islamischen Traumdeutungsbuch war Muhammad ibn Sirin. Wie in der Bibel finden sich auch im Koran zahlreiche Stellen, die auf Traumdeutung und den besonderen Einfluss von Träumen auf den Menschen verweisen. So findet sich in Sure 37 (die Sich-Reihenden) die alttestamentarische Stelle, in der Abraham seinen Sohn Isaak Gott opfert (Abb. 5). Im Koran erhält Abraham im Traum diesen Auftrag Gottes, was sich so in der Bibel nicht findet. In dieser Sure heißt es (über Abraham): „Dann gaben Wir ihm die frohe Botschaft von einem sanftmütigen Sohn. Als er alt genug war, um mit ihm zu arbeiten, sprach er: „O mein Sohn, ich sehe im Traum, dass ich dich schlachte. Nun schau, was meinst du dazu?“ Er sprach: „O mein Vater, tu, wie dir befohlen wird; du sollst mich„ so Allah will, standhaft finden. Als sie sich beide (Allahs Willen) ergeben hatten und er ihn mit der Stirn auf den Boden hingelegt hatte, da riefen Wir ihm zu: „O Abraham, du hast bereits das Traumgesicht7 erfüllt.“ So belohnen Wir die, die Gutes tun.“ (Rassoul, 1988).


Abbildung 6: Julius Schnorr von Carolsfeld: Abraham opfert Isaak

Im Islam kommt den Träumen traditionell eine große Bedeutung zu. Dabei können diese von Gott oder dem Teufel stammen, aber auch vom Träumenden selbst verursacht sein. Im Gegensatz zum Christentum findet sich im Islam eine explizite Auseinandersetzung mit verschiedenen Traum- und Albtraumarten und eine hohe Achtung der Traumdeutung. Dies wird auch dadurch unterstützt, dass berichtet ist, dass der Prophet Mohammed auch viel träumte und seine Träume deutete und damit über die Träume mit Gott in Kontakt stand.

Neben dem Koran gelten die Hadithe (arab. Mitteilung, Erzählung, Bericht) als zweite wichtige schriftliche Quelle im Islam. Sie sind Sammlungen von Weissagungen oder Geschichten aus dem Leben Mohammeds. Es existieren verschiedene Sammlungen der Hadithe. Als zwei bedeutende Quellen gelten die Sammlungen von Muslim al-Hajjaj (817–875) und von Abu Abdullah Muhammad Ismail al-Bukhari (810–870). Beide Sammlungen der Hadithe haben jeweils ein ganzes Kapitel der Traumdeutung gewidmet. Die Träume Mohammeds enthielten oft Weissagungen oder Offenbarungen, weshalb sie als wahre Träume bezeichnet werden. Wahre Träume gelten als ein Teil des Prophetentums. Mohammed unterschied zwischen guten und schlechten Träumen. Darüber hinaus findet sich noch die Unterscheidung in drei Klassen von Träumen: gute Träume, die von Gott kommen, angsteinflößende Träume, die vom Teufel stammen und Träume, die aus den persönlichen Ängsten des Träumers heraus entstehen (Yamani, 2009). Um sich vor schlechten Träumen zu schützen, schlägt der Prophet verschiedene Maßnahmen vor, die heute an abergläubische Rituale erinnern, beispielsweise drei Mal zur linken Seite spucken (ein Ritual, das sich auch im Judentum findet und der Quell unseres „Toi, Toi, Toi“-Wunsches ist) oder auf der anderen Körperseite weiterzuschlafen. Am effektivsten gegen schlechte Träume aber sei das Gebet. Als konkrete Vorgabe sollen nach dem Erwachen aus einem schlechten Traum die Suren 112, 113, 114 und der 155. Vers der zweiten Sure gebetet werden. Außerdem sollen schlechte Träume nicht weitererzählt werden, denn durch das Aussprechen bekomme ein Traum mehr Wahrheit.

Der muslimische Gelehrte Al-Daynuri differenzierte die schlechten Träume weiter aus und teilte sie in sieben Kategorien ein: 1. Träume aus der Kindheit, 2. Verwirrte Träume, die durch die Seele inspiriert werden, 3. Träume, in denen es zu Körperausscheidungen kommt, 4. Angsteinflößende Träume durch den Satan, 5. Träume, die durch Alltagsbelastungen zustande kommen und eine warnende Funktion haben, 6. Träume von menschlichen Magiern und 7. Träume von Dschinn-Magiern8 (Amanullah, 2009). Schlechte oder beängstigende Träume, die wir heute als Albträume bezeichnen würden, können demzufolge durch die eigene Seele, den Satan, Alltagsbelastungen oder den Dschinn stammen. Eine Sichtweise, die in einigen Punkten (durch die eigene Seele oder Alltagsbelastungen verursacht) der modernen wissenschaftlichen Auffassung sehr nahekommt und dem zeitgleichen abendländischen Verständnis der Albträume weit überlegen und viel differenzierter ist. Da die Dschinn versuchen, die Menschen zu testen, und wenn sie merken, dass sie einem Gläubigen gegenüberstehen, zu dessen Verbündetem werden, kann es sein, dass Albträume, die von den Dschinn zunächst geschickt werden, um den Menschen zu testen, sich dann in einen Quell der Weisheit und des Friedens verwandeln (Nasser, 2009).

Auch heute ist der Glaube an die Dschinn im Islam noch weit verbreitet und sie werden häufig als die Ursache von Albträumen angesehen. So wurden in der indonesischen Provinz Aceh nach dem verheerenden Tsunami vom Dezember 2004 viele Patienten mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung und Albträumen beschrieben, die als Ursache ihrer Albträume Dschinns angaben.

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