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Das Armeefeldlazarett 1/542
ОглавлениеÜber das Lazarett berichtet Dr. Gerhard Steinberg94: „Nach meiner Tätigkeit in der Armee-Sanitätskompanie 2/541 wurde ich zum Armeefeldlazarett 1/542 der 6. Armee versetzt. Die Einheit war gut beweglich; die Gesamtstärke betrug 75 Mann. Der Einsatz erfolgte wie bei einem Divisionslazarett. Im März 1941 wurden wir in den Osten im Raum von Lublin verlegt und bereiteten uns auf die schlechten hygienischen Verhältnisse vor. Beispielsweise schafften wir bewegliche Duschanlagen, behelfsmäßige Entlausungsanlagen u. a. an. Das Feldlazarett war mit Fachärzten – Chirurgie, HNO, Augen, Innere – besetzt. Dadurch eröffneten sich viele Möglichkeiten. Das fachärztliche Gerät war vollständig und in ausreichendem Maße vorhanden.
In der Anfangszeit erfolgten Einsätze in kleinen Krankenhäusern. Hier wurden für die späteren Einsätze Bettstellen und Matratzen sichergestellt und in einem Beutefahrzeug mitgeführt. Dies erwies sich später als sehr günstig für die Versorgung der Schwerverwundeten und Schwerkranken. In der Schlammperiode wurde das Lazarett getrennt und dann im Winter ein Auffanglazarett vorwiegend für Erfrierungen im Raum Belgorod eingerichtet. 1942 ging es mit der 6. Armee Richtung Stalingrad. Wir hatten immer nur kurzdauernde überschlagende Einsätze mit Divisionslazaretten.“
Die Hauptverbandplätze lag Anfang August 1942 bei Rossosch/Bezirk Rostow; Mitte bis Ende Oktober betrieb das Lazarett eine Krankensammelstelle bei Kalatsch. „Die Erkundung einer größeren Einsatzmöglichkeit zwischen Don und Wolga führte in eine Sowchose im Raum Karpowka. Das Lazarett nahm immer größere Ausmaße an; daher kam Unterstützung durch Ärzte und Sanitätspersonal der Kriegslazarettabteilung sowie Personal einer Truppenentgiftungs-Kompanie. Gleichzeitig wurden von der Kriegslazarettabteilung vier Schwestern kommandiert, die aufopferungsvolle Arbeit leisteten und den Abteilungen ihren Stempel aufdrückten. Sie wurden unterstützt von zehn Ukrainerinnen, die von Sumy aus das Lazarett begleiteten und in der Betreuung und Pflege von Verwundeten wertvolle Arbeit leisteten. Dazu kamen noch Hiwis95, die als Krankenträger und zur Unterstützung der Handwerker u.a. eingesetzt wurden. Ohne die Hilfe der Ukrainer und Russen wäre die anfallende Arbeit nicht zu schaffen gewesen!
Dr. Hans Werner Bötticher, Chirurg im Feldlazarett 1/542
Die zeitweise Belegung des Lazaretts betrug bis zu 1000 Verwundeten; dazu wurde im Laufe von zwei Monaten ein Friedhof mit fast 1000 Gräbern angelegt. Wichtig war der Transport in das rückwärtige Gebiet, der von den Flugplätzen in der Umgebung erfolgte und dadurch möglich war, daß zwischen Lazarett und diesen Plätzen enge Verbindungen bestanden.“96
Oberarzt Dr. Hans-Werner Bötticher97 berichtet: „Das motorisierte Feldlazarett 1/542 war 1939 in Dresden aufgestellt worden; alle Sanitäter waren Sachsen. Die anderen Armeefeldlazarette stammten aus Berlin, Brandenburg und Magdeburg. Wir waren insgesamt 142 Mann, darunter zwei Internisten, zwei Zahnärzte, zwei Pfarrer und ein Zahlmeister; unser Chefarzt war Dr. Schöne98. Er war zwar Chirurg, operierte aber nie und half auch nicht bei den Operationen. Ich war der Chirurg; der zweite Chirurg, Dr. Schneider aus Zwickau, war kein Facharzt, sondern praktischer Arzt, der ein wenig Chirurgie betrieben hatte. Für mich war das sehr ungünstig, da ich alle größeren Operationen allein ausführen mußte. Er assistierte mir nicht, sondern arbeitete selbständig. Bei diesem Lazarett war ich seit dem Frankreichfeldzug; es unterstand immer der 6. Armee. Lagen wir in Ruhestellung, wurde ich immer sofort zu einem der anderen Feldlazarette unserer Armee geschickt. Wir sollten dann in Jugoslawien eingesetzt werden, wurden dann aber nach Österreich und anschließend nach Rußland verlegt.
Dr. Konrad Schöne, Chef des Feldlazaretts 1/542
In die Gegend von Stalingrad gerieten wir praktisch ohne Kampf. Das Lazarett wurde im September 1942 in einer Kolchose bei Karpowka eingesetzt. Die Verwundeten lagen in ehemaligen Kuhställen, die gut vorbereitet und recht sauber waren. Wir hatten viele Feldbetten, sogar richtige Olympia-Betten aufgestellt. Unser Lazarett war mit Instrumenten und Verbandmaterial gut versorgt. Alles war komplett; es gab gute Op-Leuchten mit Batterien. Unsere Köche waren hervorragend. Die Gebäude waren mit etwa 200 bis 300 Patienten belegt. Die Verwundeten wurden zum Heimtransport mit Kähnen über den Don gefahren, da keine Brücke heil war; auf der anderen Seite warteten schon deutsche Lazarettzüge auf Gleisen, die schon umgespurt waren. Einmal belud ich selbst einen Lazarettzug mit über 300 Verwundeten.
Im Feldlazarett arbeiteten mehrere Rotkreuzschwestern. Zwei sehr nette Op-Schwestern waren schon seit einem ¾ Jahr bei uns. Da ich sie aber nicht als solche beschäftigen konnte, weil ich schon eingearbeitete Sanitäter hatte und so viel operieren mußte, setzte ich sie wie Ärzte ein, denn so konnten sie sich um die Verwundeten kümmern. Beide, sehr liebe Mädchen, erledigten ihre Aufgaben hervorragend. Sie mußten bei der Kesselbildung ausgeflogen werden. Der Verwundetendurchgang war enorm; ich konnte immer nur ein paar Stunden schlafen, dann ging’s schon wieder los. Die Narkosen machte einer der Zahnärzte. Wir begannen grundsätzlich mit intravenösem Evipan und machten mit Äther weiter, so daß die Patienten sofort schliefen und ich schnell mit der Operation beginnen konnte. Die Pflege wurde von den guten Sanitätern wahrgenommen. Beratender Chirurg war Prof. Kuntzen; er geriet aber nicht in den Kessel und schickte statt dessen Prof. Gross als seinen Nachfolger. Eines Tages erschien auch Generalarzt Dr. Renoldi, ein sehr unangenehmer Vorgesetzter! Er hatte eine kleine Verletzung und wollte von mir das Verwundeten-Abzeichen haben. Da das Ganze nicht nach einer Verwundung aussah, weigerte ich mich. Er haute dann sehr rasch wieder ab. In den letzten Tagen in Karpowka bekam ich noch Typhus und war damit bis Weihnachten arbeitsunfähig. Unser Internist Dr. von Drigalski99, der mich auch gegen Fleckfieber impfte, behandelte mich.“100
Dr. Karl Ludwig Schober
Auch Dr. Schober101 arbeitete in diesem Lazarett: „Am 4. November 1942 wurde ich von meinem Lazarett 3/542, welches etwas westlich des Don in Ruhe lag, zum Feldlazarett der 76. Division nach Karpowskaja kommandiert. Da aber in der Nacht vor meiner Ankunft die Einrichtungen dieser Einheit unter großen Verlusten fast völlig zerstört waren, brachte sie alle Verwundeten zum Abtransport. Ich blieb also nur drei Tage zu Gast und wurde dann weitergeleitet an das 1. Feldlazarett, ein Schwesterlazarett meiner Einheit aus der 6. Armee. Ich kam nach Karpowka, wo das Lazarett in einem großen Sowchos untergebracht war, und wurde der chirurgischen Gruppe meines väterlichen Freundes N.102 zugeteilt. Wenige Tage später sollte nun mein Stammlazarett auch eröffnet werden, und ein Arzt vom Feldlazarett 1 wurde zu meiner Einheit kommandiert. Das konnte natürlich nur ein Irrtum sein. Denn es wäre viel einfacher gewesen, mich zu meinem Haufen zurückzuschicken; dann wäre jeder an seinem Fleck geblieben. Mein neuer Chef, der Oberstabsarzt Schöne aus Merseburg, sah das auch ein und telefonierte mit dem Armeearzt. Aber dort war man stur und es hieß: Befehl ist Befehl, Schober bleibt in Karpowka und L. fährt nach Katschalinskij103 zum Feldlazarett 3/542. Und L. fuhr über Kalatsch nach Westen. Am Morgen des 20. November passierte er die Donbrücke, und am Nachmittag waren die Russen in Kalatsch. Er war draußen und ich saß im Kessel.“104
Dr. Günther Kitzig
Der zweite Internist des Feldlazaretts 1/542 war Dr. Zartmann105, weitere Ärzte Stabsarzt Dr. Laurösch106 und Dr. Günther Kitzig107, der noch aus dem Kessel ausgeflogen wurde. Zahnärzte waren Dr. Plömacher108, der wegen Diphtherie schon im Dezember 1942 aus dem Kessel ausgeflogen wurde, und Dr. Ludwig109. Pfarrer war Dr. Kessler110, der seit dem 8. Januar 1943 vermisst ist. Zahlmeister war Otto Linke111, vermisst seit dem 20. Januar 1943.