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7. Eine unangenehme Begegnung
ОглавлениеAm nächsten Morgen nimmt Stefan in Ardez an einer Abklärung teil über die Biodiversität der dortigen Wiesen. Bei der Burg Steinsberg entdeckt er den österreichischen Drachenkopf. Diese seltene Pflanze kommt sonst nur noch im Wallis vor. Am Nachmittag wandert er über die Terrassenlandschaft oberhalb von Ramosch.
Hier hat Stefan im letzten Sommer den Baumweißling getroffen, ein filigraner Schmetterling. Das stark gefährdete Braunkehlchen kann man ebenfalls antreffen. Doch jetzt, Ende Mai, ist es noch zu früh.
In der Bäckerei besorgt sich Stefan eine köstliche Spezialität. Am Wochenende wird er seinen jüngeren Sohn treffen. Bei der Terminvereinbarung am Telefon hat dieser gefragt, ob er ihm eine Schachtel von den feinen Schokoköpfen mitbringen könnte.
Nun setzt er sich in sein Auto und fährt langsam rückwärts aus dem Parkfeld.
„Willst du mich überfahren? Hey, kannst du nicht aufpassen, Steff?“
Stefan tritt auf die Bremse und schaut auf die andere Wagenseite: Carlo, ein Arbeitskollege. Der Einzige, den er nicht mag, und wohl der Einzige, der ihn nicht mag. Stefan hat ihn tatsächlich nicht gesehen. Woher kommt er so plötzlich?
„Hallo Carlo, hast du auch von den feinen Schokoköpfe gekauft? Soll ich dich irgendwohin mitnehmen?“
„Ich habe mein Auto bei der Kirche; ich kann selbst fahren.“
„Du hast eine tolle Kamera. Mit diesem Teleobjektiv kriegst du den kleinsten Vogel bildfüllend. Ist Fotografieren dein Hobby?“
Mit verkniffenen Augen schaut Carlo ganz kurz ins Auto.
„Du stellst zu viele Fragen, Steff, ich hasse das. Ciao!“
Ohne einen Blick zurück geht er die Straße hoch ins Dorf und verschwindet hinter den Hausmauern. Verärgert macht sich Stefan auf den Heimweg.
Blöder Kerl! Du bist so ein …! Weshalb stoße ich immer wieder mit Carlo zusammen? Bei ihm fühle ich mich unwohl und bin dann viel zu liebenswürdig mit ihm. Er ist mir gegenüber meist misstrauisch, und es scheint mir, als prüfe er andauernd meine Gesinnung zu ihm. Dabei finde ich ihn innerlich nicht stark und gelassen, eher von anderen Menschen und Umständen geleitet und getrieben. Doch jede Begegnung mit ihm greift mich an, macht mich verletzlich und wütend. Jedes Mal fühle ich mich unterlegen. Und das entfacht die Wut in mir, mit der ich ihn tätlich angreifen könnte.
Daheim trägt Stefan die beiden Packungen Schokoköpfe und das Roggenbrot in den Speisekeller und setzt sich danach an den Computer, um für den nächsten Tag das Programm anzupassen.