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CAMUS´ „PHILOSOPHIE DES ABSURDEN“

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Liebste,

sozusagen einen Kontrapunkt zu Blochs „Prinzip Hoffnung“ stellt Camus „Philosophie des Absurden“ dar; für einen Existentialisten hielt Camus sich selbst nie („Non, je ne suis pas existentialiste …, und das einzige philosophische Werk, das ich geschrieben habe, ,Der Mythos von Sisyphos´, wurde gegen die Existentialisten geschrieben“ – Les Nouvelles Littéraires, November 1945). Gleichwohl bezeichnete Sartre, mit dem ihn, wegen ihrer politischen Differenzen, eine nur kurz dauernde Freundschaft „verband“, Camus´ „L’Étranger“ als richtungsweisendes Werk des Existentialismus.

Steht das „Prinzip Hoffnung“, zumindest als „konkrete Utopie“, im Fokus der Überlegungen Blochs, so reflektiert Camus – namentlich in seinen philosophischen Hauptwerken, „Le Mythe de Sisyphe und „L’Homme révolté“ – das Absurde: menschliches Elend, dem kein Sinn abzugewinnen, das Leid in der Welt, das weder zu verstehen noch zu erklären ist.

Es gibt keinen liebenden Gott, der dieses Absurde auflösen, keine Religion und kein Glauben, die Trost spenden könnten: Der Einzelne ist auf sich selbst, auf das Sinnlose (in ihm und um ihn) zurückgeworfen; das Absurde triff jeden und betrifft jeden: „Das Absurde kann jeden beliebigen Menschen an jeder beliebigen Straßenecke anspringen.“

In der sinnentleerten Welt des Absurden müssen sinnloses Sein und unnützes Streben gleichwohl nicht ohne Hoffnung bleiben: Im Sinne des Existentialismus (und in Anlehnung an Nietzsche) postuliert und propagiert Camus den „Mensch in der Revolte“, der, zwar auf sich allein gestellt, aber deshalb auch unabhängig von einem Gott und den Unwägbarkeiten seiner Gnade, selbstbestimmt und sich immer wieder selbst bestimmend ein Bewusstsein für die Möglichkeiten innerer Revolte und äußerer Auflehnung entwickelt.

Ähnlich Heidegger ist auch für Camus der Tod das einzige Verhängnis, dem man nicht entrinnen kann; der Tod wird mithin zum fatalen Abschluss eines absurden Lebens, gleichzeitig aber auch zur Umkehr des Absurden – in „Der glückliche Tod“, einem nicht veröffentlichten Vorentwurf von „Der Fremde“, stirbt der schwerkranke Mersault einen glücklichen, bewussten Tod: „Ein Stein zwischen Steinen, ging er in der Freude seines Herzens wieder in die Wahrheit der unbeweglichen Welten ein.“

Eine Art von „materialistischer Transzendenz und Religion“, die sich hier offenbart?

Weil Camus die Absurdität menschlicher Existenz, die Unvereinbarkeit von Mensch und Welt, d.h. des Einzelnen mit seinem Sein, letztendlich nicht erklären kann, versteigt er sich, meines Erachtens, in die (philosophische) Konstruktion des „existentiellen Sprungs“, d.h. des „Weitermachens“, „des Hinausgehens über das Bestehende“, des „Sich-zur-Wehr-Setzens“ als Antwort auf eine nicht erklärbare Sinnlosigkeit menschlichen Seins wie Handelns und macht die mythologische Gestalt des sich sinnlos mühenden Sisyphos zum Sinnbild sowie den vergeblich seinen Stein wälzenden Riesen zum Protagonisten des „absurden Menschen“.

Letztlich ist Camus´ Revolte, so mein Dafürhalten, sinnlos, erfolglos, trostlos. Sie ist zweifelsohne nur im Zusammenhang mit Camus´ eigenem existentiellen Kampf, mit seiner „prekären“ Herkunft (um den euphemistischen Begriff von heute zu verwenden), mit seiner Tuberkulose-Erkrankung, mit seinen höchst komplexen und überaus schwierigen Frauenbeziehungen zu sehen. Sein „Mensch in der Revolte“ gegen das Absurde führt einen ebenso hoffnungslosen wie letztlich erfolglosen Kampf des Einzelnen und Vereinzelten gegen die übermächtige Welt des Absurden und der Anderen. Somit steht Camus´ Revolte des Einzelnen im Widerspruch zur gesellschaftlichen Revolte, wie Sartre sie fordert; dieser Umstand führte zum unausweichlichen Zerwürfnis der beiden.

In Camus frühem Tod manifestiert sich die Absurdität seines eigenen Seins: Obwohl er bereits eine Bahnfahrkarte in der Tasche hatte, ließ er sich vom Neffen seines Verlegers Gallimard zu einer Fahrt mit den Auto überreden, bei der beide infolge eines geplatzten Reifens ums Leben kamen. Gerüchte, dass der sowjetische Geheimdienst KGB den Wagen manipuliert habe, wollen bis heute nicht verstummen. („Albert Camus war ein Freund klarer Worte – auch gegen die Politik der Sowjets bezog er immer wieder kritisch Stellung.“ Spekulation um Schriftstellertod – wurde Albert Camus vom KGB ermordet?)

„… dass die Welt zwischen den Liebenden verbrannt ist“

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