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Wenn Sie »einfach nicht wissen«
ОглавлениеMirroring Hands wird oft benutzt, um den Stillstand, das »Ich weiß nicht« eines Klienten, zu überwinden oder sogar ein »Wir wissen nicht« wie in dem zu Beginn dieser Einleitung beschriebenen Fall. Natürlich ist das letztlich der Grund, aus dem Menschen zur Therapie kommen – weil sie nicht wissen, was Sie tun sollen, oder weil sie nicht wissen, was Ihr Problem wirklich beinhaltet. Manchmal sprechen sie über das Gefühl, dass es da etwas zu wissen gibt, das sie aber einfach nicht erreichen können, oder dass etwas den Zugang zu diesem Wissen versperrt.
Abgesehen von den Techniken oder Prozessen, die im Laufe einer Therapiesitzung genutzt werden, geht es zunächst immer um den Aufbau einer therapeutischen Allianz (Lambert a. Barley 2001, S. 357–361). Dies beginnt oft mit einem Gespräch über die Probleme des Klienten – ein für die meisten Therapeuten sehr vertrauter Anfang. Das Gespräch basiert weitgehend auf explizitem Gewahrsein, und sowohl der Klient als auch der Therapeut verbalisieren dabei oder drücken auf andere Weise bewusst aus, was sie denken oder fühlen. Interpersonaler Rapport ist für den Aufbau einer Vertrauensbeziehung zum Klienten und für sein Sicherheitsgefühl unverzichtbar. Sobald Vertrauen und ein Gefühl der Sicherheit entstanden sind, kann mit der Arbeit an dem Problem begonnen werden, dessentwegen der Klient sich in Therapie begeben hat.
Unterhalb des Bewusstseins befindet sich eine innere, implizite Welt, die weder sprachlichem Ausdruck noch bewusstseinsgesteuertem Verhalten unmittelbar zugänglich ist. Diese Welt ist verborgen, schwer fassbar und abstrakt. Erinnerungen und Gefühle, die kaum zu ertragen sind, werden oft »absichtlich« in der impliziten inneren Welt verborgen. Verhaltensweisen und Emotionen können an der Oberfläche des Bewusstseins zutage treten, als sei ihr Ursprung völlig unbekannt. Solche Phänomene werden gewöhnlich »Symptome« genannt, aber gleichzeitig ist dies die Art, auf die sich das Implizite im Expliziten zeigt. Symptome erzeugen Gefühle der Unverbundenheit und Desintegration, wodurch eine Disharmonie entsteht, die Klienten dazu bringt, einen Therapeuten aufzusuchen. Mirroring Hands ist eine natürliche und responsive Art, einen Klienten zu befähigen, diese Verbindungen wiederherzustellen. Wir werden zeigen, wie dies selbst dann gefahrlos und zuträglich geschehen kann, wenn das Erleben des Klienten in der Therapie schwierig und für ihn belastend ist.
Wie genau in der Therapie verfahren wird, hängt davon ab, was der Klient tun kann, was er zu tun erwartet und wozu er bereit ist. Weiterhin kann dabei eine Rolle spielen, was er über Sie als den Therapeuten und über Ihre Arbeitsmethode weiß. Klienten, die gezielt wegen Mirroring Hands zu Ihnen gekommen sind, wollen vielleicht augenblicklich mit dieser Art der Arbeit beginnen. Diesem Wunsch kommen wir nicht immer sofort nach. Wir berücksichtigen vielmehr alle Botschaften, die ein Klient übermittelt. Mit der Sensibilität, die ein Therapeut gegenüber den vielen Ebenen der Kommunikation eines Klienten aufbringen muss, werden wir uns in Kapitel 7 (»Natürliche, angenehme und sensible Beobachtung«) ausführlich beschäftigen.
Wir beschreiben zwar nur einige Varianten der Nutzung von Mirroring Hands, doch kann der Ansatz auch noch auf viele andere Arten verwendet werden. Durch das Zusammenwirken von Klient und Therapeut entsteht, was im betreffenden Augenblick erforderlich ist. Wir werden in Kapitel 12 (»Improvisation, Drama und Mirroring Hands«) näher auf diesen Aspekt eingehen. Improvisation ist im Grunde eine ungeplante Form der Nutzung Ihrer Wissensbasis und Ihrer vorhandenen Fertigkeiten. Was genau in der Psychotherapie geschieht, ist charakteristisch für die Kunst des betreffenden Therapeuten (Schore 2012; Storr a. Holmes 2012). Stellen Sie sich einen Pianisten vor, der sich von der Melodie des Stücks, das er spielt, entfernt und zu improvisieren beginnt. In den Tönen, die er dann produziert, kommen seine Fertigkeiten, seine Erfahrung und seine Expertise zum Ausdruck, und sie werden außerdem vom eventuellen Zusammenspiel mit anderen Musikern, vom Publikum und von seiner Vorstellungsfähigkeit beeinflusst. Ein schlecht ausgebildeter oder unerfahrener Spieler mit unzureichenden technischen Fertigkeiten ist einfach nicht in der Lage, ebenso gut zu improvisieren wie ein Meister seines Instruments. Diese Kompetenz entwickelt sich im Laufe der Zeit. Weil uns wichtig ist, dass jeder Therapeut seine eigenen, besonderen Qualitäten bei der Arbeit mit Mirroring Hands zur Geltung bringt, empfehlen wir Ihnen dringend, alles zu lernen, was Sie interessiert. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass Sie sich an Ihrem Interesse orientieren. Außerdem sollten Sie sich durch regelmäßige Supervision um Feedback über Ihre Arbeit bemühen und Ihre Klienten immer wieder fragen, was ihnen nützlich ist (Miller et al. 2006, S. 5–22). Wir werden unterschiedliche Möglichkeiten erforschen, sich Feedback von Klienten zu verschaffen und so die Wirkung der therapeutischen Arbeit zu überprüfen, während wir uns mit verschiedenen Varianten von Mirroring Hands befassen und einige Fallbeispiele betrachten. Wir hoffen, dass Ihnen das hilft, als Kliniker Vertrauen zur Anwendung aller Ihrer Möglichkeiten zu entwickeln und sich dabei wohlzufühlen. Ebendeshalb hat der Klient Sie aufgesucht und lässt Sie an seinem Erleben teilhaben!