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1.3 Massendemokratie

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Inzwischen aber ist die Situation eine völlig andere.

Es beginnt vor ungefähr hundert Jahren damit, dass Radiosender Nachrichten ohne Zeitverzögerung verbreiten. Die Stimmen der Regierenden dringen bald bis ins hinterste Dorf. Mikrofone und Lautsprecher machten es möglich, dass Politiker vor großen Versammlungen von Tausenden Menschen reden. In Wochenschaufilmen wurden zusätzlich die wichtigsten Ereignisse über Land verbreitet und jeder, der in so einer Woche ins Kino ging, wurde von diesen Filmbeiträgen erreicht.

Schon die frühe Phase des Rundfunks hat gezeigt, dass die neue Technik auf Seiten der Regierenden nicht automatisch zum Guten führte. Im Gegenteil, gerade in dieser Phase der ersten Massenmedien und Kommunikationstechnik mit größerer Reichweite haben sich die europäischen Diktaturen entwickelt.

Dieser Prozess, wie aus einer Demokratie eine Diktatur wird, scheint sich jetzt in der Türkei, hundert Jahre später, noch einmal zu wiederholen. Erst Reden im demagogischen Stil vor riesigen Versammlungen, dann Beeinflussung der Wahlen durch die staatlichen Medien, dann Ausschalten der Opposition, Kontrolle der Justiz, Verhaftung von Oppositionellen.

Revolutionäre und Putschisten, aber auch legal an die Macht gekommene Kanzler, Präsidenten und Parteiführer bemächtigen sich gerne des Films, des Rundfunks und der Zeitungen und können die Demokratie durch Propaganda, Lügen und Demagogie aushebeln. Die mediale Situation, in der die Masse stumm bleibt und die Machthaber täglich über die Medien zu ihnen sprechen, ist eine der Ursachen für die Fehlentwicklung zum Totalitarismus, bis hin zum Mörderstaat des Dritten Reiches.

Das Volk kannte vor hundert Jahren, als der Rundfunk zu senden begann, noch nicht den Unterschied zwischen dem persönlichen Wort einer vertrauenswürdigen Person und einer Rede im Radio, die ein Volksverhetzer vor Millionen von Bürgern hält. Man glaubte der Stimme aus dem Lautsprecher, so wie man einem Menschen zu glauben bereit ist, der vor einem steht und eine klare und selbstbewusste Aussage macht.

Doch die Situation im Massenmedium ist grundverschieden im Vergleich zum persönlichen Gespräch. Einer Person, die vor mir steht und mich anspricht, kann ich in die Augen sehen, ich spüre einen direkten Kontakt und habe dabei ein Empfinden für ihre Glaubwürdigkeit. Ich kann Gegenfragen stellen, nachhaken, anzweifeln, Beweise verlangen und vor allen Dingen, ich kann einem, der auf gleicher Höhe vor mir steht, widersprechen:

Das stimmt nicht,

das glaube ich nicht,

ich weiß, dass es ganz anders ist.

All das ist bei einer Rede im Sportpalast oder im Radio vor Tausenden oder Millionen von Zuhörern unmöglich.

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