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Sicherheit – ein umkämpfter Begriff am Golf Einleitung

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Die Krise am Golf, die die Staaten des Golfkooperationsrats (GCC) seit einigen Jahren spaltet, hat seinen Ursprung in dem geostrategischen Wandel, der mit dem sogenannten »Arabischen Frühling« einherging. Während die alten Regionalmächte Nordafrikas und der Levante unter dem Druck der Revolutionen zerbrachen, verschob sich das Machtmonopol an den Arabischen Golf – in die Hände weitestgehend unerfahrener Monarchen, die mit ihrer neuen Rolle der Verantwortung zunächst überfordert waren. Durch Petro-Dollars finanziell weitaus stabiler aufgestellt und, mit der Ausnahme Bahrains, auch immuner gegen die Welle der Revolte, die nach 2011 über die Region schwappte, hatten die Golfmonarchien mehr Handlungs- und Gestaltungsspielraum in dem postrevolutionären Kontext, um zu experimentieren.

Spätestens nach dem Fall des Gaddafi-Regimes zeigte sich, dass die Staaten des Golfs komplett unterschiedliche Politiken verfolgten, mit anderen Werten, Interessen und ideologischen Narrativen. Vor allem die kleineren aber auch ambitionierteren Golfstaaten, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), standen sich plötzlich auf unterschiedlichen Seiten eines regionalen Stellvertreterkrieges gegenüber. Die Konsequenzen für den Golfkooperationsrat als regionaler Sicherheitskomplex waren verheerend. Was 1981 unter der Schirmherrschaft Saudi-Arabiens als Bollwerk gegen die befürchtete Ausbreitung der islamischen Revolution im Iran begann, ist heute nur noch der Schatten eines Versuchs, die sechs Golfmonarchien unter einem gemeinsamen Sicherheitskonzept zu vereinen.

Heute sind die sechs Staaten des Golfkooperationsrats9, die geschichtlich, sprachlich, religiös, ethnisch und familiär nicht enger miteinander verknüpft sein könnten, durch einen ontologischen Keil gespalten. Die Fragen, wie man Sicherheit und Stabilität regional definieren und erreichen kann, werden von ideologischen Narrativen getrieben. Die Versicherheitlichung von Sachverhalten10 findet nicht mehr auf regionaler GCC-Ebene statt, sondern wird individuell auf nationaler Ebene vorangetrieben. Das Resultat davon ist der effektive Zerfall des GCC als ein Sicherheitskomplex und die Entwicklung eines nationalen oder bilateralen Sicherheitsverständnisses.

Wie dieser Beitrag zeigen wird, hat die Versicherheitlichung des politischen Islam und der Idee von liberaler Zivilgesellschaft ganz besonders zu einem Bruch zwischen Saudi-Arabien und den VAE auf einer Seite und Katar auf der anderen Seite geführt. Riad, Abu Dhabi und Doha, als die drei wichtigsten Protagonisten auf der arabischen Seite des Golfs, haben nach dem Arabischen Frühling die Aufstände gegen autoritäre Regierungen völlig unterschiedlich bewertet. Während Katar den soziopolitischen Wandel als eine Chance sieht, haben vor allem die Emirate und Saudi-Arabien den Schrei der Massen nach mehr sozialer Gerechtigkeit und soziopolitischer Freiheit als eine Bedrohung gesehen. Obwohl das Narrativ des »iranischen Schreckensgespenstes« noch immer viel Resonanz im saudischen Königreich erhält, beschäftigen sich die Sicherheitsagenden der anderen Staaten mehr mit der Rolle von nichtstaatlichen Akteuren in einer Region im Umbruch.

Krise am Golf

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