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Kriegsbedingungen

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US-Außenminister Mike Pompeo stellte dem Iran im Mai 2018 zwölf Bedingungen für Verhandlungen über ein neues Abkommen. Unter anderem sollte er die Urananreicherung völlig einstellen, obwohl ihm durch das Abkommen vier Prozent zugestanden worden waren. Der Iran müsste zudem alle seine Militäranlagen, nicht nur die nuklearen, für Inspektionen öffnen. Er müsste sein »Verhalten« in der Region insgesamt ändern und jegliche Unterstützung der libanesischen Hisbollah, die in Syrien gegen den IS kämpfte, der Houthis im Jemen, gegen die Saudi-Arabien Krieg führt, und anderer Milizen sowie sein Nuklearprogramm völlig einstellen. Grundlage für diese Bedingungen war ein »playbook« von John Bolton aus 2017, als dieser noch nicht Sicherheitsberater der Trump-Regierung war. Darin werden die Schritte genannt, wie der Iran eingeschnürt werden kann. Letztlich wird darin vorgeschlagen: »Mit Israel und anderen Ausgewählten werden wir die Militäroptionen besprechen.«36

Der Iran kann diese Bedingungen nicht akzeptieren. Kein Land der Welt würde alle seine Militäranlagen für ausländische Untersuchungen öffnen. Eine derartige Vorkehrung ist auch in keinem Rüstungskontrollabkommen vorhanden. Diese Forderung ist ein ferner Spiegel des Ultimatums, das die österreichische Monarchie an Serbien nach der Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand am Vorabend des Ersten Weltkriegs im Juli 1914 stellte. Es verlangte die Öffnung des gesamten serbischen Territoriums für die Suche nach den Attentätern, die einzige Bedingung, die Serbien nicht akzeptierte.

Zudem sieht der Iran die von den USA als feindlich eingestufte libanesische Hisbollah und andere Milizen als zweite Linie der Verteidigung, nachdem sein konventionelles Militär relativ schwach ist. Was Irans Raketenprogramm betrifft, argumentiert Teheran, dass es schon einmal, nach dem Angriff des Irak in den 1980er Jahren, ohne ausreichende Verteidigung geblieben war. Außerdem hätten die Raketen Saudi-Arabiens eine größere Reichweite als die des Iran. Irans Verteidigungsausgaben belaufen sich auf zehn Milliarden US-Dollar im Jahr, die Saudi-Arabiens auf 80 Milliarden US-Dollar. Ebenso wäre die Terrororganisation Islamische Staat (IS), die schon einige Anschläge im Iran verübt hatte, wahrscheinlich ohne diese Verteidigungslinie bereits auf iranisches Territorium vorgedrungen. Trump und Netanjahu kritisierten das JCPOA, weil es »politisches Verhalten« des Iran nicht berücksichtigt, wie es Pompeo und Bolton formuliert haben. Es gibt aber kein Rüstungskontrollabkommen, das ein solches miteinbezieht; »Verhalten« ist eine Frage der Interpretation. Würde »Verhalten« einbezogen, hätte es kein Rüstungskontrollabkommen zwischen der Sowjetunion und den USA während des Ost-West-Konfliktes gegeben.

Obwohl US-Präsident Donald Trump und Außenminister Mike Pompeo gelegentlich Verhandlungen ohne Vorbedingungen angeboten haben, ist es wahrscheinlich, dass die Bedingungen, die Trump schon im Mai 2018 gestellt hatte, bei Verhandlungen wieder gestellt würden. Diese Bedingungen zeigen, dass es längst nicht mehr um Irans Nuklearprogramm geht, sondern um den Einfluss des Iran in der Region und die dadurch verursachte Einschränkung des US-Einflusses.

Die Nuklearstrategie der USA macht deutlich, dass es um die Schwächung des Iran geht: »Iran sieht den Einfluss der USA im Mittleren Osten als die allererste Bedrohung des iranischen Ziels, selbst die dominante regionale Macht aufzubauen. Iran ist bestrebt, seinen Einfluss über die Nachbarstaaten zu vergrößern und den der USA einzuschränken. Dieses Ziel bedroht die Verbündeten und Partner der USA; und Irans Verteidigungspolitik, Strategie und Streitkräftestruktur deuten auf einen Versuch hin, sich einen militärischen Vorteil zu verschaffen.«37

Tatsächlich liegt der Iran bei einem globalen Machtindex an vierzehnter Stelle, der nicht nur militärische Stärke sondern vor allem geopolitische Faktoren miteinbezieht. Diese sind Größe, Naturressourcen, innere Kaufkraft, Bildung, Gesundheitsversorgung, lokale Industrie und Infrastruktur, gemeinsame Grenzen, Länge der Küsten, regionale Lage u. a. Der Besitz von Nuklearwaffen wird nicht berücksichtigt. Bei diesen Qualitäten liegt der Iran vor Israel und Saudi-Arabien.38 Diese potenzielle Stärke des Landes wird von Nachbarstaaten argwöhnisch betrachtet. Anstelle Vorteile daraus zu ziehen, setzen mache von ihnen gemeinsam mit der Trump-Regierung auf die Schwächung des Iran, entweder durch Sanktionen oder womöglich durch Krieg. US-Präsident Obama versuchte mit dem Abschluss des Nuklearabkommens den Weg des Arrangements zu gehen.

Der Iran wurde lange vor dem Disput über das Nuklearprogramm als hegemoniale Konkurrenz der USA in der Golfregion gesehen. Die Befürchtung bestand bereits vor der iranischen Revolution, hat sich aber mit der Revolution beschleunigt, sodass die USA den Irak im Krieg gegen den Iran in den 1980er Jahren unterstützten. 1987 schrieb der Verantwortliche für den Iran im Weißen Haus während der iranischen Revolution über die Befürchtungen der USA: »Der Iran hat seit langem Ambitionen, die Supermacht am Persischen Golf zu werden. Dieses Aussicht ist heute genauso wenig unwahrscheinlich wie in der Vergangenheit.«39

Pompeos Bedingungen haben drei Ziele: das Nuklearprogramm des Iran zu eliminieren, Irans Einfluss in der Region einzudämmen und das Regime zu stürzen. Für letzteres spricht auch, dass die USA im August 2019 den iranischen Außenminister Javad Zarif mit Sanktionen mit der Begründung belegt haben, dass er im Sinne des obersten Führers des Iran handle und das Gesicht dieses Regimes darstelle. Da im iranischen politischen System der oberste Führer immer die letzte Instanz ist, bedeutet diese Begründung, dass die USA eben dieses politische System in Frage stellen. Sicherheitsberater John Bolton hatte es mehrmals als »illegitim« bezeichnet. Alle drei Ziele können letztlich nur durch Krieg erreicht werden.

Die Forderung der USA, eine Militärmission zum »Schutz« der Seewege im Persischen Golf aufzustellen, an der sich auch die Europäer beteiligen sollen, ist gefährlicher als ein Embargo oder die Blockade des Iran. Derartige Maßnahmen haben in der Geschichte immer wieder das Kriegsrisiko erhöht, wie etwa in der Berlin- und der Kubakrise von 1948 bzw. 1963.

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