Читать книгу Die Geburt eines finsteren Universums - Robert Mirco Tollkien - Страница 3
ОглавлениеProlog
Der langsame Untergang der Sonne
Bevor das Zentralgestirn, welches in den Mittagsstunden ein Drittel des Firmamentes ausfüllte, sich allmählich anschickte, den langen Tag zu beenden, um dadurch die glühende Landschaft in einen Ort der Eiseskälte zu verwandeln, schwelgte der klägliche Überrest des einst hoch entwickelten Lebewesens in einer Kombination aus Traumsequenzen und Erinnerungen.
Trostlos mochte diese Welt sein, aber wesentlich trostloser waren die besagten Erinnerungen und Träume. Glücklicherweise verhielt es sich mit der Wahrnehmung des abstrakten Gebildes der Zeit gänzlich unterschiedlich wie etwa bei einer Kreatur auf der Basis von Wasser und Kohlenstoff. Weil das rudimentäre Geschöpf seit Äonen an derselben Stelle verweilen musste und dabei stets in die finstere Vergangenheit blickte, wäre es bei anderer biologischer Beschaffenheit längst von Schüben arger Depressionen heimgesucht worden (übrigens, liebe Leserinnen und Leser, ist es nahezu unmöglich, den Namen des beschriebenen Wesens in irgendeine irdische Sprache herüberzusetzen. Daher verwenden wir an dieser Stelle allgemeine Begriffe).
Vor dem inneren Auge zogen voller Schärfe die Blitze der Detonationen unheilvoller Waffen vorüber. Sie paarten sich mit den Bildern der ehemals prächtigen Heimat, die durch die strahlenden Bomben unwiederbringlich verlorengegangen war. Auch seine vergebliche Flucht in die Weiten des Kosmos hinein wiederholte sich kontinuierlich. Das zerstörte Wesen sah auch den für die Apokalypse verantwortlichen Dämon und dessen sadistische Handlanger. Die furchteinflößende Erscheinung des Weltenzerstörers kam unglaublich detailliert daher, während der Schmerz, den die Schergen ihm zu einem späteren Zeitpunkt geschenkt hatten, deutlich gespürt werden konnte.
Leichte Unschärfe hielt Einzug in die Montage aus Bildern und Kurzfilmsequenzen. Da das Licht des Tages mit der lebensspendenden Energie darin schwand, verminderte sich die Gedächtnisleistung synchron mit dem langsamen Untergang der Sonne in dieser steinernen Welt ohne Hoffnung, bis mit der schier unendlichen Nacht der temporäre Tod einzöge.
Der Verlust der Verbindung mit dem großen Netz des Kosmos war die zweite Katastrophe, die uns durch das Eingreifen der Pyramidenkreatur widerfuhr! Am Ende vereinten sich die Katastrophen zu einer einzigen, gigantischen Urkatastrophe!
Milliarden Jahre nach irdischer Zeitrechnung lag diese Urkatastrophe mittlerweile zurück, doch dem Überrest kam es vor, als sei sie erst unlängst geschehen; vor vielleicht einer halben Stunde, vor vielleicht einer Handvoll an Zeitaltern, was für ihn keinerlei Unterschied ausmachte.
Der Blick wanderte über die tote, eintönige Landschaft hinweg, fokussierte das dahinkriechende Schauspiel des Sonnenunterganges. In der Luftlosigkeit dieses Ortes blieb der Himmel stets schwarz, so dass die wundervollen Farbenspiele der uns bekannten Dämmerung nicht existierten. Jedoch sorgte die kaum erwähnenswerte Atmosphäre für beinahe ungebrochenes Licht und zauberte somit prächtige, konturstarke Schatten in die Szenerie hinein, von denen einer sich dem gebrochenen Geschöpf kriechend näherte.
Oh, geliebter Heimatplanet, von dem fern ich mich befinde, was mag aus dir geworden sein nach all der Zeit? Oh, wundervolles Netz, zu dem den Zugang ich verloren habe, konnte irgendwer dich von den grausamen Manipulatoren befreien? Und du, bestialische Pyramidenkreatur, steigst du immer noch hinab von den kalten Sternen, um über die Welten der Sanften und Friedliebenden herzufallen?
Seiner Langsamkeit zum Trotze erreichte der Schatten und mit ihm die Eiseskälte der Nacht das Wesen am Ende unaufhaltsam. Das Sichtfeld flackerte nun heftig, eine Kollage an Bildern flimmerte wirr vorüber, bevor es erneut von groben Störungen heimgesucht wurde und der temporäre Tod seinen Anfang nahm.