Читать книгу Die Geburt eines finsteren Universums - Robert Mirco Tollkien - Страница 4

Kapitel 1

Оглавление

Zum ersten Mal traf ich Andreas Hillmann in den frühen Monaten des Jahres 2002.

Damals studierte ich Geschichte und Latinistik an der Universität Bielefeld.

Den einen oder anderen Betrag in der brandneuen Währung Euro verdiente ich mir hinzu, in dem ich als Aushilfe an einer 24Stunden-Tankstelle arbeitete. Der Stundenlohn lag nicht gerade üppig hoch, doch dafür zahlte der Pächter in stillschweigender Übereinkunft, wenn der Studentenfreibetrag überschritten wurde, das zusätzliche Geld unter der Hand aus. Meine Eltern gingen zu jener Zeit beide einer Tätigkeit als Akademiker nach. Ihre Überweisungen sicherten meine Grundbedürfnisse und zusammen mit dem Lohn, den mein Chef mir zum Monatsersten in die Hand drückte, ließ es sich angenehm, sorglos leben.

Der Feierabend dieser Spätschicht befand sich bereits in Sichtweite, als ein junger Mann mittlerer Größe in knitteriger Kleidung mit zerzausten, schwarzen Haaren in die Tankstelle gestiefelt kam. Ziellos wirkend durchstreifte er die Regalreihen, blieb hier und da stehen, nahm ein Produkt zur Hand, nur um es nach dem genauen Betrachten wieder ins Regal zurückzustellen.

Normalerweise pflegten solche Kunden meine Nerven aufs Äußerste zu strapazieren und beinahe wollte ich meinen für solche Besucher bestimmten Standardspruch von mir geben, da nahm der Kerl sich eine Tüte Chips und eine Flasche Herforder Pils und trat an meine Kasse heran.

Er sagte keine Begrüßung, wünschte keinen guten Abend, sondern sprach: „Die Lebensmittelindustrie hat es sich auf die Fahnen geschrieben, die Weltbevölkerung durch Verfettung zu dezimieren. Und ich Idiot zahle an der Tankstelle ein Schweinegeld dafür und spüle den Dreck auch noch mit Bier herunter."

Sehr melodisch klang seine Stimme, man konnte beinahe an den Sprecher eines Hörbuches denken.

„Du musst aber noch viel essen, wenn der Plan der Chipsmafia aufgehen soll.", antwortete ich im Hinblick auf seine Magerkeit.

Daraufhin grinste er nur, ein nettes, freundliches Lächeln, wühlte in der Vordertasche seiner Jeans und holte einen 10-Euro-Schein hervor, der genauso zerknittert war wie seine Kleidung. Er legte ihn in die Werbegeldschale von Marlboro, drehte sich um und stapfe wortlos davon.

„Hey, du kriegst noch gut sechs Euro Wechselgeld.", rief ich ihm hinterher.

Langsam hob er seine Hand, drehte sich aber nicht um dabei, sagte lediglich: „Behaltet ihr zwei das mal."

Kollegin Meike und ich schauten uns an und begannen, synchron zu lachen, bevor wir das Trinkgeld geschwisterlich untereinander aufteilten.

Durch die hohe Fensterfront konnte der Betrachter sehen, wie der seltsame Kunde die Linien zwischen den Bodenplatten auf der Fahrbahn der Tankstelle entlangbalancierte. Dabei bewegten sich seine Lippen und man gelangte schnell zu der Ansicht, er führe ein intensives Selbstgespräch.

Die Geburt eines finsteren Universums

Подняться наверх