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Schilderung einiger seltsamer Vorfälle mit und ohne Sparkassenbezug

1 Dackelfrauen und Tubustunnel

Am einundzwanzigsten Januar des Jahres Zweitausendneunzehn nach Christus stehe ich früh halb sechs Uhr bei klirrender Kälte auf dem Betriebsparkplatz und beobachte den vorher und nachher viel besprochenen Blutmond.

Tage später stehe ich auf dem Wohnungsbalkon und beobachte den Notarztwagen und den mitgereisten Krankenwagen, die vor dem Nachbareingang parken.

Die Motoren laufen und die Heizungen blasen Wärme ins Innere der Fahrzeuge.

Eine junge Frau mit einem Tubustunnel im Mund wird herausgetragen.

Drogenmissbrauch.

Sie wird in den Krankenwagen geschoben, die Tür rastet ein.

Über Nacht schneit es, am Tag leckt es.

Ich bin draußen unterwegs.

Meine Schuhe haben Löcher, meine Füße werden nass.

Ich stehe Tage später im Supermarkt und über meine hingestellten Füße fällt beinahe ein ehemaliger Klassenkamerad, mehr noch: Banknachbar, Kontaktaufnahme nach über dreißig Jahren Stille.

Ich weiß über ihn, dass er geschieden ist und eine Armee Kinder mit seinem Verdienst als Montageklempner versorgt, dass die neue Frau sofort auch schwanger wurde, dass das (wahrscheinlich) Alibimotiv der Scheidung seine Trunksucht in der hauseigenen Garage mit der Frau fremden und nicht fremden Kollegen war.

Ich erfahre, dass er nun fortgezogen ist, aber sich mit ihm nicht fremden Kollegen einen Garten hier leistet, wo ab und an der Rasen gemäht werden muss, der aber sonst nur als Unterschlupf für getränkevernichtende Männerrunden dient.

Er erfährt, dass ich Schichten arbeite.

Er erzählt, dass er lieber „nicht da ist“.

Nichtdaist ist ein Zustand, der jeglichen Verbrauch zum Erliegen kommen lässt.

Nichtdaist lässt Brause- und Mischbatterien und Duscharmaturen nicht altern.

Ich bin mit drei Einkaufstaschen an der Heckklappe meines Autos und befestige die Dinge am Isofixsystem, hänge Grießpudding, Joghurt und festkochende Kartoffeln ein, verhebe mich dabei hinterrücks an Eistee und Cola, ein Rückenschmerz, der sein Potential später noch entfalten wird.

Ich sitze im Stuhl und lese etwas über drei namenlose Männer, die wie im Western herumstehen, ein Basketballfeld in einer amerikanischen Großstadt bevölkern, ein Ausschnitt dieser Stadt, dieser Bevölkerung, belanglos in diesem Buch.

Die Maler haben das Treppenhaus verlassen, das sie den ganzen Tag mit Sprachlärm füttern.

Der stets darauf antwortende Hund in meiner Nähe hat sich niedergelegt und schläft.

Die Frau, die eine Frau zur Freundin hat, die einen Dackel hat, die Frau, die eine Frisur hat, wie ihre Freundin, die dieselbe Körpergröße hat wie ihre Freundin, die auch ab und an den Dackel ihrer Freundin beaufsichtigt, wenn sie nicht gerade zusammen unterwegs sind, meist mit Dackel zusammen, spricht mich anderntags vor dem Haus an, als ich mit meinem nassen Hund heimkehre.

Das Gespräch ist belanglos und lang, ihre Haare werden ebenfalls nass, ich trage eine Mütze.

Bald werde ich wieder auf dem Balkon stehen und eine der beiden Frauen mit dem Dackel sehen und nicht wissen, ob sie es war, die zu mir sprach oder doch die andere.

Stracciatella und Mitropa

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