Читать книгу Geliebte Welt - Roland Hardmeier - Страница 31

Menschenrechte

Оглавление

In den sozialen Schutzbestimmungen des Alten Testamentes sind im Kern basale Menschenrechte enthalten (Gerlach 2006, 188). Den Armen wird das Recht auf Nahrung zugestanden. Sie dürfen Nachlese auf den Feldern halten und während der Brache nehmen, was auf den Feldern wächst (Ex 23,6–8). Jeder Mensch hat ungeachtet seiner sozialen Stellung Anrecht auf rechtliches Gehör (Ex 23,1–3). Wer als Hebräer seine Freiheit verliert, hat dank des Sabbatjahrs nach spätestens sieben Jahren das Recht auf einen Neuanfang (Ex 21,2). Er muss freigelassen werden und nach spätestens fünfzig Jahren geht durch die Ausrufung des Jubeljahrs der Besitz an seine Familie zurück (Lev 25,8ff). Freilich werden diese Rechte nicht als Menschenrechte ausformuliert, sondern sie werden den Besitzenden und Einflussreichen als Pflichten auferlegt. Das ändert nichts am Umstand, dass mit den zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen basale Menschenrechte angelegt sind. Gerlach ist zuzustimmen, wenn er sagt:

Die moderne Gewährung von Grundrechten ist damit im Kern in den biblischen Schriften angelegt und sie musste und muss bleibend weiterentwickelt werden. Dabei geht es im modernen Kontext um die Weiterentwicklung von Chancengleichheit und Teilhaberrechten sowie um die Ausbalancierung von Leistungs- und Bedarfsgerechtigkeit. (Gerlach 2006, 200)

Gerlach weist hier darauf hin, dass das biblische Gerechtigkeitskonzept in der Regel nicht direkt übertragen werden kann, es aber ein utopisches Potenzial aufweist, das zu neuen Handlungsoptionen provoziert. Die Kraft der Utopie und utopischer Texte könne helfen, neue Optionen überhaupt zu finden, durchzuspielen und zu erproben. Er nennt ein Beispiel:

Die Erlassjahrkampagnen, die seit den 80er-Jahren die gravierenden Missstände der internationalen Schuldenkrise in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht haben, konnten sich auf die biblischen Erlassjahrforderungen und die Bestimmungen zum Jobeljahr berufen (Gerstenberger 2000). Anfangs als naiv belächelt konnte sich langsam die Einsicht durchsetzen, dass arme Länder einen begrenzten und geregelten Schuldenerlass erhalten müssen. Selbstverständlich sind die Missbrauchsmöglichkeiten solcher Erlasse und ihre Wirkung auf zukünftiges Verhalten mit zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit einer Entschuldung, das Recht auf eine zweite Chance für jeden Menschen, wurde in Deutschland auch im Insolvenzrecht für Privatpersonen entwickelt. Interessanter Weise kam hier der biblische Rhythmus zu tragen: nach sechs Jahren des Wohlverhaltens ist eine Entschuldung und ein Neuanfang möglich. Die weitere Entwicklung wird aber auch bei diesem Gesetz zeigen, ob sich dieses Schutzrecht langfristig positiv auswirkt oder ob einem bestimmten Personenkreis künftig notwendige Kredite vorenthalten werden, zumal sich abzeichnet, dass die Privatinsolvenz auch strategisch ausgenutzt werden kann. (a.a.O., 200)

Das Gerechtigkeits-Paradigma des Alten Testamentes bietet einen enormen Reichtum auch für die Entwicklung einer globalisierungstauglichen Sozialethik:

Das kritische und utopische Potential der biblischen Schriften muss präsent gehalten werden, damit es verantwortungsethisch umgesetzt werden kann. Es muss dazu verwandt werden, dass die biblische Einsicht der Weisheitstradition auch in unserer modernen Gesellschaft wach bleibt und die langfristig positiven Folgen praktizierter Gerechtigkeit für ein Volk erkannt werden: „Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben“ (Sprüche Salomos 14,34). (a.a.O., 200)

Geliebte Welt

Подняться наверх