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DER GEIST DES UNIVERSUMS

Der kosmische Wesensgrund ist alles durchdringender Geist in der Welt - dies ist eine universale Erfahrung der Konfessionen. In den heiligen Schriften aller Kulturen finden wir eine gemeinsame Aussage: Gott in allem sehen und alles in Gott sehen. Für die Juden ist Jahwe der Gott in ihrer Mitte, der Gott, der mit dem Volk geht. Nach der christlichen Offenbarung inkarnierte sich das in allem als Leben und Licht vorhandene Wort Gottes in Jesus Christus. Der Geist Gottes wirkt in allen Bereichen des Lebens, um die neue Schöpfung hervorzubringen (Johannes 1, 4; 2 Korinther 5, 17). Im islamischen Glauben ist die Barmherzigkeit Gottes unter den Menschen wirksam, um sie ständig auf den Heilsweg zu führen. Im Hinduismus ist Gott, „das, woraus alles entsteht, wodurch alles besteht und worin alles eingeht“ (Taitirya Upanishad 3, 1).

Der ganze Kosmos ist daher der Leib Gottes (Bhagavad Gita 11). Der Buddhismus bezeugt, dass die heilende Wirkung des inneren Lichts, das in Buddha erschien, weiterhin in allen Herzen heilend erstrahlt. Bei den Urvölkern wird der Alles durchwaltende Geist angesprochen. Insofern Gott so in allen Konfessionen als der gestaltende Geist erlebt wird, bekommt das menschliche Leben einen neuen Sinnhorizont und eine tiefere Verantwortung. Die daraus folgende ethische Grundhaltung wird ausgedrückt in:

Vertrauen (Judentum)

Liebe (Christentum)

Gehorsam (Islam)

Selbst-Hingabe (Hinduismus)

Mitgefühl (Buddhismus)

UNSTERBLICHER GEIST

„Da es im gesamten Weltall weder eine intelligente noch eine

ewige Kraft gibt, so müssen wir hinter dieser Kraft einen

bewussten, intelligenten Geist annehmen. Dieser Geist ist der

Urgrund aller Materie.“

(Max Planck, Berlin 1929)

„Wenn man Brahman erreicht hat,

erfreut man sich eines Zustandes der Zeitlosigkeit,

reiner Gelassenheit und reiner Erleuchtung.

Die letzte Wirklichkeit ist Liebe“.

(Dom Bede Griffiths)

„Die Liebe ist die Urquelle des Kosmos.“

(Quantenphysiker Hans-Peter Dürr)

Unsere kosmische Urquelle ist ein Energiefeld, das in uns

und um uns herum wirkt!

„Alle Menschen in der Welt spüren gegenwärtig das Verlangen, die spirituelle Dimension zu erschließen. Jenseits von Körper und Seele befindet sich der raum- und zeitfreie Zustand der Gegenwart. Hierbei handelt es sich nicht um ekstatische Befindlichkeiten oder Visionen, sondern es geht sehr schlicht und einfach um die unmittelbare Erfahrung von Gegenwart in allen Dingen unseres täglichen Lebens. Dieser Gegenwart sollte man keinen Namen geben. Man kann sie GOTT nennen, aber das scheint mir gefährlich. Das Wort GOTT ist derart missbraucht und dubios, dass man es besser nicht benutzt. Die Menschen haben so viele verschiedene Vorstellungen, was Gott ist und/oder nicht ist. Der deutsche Mystiker Meister Eckhart bevorzugte den Begriff GOTTHEIT, die letzte Wirklichkeit jenseits eines persönlichen GOTTES. Im Hinduismus nennt man dies BRAHMAN, den göttlichen Urgrund. BUDDHA weigerte sich, einen Namen zu nennen, und sprach von NIRVANA, dem Auslöschen jeglicher Vorstellungen.“ (Dom Bede Griffiths O.S.B., 1906 - 1993)

Alle Weisen mahnen zur Besinnung, zur Um- und Rückkehr in das ureigenste Zentrum, welches man mit Gott, Brahman, Seinsgrund, Nirvana, TAO, Urquelle u.a. bezeichnen kann. Der große Transformationsprozess vollzieht sich bereits seit längerem, und immer wieder werden wir durch periphere Sensationen und Phänomene in Atem gehalten. Der Bewusstseinswandel ist nicht etwas völlig Neues, sondern lediglich die uralte Wieder-Erkenntnis (engl.: recognition) einer notwendigen gemeinsamen Geburt (frz.: connaissance). Alles hängt mit allem zusammen, wie die Sterne im Universum eine Konstellation bilden (lat.: stella = Stern).

In Unkenntnis der großen Heiligen Schriften wird der klassische Lehrsatz der Veden oft missdeutet: Aham Brahman Asmi (Ich bin Brahman). Aham ist das wirkliche Ich des Menschen und muss von Ahamkara (Ego-Bewusstsein) unterschieden werden. Brahman, das ewige, unvergängliche Absolute, die höchste, nicht-duale Wirklichkeit des Vedanta, ist ein Begriff, für den es in den dual aufgefassten Religionen mit einem persönlichen Gott kein Äquivalent gibt. Brahman ist ein Zustand reiner Transzendenz, der Überschreitung der Polarität von Geburt und Tod, wo Vorstellungen und Projektionen von Reinkarnation u.ä. keinen Platz finden. Der vedische Ausspruch „Kam Brahman“ (Alles ist Brahman; christlich ausgedrückt: alles ist Gott) besagt, dass nur Brahman, der Wesensgrund existiert und wir darauf eine Vorstellungswelt des Denkens projizieren wie Bilder auf eine Kinoleinwand.

Die Leinwand selbst bleibt stets unberührt.

Jede ernsthafte Kontemplations-Übung, die von Imaginationsgebilden befreit ist, versucht auf dem Weg in die völlige Leere (Nirvana = das Auslöschen aller Gedanken) sich dem kosmischen Urgrund zu nähern. Je näher man sich diesem unzerstörbaren, ewig in jedem Menschen existierenden Wesenskern kommt, desto kleiner wird das hinderliche Ego und die Gegenwart der kosmischen Wirklichkeit strahlt leuchtend hervor. Der berühmte Sufi-Meister Pir Vilayat Inayat Khan (1916 - 2004) - einer der großen Weisen des 20. Jahrhunderts, der zwei Tage vor seinem 88. Geburtstag am 17. Juni 2004 in der Nähe von Paris starb, warnte:

„Auf dem Wege in das innerste Zentrum gibt es Zwischenstadien. Vielleicht haben Sie Visionen – z.B. von Engelsgesichtern oder von Tempeln aus Licht, von Weltuntergängen oder von Menschen, die über die Schwelle des Todes geschritten sind. Vielleicht haben Sie auch akustische Wahrnehmungen, hören Klänge, wie die Symphonie der Sphären. Dies alles sind nur Zwischenstationen, und Sie sollten nicht zulassen, von ihnen gefangen oder aufgehalten zu werden. Sie sollten diesen Zustand auch nicht von sich aus bestärken, denn er bewirkt das Aufblähen des Egos, und wenn sie zurückkehren in das Alltagsbewusstsein, ist die Versuchung groß, sich solcher Erlebnisse zu rühmen, was das Bewusstsein auf das Ego zentriert.

Meditation ist kein Erlebnis, sie ist Kommunion. Wo es Erfahrung gibt, da gibt es ein ‚Ich’ und ein ‚Es‘, und jemand, der über eine Vision spricht, befindet sich in einem Zwischenzustand. Man kann stecken bleiben in jeder dieser Ebenen, wie etwa der astralen, und viele beschreiben diesen Zustand. Er ist eine Spaltung des Bewusstseins. Psychologisch entspricht er dem Zustand der Schizophrenie. Er ist ein Annehmen zweier verschiedener Persönlichkeiten. Astralreisen bringen gewisse Gefahren mit sich. Man ist gespalten zwischen zwei Welten. In der echten Meditation müssen wir etwas, das größer ist als unser Wille und unser Bewusstsein, die Führung übernehmen lassen.“

Die „Ich-bin-Erfahrung“ macht nur derjenige, der sich aus der Projektionsvielfalt von Imaginationen, Visionen, Durchsagen, Rückführungen etc. verabschiedet hat zugunsten der authentischen Berührung des innersten Wesensgrundes. An diesem Punkt hören Konflikte jedweder Art auf. Die spirituellen Lehrer haben es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Schüler dorthin zu führen und sie vor den Fallstricken göttlicher Eigenmächtigkeit zu bewahren. Die Unterscheidung der Geister ist eine gefährliche Gratwanderung auf des Messers Schneide. Die indischen Meister sprechen von: „on the razor’s edge.“

Der Geist des auferstandenen Christi fließt durch uns hindurch und verwandelt das Leben. Wenn wir in uns und um uns diesem verwandelnden Geist Raum geben, erfahren wir, dass der Geist das Wesen unseres Wirkens ist. In einem begnadeten Augenblick dürfen wir dann mit Paulus erkennen: „Ich lebe, nein nicht ich, Christus lebt in mir!“ (Galater 2, 20). Im Durchbruch zu diesem mystischen Bewusstsein erleben wir, was die christlichen Mystiker mit dem Wort „Theosis“ bezeichnen: Vergöttlichung, Gott-Werdung. In Christus ist Gott Mensch geworden, um die in uns verborgene Dimension der Göttlichkeit wachzurufen. Christus ist die Gestalt der tiefen Einheit des Menschen mit dem göttlichen Seinsgrund, und durch ihn sind wir berufen „von der ganzen Fülle Gottes erfüllt zu werden“ (Epheser 3, 19). An ihm erkennen wir, zu welch befreiender Erfahrungstiefe wir eingeladen sind, welcher Schatz in uns verborgen liegt.

In unserem Leben geht es um tägliche Neugeburt - nicht aber um eine Wiedergeburt nach dem Tode. Wir brauchen den Tod nicht zu fürchten, nicht zu überlisten und auch nicht mehr zu überwinden. Er ist schon überwunden in Jesu Christi Tod und Auferstehung. Fast alle Schöpfungsmythen gehen davon aus, dass Wasser der Urstoff gewesen sei, aus dem die Welt entstand. Auch der biblische Schöpfungsbericht beginnt: „Finsternis lag über der Urflut, und Gottes Geist schwebte über dem Wasser“ (Genesis 1,2). Was in der Einheitsübersetzung der Bibel farblos „Urflut“ genannt wird, ist nämlich kein still ruhender See, sondern ein gewaltiger, brausender Ozean, chaotisch und ungeordnet, ohne Gegensätze von oben und unten, hell und dunkel, Vergangenheit und Zukunft. Geist und Wasser bilden ein dynamisches Ganzes, aus dem „Welt“ entsteht.

Auch die griechischen Philosophen sahen im Wasser den „Ursprung des Lebens“ (Thales von Milet). Alexander der Große, so berichtet die Sage, sei bis an die lichtlosen, nebelerfüllten Randzonen der Welt vorgedrungen, um das „Wasser des Lebens“ zu suchen - eine Quelle, in der unterzutauchen unsterblich machen sollte. Auch Jesus spricht vom „Wasser des Lebens“ zu der Frau am Jakobsbrunnen, wenn er sagt: „Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.“ (Johannes 4, 13-14)

Viele leben heute noch nach dem Motto des berühmten lateinischen Sprichworts von dem italienischen Kardinal Gian Petro Caraffa, von 1555-1559 Papst Paul IV.: „mundus vult decipi, ergo decipiatur“ (die Welt will betrogen/ getäuscht sein, also wird sie betrogen).

„Wer nicht von oben her (im griechischen Originaltext steht „anothen“ = vom Ursprung her) geboren wird, der wird das Reich Gottes nicht sehen!" sagt Jesus zu Nikodemus. Im Johannes-Evangelium steht das Wort: sehen! Es geht also nicht um eine körperliche Wiedergeburt, auch nicht um eine Seelenwanderung, sondern um eine „Neugeburt vom Ursprung“ her, welche den Menschen völlig verwandelt, transformiert, so dass er die Welt in neuem Licht sieht. Jeder von uns ist durch Herkunft, Geburt, körperliche Konditionierung, Erziehung, Erlebnisse usw. in ein Netz von Beziehungen und Abhängigkeiten eingebunden, aber niemand ist hilflos darin gefangen. Wir sind nicht einmal für alle Zeit festgelegt auf das, was wir hier und heute sind. Jeden Tag haben wir die Chance, unser Verhalten zu ändern, den Neuanfang zu wagen, neu geboren zu werden. Der Ursprung des Lebens, auf den der Evangelist verweist, ist das Wasser des Lebens, die Ur-Flut, die Tiefendimension des Menschen, das in Gottes Ur-Grund Ruhen.

„Der Herr aber ist Geist, und wo der Geist des Herrn weht, da

ist Freiheit. Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die

Herrlichkeit des Herrn wieder und werden so in sein eigenes

Bild verwandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit durch den

Geist des Herrn.“

(2 Korinther 3,17-18)

Die wirkliche Neugeburt findet nicht nach dem Tod infolge karmischer Verstrickungen statt, sondern ist die Rückbesinnung des Menschen auf die Qualität seines Denkens und Handelns, ist eine radikale Umkehr in diesem Leben.

„Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe:

Kehrt um!“

(Markus 1,15)

Diese Umkehr (griech.: metanoia) ist nicht als Reue zu verstehen, sondern als Grenzüberschreitung unseres Intellekts (griechisch.: meta nous).

„Die Neue Welt, die wir suchen,

ist die Welt der Auferstehung.

Diese Welt ist bereits gegenwärtig,

denn das Königreich Gottes ist

inwendig in uns.

Der Tod ist der Durchbruch zum

Bewusstsein dieser stets gegenwärtigen

Auferstehung im Hier und Jetzt.

Der Weg des Menschen ist die Rückkehr

zu der Quelle, zur Wurzel, zum Seinsgrund.

Jenseits von Körper und Seele, von Gefühl und Gedanke,

gibt es einen Zustand, in dem der

Mensch zu seinem Sein erwacht,

indem er seine Quelle entdeckt, und das

nicht etwa in Bewusstlosigkeit,

sondern in reinem Bewusstsein.

Dies ist das Ziel, das angestrebt werden muss.

In ihm wird Selbstverwirklichung und

Selbsterkenntnis gefunden.

Dies ist die Erkenntnis des Selbst, des Atman,

des Geistes, wo der Geist des Menschen

den Geist Gottes erreicht und berührt.“

(Bede Griffiths O.S.B., 1906 – 1993)

Trotz eines vermeintlichen großen spirituellen Bewusstseins in unserer Zeit, ist den meisten die Unterscheidung von Körper (lat.: corpus, gr.: soma), Seele (lat.: anima) und Geist (lat.: spiritus, gr.: pneuma) nicht bekannt. Seele und Geist werden ständig miteinander verwechselt, und daher kann man auch die Irritationen im Dschungel der Heilsangebote verstehen. Mens bedeutet nicht Geist, sondern Verstand (engl.: mind, Sanskrit: manas, die Denkfähigkeit). Aus dem Sanskritwort „Manas“ kommt unser deutsches Wort „Mensch“. Im Lateinischen ist es „homo“ (frz.: homme), was mit lat.: „humus“ (Erde) zu tun hat. Für eine tiefgreifende spirituelle (geistige) Erfahrung muss gerade das Denken aufhören, damit das Mysterium des universalen und ewigen Geistes offenbar werden kann.

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