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Josephus Flavius

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Der jüdische Feldherr Josephus Flavius befehligte im Aufstand gegen Rom die galiläischen Truppenverbände. Bei seiner Gefangennahme durch General Vespasian im Jahr 67 überraschte er diesen mit einer erstaunlichen Voraussage, die ihm das Leben rettete: Er verhieß Vespasian, dass er römischer Kaiser werden würde. Als das zwei Jahre später geschah, wurde Josephus freigelassen und verbrachte den Rest seines Lebens als Pensionär des römischen Kaisers damit, historische Werke zu verfassen. Neben dem „Jüdischen Krieg“ sind seine „Jüdischen Altertümer“ von höchstem Wert für die Kenntnis vieler geschichtlicher Zusammenhänge. Viele der Personen, die im Neuen Testament erwähnt werden, tauchen auch bei Josephus auf: Herodes der Große und seine ganze Familie, die Hohepriester Annas und Kaiphas, Johannes der Täufer, Jakobus, der Bruder Jesu, und viele andere. Über den Hohepriester Annas den Jüngeren, den Sohn des im Neuen Testament erwähnten Hohepriesters Annas, schreibt er Folgendes:

„Er berief eine Gerichtssitzung des Sanhedrin ein, führte den Bruder des Christus genannten Jesus vor, der Jakobus hieß, und einige andere, verklagte sie wegen Gesetzesübertretung und verurteilte sie zur Steinigung.“16 Diese Angabe von Josephus stimmt mit den neutestamentlichen Aussagen überein. Paulus nennt Jakobus den Bruder des Herrn,17 ebenso wird er in den Evangelien erwähnt.18

Josephus nennt also Jakobus und bezeichnet ihn näher als Bruder von Jesus, der Christus genannt wird. Das macht neugierig darauf, ob bei Josephus noch eine weitere Erwähnung dieses Jesus zu finden ist. Und das ist der Fall. Folgendes kann man bei Josephus lesen:

„Zu dieser Zeit lebte Jesus, ein weiser Mensch, wenn man ihn einen Menschen nennen darf. Unerhörte Taten tat er nämlich, ein Lehrer von Menschen, die mit Freude die Wahrheit annehmen, und gewann viele Juden und auch viele Griechen für sich. Er war der Christus. Und als Pilatus nach Hinweisen unserer führenden Männer ihn zum Kreuz verurteilte, gaben diejenigen, die ihn zuerst geliebt hatten, nicht auf. Er erschien ihnen nämlich am dritten Tage wieder lebend, was neben zehntausend anderen wunderbaren Dingen die göttlichen Propheten gesagt hatten. Und noch bis jetzt ist der nach ihm genannte Stamm der Christen nicht verschwunden.“19

Nun ist dies eine äußerst erstaunliche Aussage aus Josephus’ Feder, der kein Christ war. Die Gelehrten haben immer wieder daran gezweifelt, ob dieser Abschnitt wirklich von Josephus stammt, da sie meinten, dass er dies einfach nicht geschrieben haben könne. Jedoch enthalten alle Handschriften von Josephus diesen Abschnitt, sodass es keinen Hinweis auf eine andere Fassung des Textes gibt. Auch schon Eusebius (etwa 260/265–339/340) zitiert diesen Abschnitt in dieser Fassung.20

Es sind verschiedene Erklärungen für diese Aussage im Text von Josephus vorgeschlagen worden. Dass der ganze Abschnitt ein Einschub eines späteren, christlichen Abschreibers ist, ist unwahrscheinlich, denn der Stil verrät die Hand von Josephus. Außerdem hätte ein Christ, wenn er diesen Abschnitt verfasst und bei Josephus eingeschoben hätte, möglicherweise noch deutlichere Aussagen über Jesus gemacht. Deshalb meinten viele Autoren, dass der Text eine erweiterte Version des ursprünglichen sei, und versuchten, den Urtext zu rekonstruieren, indem sie die Aussagen strichen, die ihrer Meinung nachnur ein Christ gesagt haben kann.

Andere Lösungsversuche bestehen darin, dass man einiges einfügt und anderes fortlässt. Wie dem auch sei, fest steht, dass diese Stelle so in allen griechischen Handschriften erscheint.21 Sie ganz aus dem Text herauszustreichen, ist also nicht möglich. Es könnte auch sein, dass Josephus einfach berichtet, was die Christen sagen, dass er also christliche Aussagen kommentarlos zitiert. „Er war der Christus“ und „Er erschien ihnen nämlich am dritten Tage wieder lebend“ hätte er also nur berichtet, ohne es notwendigerweise selbst zu glauben.

Der englische Neutestamentler F. F. Bruce ist der Ansicht, dass der ganze Abschnitt keine reine Einfügung ist und dennoch Josephus ihn nicht exakt in der Form verfasste, wie er uns heute vorliegt. Er folgert: „Wir können jedenfalls sagen, dass Josephus von der Existenz Jesu Zeugnis ablegt, von seiner Verwandtschaft mit Jakobus dem Gerechten, von seinem Ruf als Wundertäter, von seiner Kreuzigung unter Pontius Pilatus als Folge von Anklagen, die durch die jüdischen Führer gegen ihn vorgebracht worden waren. Ferner von seinem Anspruch, der Messias zu sein, und von seiner Wirkung als Ursprung des ‚Stammes der Christen‘“.22

Josephus, der im Jahr 37 n. Chr. in Judäa als Sohn einer vornehmen Priesterfamilie geboren war, kannte sich in den Verhältnissen im Israel seiner Zeit bestens aus. Er wird die christlichen Gemeinden in Jerusalem und ganz Palästina zumindest aus den Berichten vieler Mitbürger gekannt haben. So verwundert es nicht, dass seine Aussagen im Kern mit denen übereinstimmen, die wir im Neuen Testament und in den frühchristlichen Schriften finden.

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