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2.1 Theorien als wichtige Grundelemente

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Der Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Karl Popper definiert Wissenschaft wie folgt: »Die Tätigkeit des wissenschaftlichen Forschens besteht darin, Sätze oder Systeme von Sätzen aufzustellen und systematisch zu überprüfen; in den empirischen Wissenschaften sind es insbesondere Hypothesen, Theoriensysteme, die aufgestellt und an der Erfahrung durch Beobachtung und Experiment überprüft werden« (Popper 1966, 3). Diese Definition beinhaltet die bereits diskutierten Elemente von Alemann und Forndran und führt darüber hinaus weitere Begriffe ein, die für das wissenschaftliche Arbeiten von zentraler Bedeutung sind: Theorien, Sätze und Hypothesen.

Theorien können definiert werden als »heuristische Mittel, mit deren Hilfe […] die unmittelbare Anschauung übersteigende[ ], systematische[ ] Informationen über nicht offensichtliche Aspekte der Wirklichkeit gewonnen werden sollen« (Westle 2009, 50). Sie dienen dazu, das Besondere in das Allgemeinere einzuordnen und einzelne Erscheinungen in einen Zusammenhang zu bringen. Oft geschieht dies in der Form eines kausalen Zusammenhangs von Ursache und Wirkung. Sozialwissenschaftliche Theorien kann man sich dabei als modellähnliche, abstrakte und damit reduzierte Konstruktionen von Wirklichkeit vorstellen, in denen geronnenes Wissen über sich wiederholende Verhaltensweisen oder Entwicklungen aufbewahrt wird. Sie stellen Begriffe, Argumente und Denkmuster bereit, die Ordnung in die Beschäftigung mit der Wirklichkeit bringen. Das Ziel von Theorien ist es, Ausschnitte der Wirklichkeit sprachlich abzubilden. Sie sollen die in der Wirklichkeit existierenden kausalen Zusammenhänge zwischen einzelnen Phänomenen oder Tatsachen in Aussagen fassen, die allgemeine Gültigkeit beanspruchen (allgemeine Sätze) und gleichzeitig die Tatsachen adäquat beschreiben (singuläre Sätze). Diesen Zusammenhang zwischen Wirklichkeit und Sprache nennt man Korrespondenztheorie der Wahrheit (vgl. Behnke u. a. 2006, 21–23; Abb. 1).


Abb. 1: Korrespondenztheorie der Wahrheit (Quelle: eigene Darstellung modifiziert nach Behnke u. a. 2006, 23).

Theorien dienen also dazu, die Wirklichkeit, wie wir sie über unsere Sinneseindrücke (oder empirische Methoden als Hilfswerkzeuge) erfahren, vermittels Sprache abzubilden und dabei Aussagen über kausale Zusammenhänge zu treffen. Theorien müssen den Kriterien der Wissenschaftlichkeit und insbesondere der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit entsprechen, um verstehbar und auch überprüfbar zu sein.

Theorien sind damit auch Anleitung oder Grundlage eines Forschungsprozesses. Sie bündeln das Forschungsinteresse auf ein bestimmtes Phänomen, formulieren Analyseperspektiven und bieten darüber hinaus mit ihren Begriffen und Definitionen Hinweise dafür, wie einzelne Begriffe so übersetzt oder operationalisiert werden können, dass man sie in der Wirklichkeit messen kann. Die daraus abgeleitete empirische Untersuchung dient dann der Überprüfung der Gültigkeit oder des Wahrheitsgehaltes einer Theorie. Aus dieser Perspektive stehen am Anfang jeder Forschung Theorien, welche dann an die durch diese Theorien vorstrukturierte Empirie rückgebunden werden müssen. Zugleich werden Theorien gerade in den Sozialwissenschaften auf der Basis empirischer Beobachtungen formuliert, sodass so betrachtet Beobachtungen am Anfang der Erkenntnis stehen. Im Grunde handelt es sich bei wissenschaftlichem Arbeiten somit um einen zirkulären Prozess ( Abb. 2), der Empirie (also die Beobachtung oder empirische Erfahrung) und Theorie (also die verallgemeinerten Annahmen über Zusammenhänge in der Empirie) verbindet.


Abb. 2: Theorie und Beobachtung (Quelle: eigene Darstellung).

Methoden in der Politikwissenschaft

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