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2.2.3 Variablen

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Der Begriff Variable wird definiert als »begrifflich definiertes Merkmal von Objekten beliebiger Art, die mindestens zwei Merkmalsausprägungen haben, welche eine Mengenzerlegung (Klasseneinteilung) des gemeinten Objektbereichs darstellen« (Dreier 1997, 134). Der Begriff ›politisches Regime‹ ist beispielsweise eine Variable, die die Ausprägungen ›Demokratie‹ und ›Diktatur‹ annehmen kann. Je nach gemessener Ausprägung lassen sich Länder der einen oder anderen Klasse zuteilen. Analog zu der bereits eingeführten Unterscheidung von Begriffen lassen sich Variablen in klassifikatorische, komparative und metrische Variablen unterscheiden ( Kap. 2.2.1).

Darüber hinaus können Variablen unterschieden werden nach (vgl. Westle 2009, 78):

• Art und Anzahl der Ausprägungen: Gibt es zwei separate Ausprägungen, spricht man von dichotomen, diskreten Variablen (Demokratie: ja/nein), bei mehreren separaten Ausprägungen von polytomen Variablen (Demokratietyp: präsidentiell, semipräsidentiell, parlamentarisch, direkt) und bei beliebig vielen stetigen Ausprägungen von kontinuierlichen Variablen (Einkommen, Gewicht).

• Beobachtungsstatus: Variablen können manifest oder latent, also direkt oder nur indirekt messbar sein (Einkommen vs. Vermögen). Wenn eine Variable latent ist, so wird man messbare Variablen definieren müssen, über die die Ausprägungen dieser latenten Variablen erfassbar sind. Dies sind sogenannte Indikatoren, die das Vorliegen und die jeweilige Ausprägung einer Variablen anzeigen.

• Status: Variablen können sich auf ein Merkmal eines Falles beziehen (absolut: Wahlbeteiligung) oder auf ein Verhältnis zwischen Fällen (relational: Macht).

• Merkmalsebene: Variablen können sich auf individuelle oder kollektive Merkmale beziehen (Wahlentscheidung vs. Höhe der Wahlbeteiligung).

Verwendet man eine Variable, um Fälle zu unterscheiden, erstellt man eine Klassifikation. Werden mehrere Variablen und damit Merkmalskombinationen verwendet, um Fälle zu unterscheiden, dann spricht man von einer Typologie. Gerade theoretische Begriffe wie Demokratie werden in der Regel über solche Typologien abgebildet. Es handelt sich also um Merkmalsbündel, die neue Variablen bilden. Ein Beispiel für eine einfache Typologie mit zwei Variablen ist die Kombination der dichotomen Variablen politische Aktivität und Parteimitgliedschaft zu einer Typologie politischer Partizipation ( Tab. 1). Es entsteht ein zweidimensionaler Merkmalsraum mit vier möglichen Kombinationen.

Prinzipiell können beliebige Variablen miteinander kombiniert werden. Diese müssen nicht dichotom, sollten aber diskret sein, also eine zählbare Anzahl von Werten aufweisen. Stetige Variablen können durch die Einführung von Schwellenwerten in diskrete Variablen (z. B. Einkommen: niedrig, mittel, hoch) umgewandelt werden. Denn sonst wird es schwierig, die Kriterien der Ausschließlichkeit und der Umfänglichkeit zu erfüllen, die für die Bildung von Typologien und Klassifizierungen zentral sind (vgl. Sartori 1970). Es können auch mehr als zwei Variablen zu einer Typologie verbunden werden, was allerdings in der Darstellung und in der Kombinatorik schnell recht komplex werden kann.

Tab. 1: Eine einfache Typologie politischer Partizipation


Quelle: Schnell u. a. 1995, 349.

Aber wie wählt man passende Variablen für eine solche Typologiebildung aus? Dies sollte immer auf theoretischen Überlegungen beruhen. So ist es beispielsweise wenig sinnvoll, die Variablen Wahlen (ja/nein) und Zugang zum Meer (ja/nein) zu einer Typologie politischer Herrschaft zu kombinieren. Die Kombination von Wahlen und Rechtsstaatlichkeit hingegen führt zu einer sinnvollen Typologie. Staaten mit Rechtsstaatlichkeit und Wahlen würde man als liberale Demokratie, Staaten ohne beides als totalitäre Diktatur bezeichnen. Interessant sind zudem die beiden anderen Kombinationsmöglichkeiten: Wahlen ohne Rechtsstaatlichkeit (illiberales elektorales Regime) und Rechtsstaatlichkeit ohne Wahlen (Diktatur des Rechts), die sich in ihrer Funktionslogik deutlich von den anderen Typen unterscheiden.

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