Читать книгу Methoden in der Politikwissenschaft - Rolf Frankenberger - Страница 20

2.3 Methoden als Werkzeugkasten der Forschung

Оглавление

So wie Handwerk:innen zum Ausüben ihres Berufs besondere Werkzeuge benötigen, brauchen auch Wissenschaftler:innen zur Beantwortung von Forschungsfragen Werkzeuge. Diese Werkzeuge werden oft unter dem Begriff Methoden zusammengefasst. Eine Methode ist nach Alemann und Forndran (1995, 33) »das, was Wissenschaftlichkeit des Forschens und Argumentierens auszeichnet. Alles andere, was nicht präzise und kontrolliert und von anderen nachvollziehbar vorgeht – und das heißt Wissenschaftlichkeit –, bleibt Spekulation oder common sense«. Wir benötigen solche Methoden, weil wir viele Phänomene, die wir untersuchen wollen, gar nicht direkt mit unseren Sinnesorganen erfassen können. Wir haben zum Beispiel kein Sinnesorgan zum Erfassen von Dingen wie Demokratiequalität oder Bruttosozialprodukt. Wir können diese weder sehen noch hören, riechen, schmecken oder fühlen. Und auch Motivationen und Handlungen können wir nicht immer unmittelbar erfassen. Das gilt auch für historische Prozesse oder gesellschaftliche Verhältnisse. Wenn wir etwa die soziale Ungleichheit einer Gesellschaft erfassen wollen, müssen wir uns verschiedener Hilfsmittel bedienen. Wenn soziale Ungleichheit als ungleiche Teilhabe an Herstellung, Verteilung und Konsum materieller und immaterieller Güter verstanden wird, dann muss diese Teilhabe gemessen werden. Dies kann zum Beispiel über Fragen nach Bildung, Berufstätigkeit, Einkommen und frei verfügbarem Einkommen geschehen. Man benötigt also einen Fragebogen als Werkzeug bzw. die Befragung als Methode, um soziale Ungleichheit als Phänomen zu erfassen. Methoden sind also Mittel zum Zweck, nämlich um Wissen über die Wirklichkeit zu erlangen, in der wir leben. Und das idealerweise mit dem Ziel, uns »besser in der Wirklichkeit zurecht zu finden, sie besser zu verstehen« (Behnke u. a. 2006, 17).

Dabei ist es von zentraler Bedeutung, dass wissenschaftliches Vorgehen im Allgemeinen und wissenschaftliche Methoden im Besonderen zunächst einmal auf dem Alltagsverständnis von Wirklichkeit aufbauen und dieses dann systematisch verfeinern. Das Ziel ist die Nachvollziehbarkeit des Prozesses, mit dem wir zu Erkenntnis gelangen. Das hat zur Folge, dass Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung immer auch von der verwendeten Methode abhängen. Ein häufig angeführtes Beispiel ist der sogenannte IQ-Test. Hier wird Intelligenz über die Fähigkeit zur Beantwortung von bestimmten vordefinierten Fragen nicht nur abgefragt, sondern letztlich auch definiert, denn auch Intelligenz ist – ähnlich wie soziale Ungleichheit – ein Konstrukt, das nicht direkt messbar ist. Ein Kernelement solcher Tests ist der von Wolf Oswald und Erwin Roth entwickelte Zahlen-Verbindungs-Test, der die sogenannte allgemeine Intelligenz misst. Personen müssen dabei scheinbar willkürlich angeordnete Zahlen in ihrer numerischen Reihenfolge verbinden. Die Bearbeitungsgeschwindigkeit in Verhältnis zu Alter und anderen Kriterien ergibt dann IQ-Werte. Darüber hinaus gibt es in der Psychologie viele weitere Tests, die Intelligenz auf andere Weise messen und dementsprechend auch einzelne Dimensionen von Intelligenz in den Vordergrund stellen, wie etwa verbale und praktische Intelligenz.

Der Einsatz von Methoden hängt zudem von den jeweiligen wissenschaftlichen Grundannahmen ab. Nur wenn man davon ausgehen kann, dass die Welt tatsächlich existiert und dass sie prinzipiell erfassbar ist, ist es überhaupt sinnvoll, sich dieser Welt über Theorien und Methoden zu nähern, die sich auf die Welt und auf erfassbare Größen in der Welt beziehen. Und nur wenn man davon ausgehen kann, dass man diese Welt exakt und entsprechend festzulegender Regeln abbilden kann, ist empirische, erfahrungsbasierte Forschung überhaupt sinnvoll. Dabei gilt: »es gibt zwar nur eine Wirklichkeit, aber es gibt verschiedene Möglichkeiten, das heißt verschiedene Methoden, sich der Wirklichkeit zu nähern, und je nach verwendeter Methode mag das daraus entstehende Bild der Wirklichkeit, unser Weltbild, unterschiedlich sein« (Behnke u. a. 2006, 19).

Methoden in der Politikwissenschaft

Подняться наверх