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DIE ZEITUNGSZAREN

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Wien um 1900 war ein Mekka des Journalismus. Bis heute sind einzelne Namen weltberühmt. Die Wiener Zeitungslandschaft war vielfältig, die Auflagenzahl relativ gering: 1914 waren im österreichischen Teil der Monarchie etwa 4.700 Periodika auf dem Markt. Wien hatte zwischen 25 und 30 Tageszeitungen: unter den liberalen Zeitungen die Neue Freie Presse und das Neue Wiener Tagblatt“ auf konservativer Seite das Vaterland und das Neuigkeitsweltblatt, dazu die amtliche Wiener Zeitung und das quasi „halbamtliche“ Fremdenblatt als Leibblatt Kaiser Franz Josephs. Es gab die Parteizeitungen, die christlichsoziale Reichspost, die sozialdemokratische Arbeiterzeitung und als deutschnationale Organe das Deutsche Volksblatt und die Ostdeutsche Rundschau. Boulevard waren das Neue Wiener Journal und das Illustrierte Extra-Blatt und ab 1900 die Österreichische Kronenzeitung.

Journalisten verdienten nicht viel. Nur die Zeitungsherausgeber konnten wirklich reich werden: 1,7 Millionen Kronen Jahreseinkommen versteuerte der Herausgeber der Neuen Freien Presse Moriz Benedikt. Er lag damit an 11. Stelle im Ranking der Spitzenverdiener. 1872 hatte er als Redakteur begonnen, wurde Mitherausgeber und war von 1908 bis zu seinem Tod im Jahr 1920 allmächtiger Chefredakteur und Alleininhaber. Auch sein 1908 verstorbener Vorgänger Eduard Bacher, der 1872 als Journalist begonnen hatte und ab 1879 Chefredakteur und wenig später auch Herausgeber und Miteigentümer dieser Zeitung gewesen war, bezog ein hohes Einkommen. Seine Witwe Berta versteuerte 1910 ein Jahreseinkommen von 121.271 Kronen. Sie lag damit an 688. Stelle.


Moriz Benedikt, der Herausgeber der „Neuen Freien Presse“.

Der Journalist und Bühnenschriftsteller Gustav Davis als Herausgeber der Österreichischen Kronenzeitung lag mit 146.000 Kronen an 513. Stelle. Die erste Nummer der Österreichischen Kronenzeitung war am 2. Jänner 1900 erschienen, zum Monatspreis von einer Krone, im Einzelpreis zu 4 Hellern, parallel zur Einführung der Kronenwährung, die ab 1. Jänner dieses Jahres galt. 1906 wurden bereits mehr als 100.000 Exemplare verkauft. 1909 war sie mit 130.000 Exemplaren zur auflagenstärksten Wiener Zeitung geworden. Davis, 1900 noch pensionierter Oberleutnant und mehr oder weniger erfolgreicher Bühnenschriftsteller, verdiente innerhalb von zehn Jahren ein Riesenvermögen, das er in Grundbesitz veranlagte. In den Jahren zwischen 1908 und 1913 kaufte er 14 Bauerngüter im Gebiet von Hohenlehen im Ybbstal. Insgesamt hatte Davis innerhalb von fünf Jahren einen Großgrundbesitz im Ausmaß von ca. 2.000 ha für insgesamt etwa 1,4 Mio. Kronen zusammengekauft. 1909 ließ er sich ein Schloss samt Gartenhaus und Park, Meierhof, Verwaltungsgebäude, Pförtnerhaus und Personalwohnhaus errichten.258 In Wien bewohnte das Ehepaar Davis etwa 15 Zimmer im 1. Stock des Eckhauses Kolingasse/​Schlickplatz. Nach dem Anschluss 1938 verlor er die Zeitung und wechselte auch seine feudale Wiener Adresse. Nach 1945 wurden die Titelrechte von den Erben an Hans Dichand verkauft.

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