Читать книгу Seewölfe Paket 26 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 36

6.

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José Cámpora hatte unterdessen längst bemerkt, daß die Angreifer etwas Neues ausheckten. Und wenig später, als er sah, wie sie einen ihrer Handkarren in der Gasse präparierten, wußte er Bescheid.

Er gab Befehl, die Drehbassen heranzuschaffen. Zehn Mann wurden dafür abkommandiert, während die übrigen auf den Wehrgängen die Stellung hielten.

Jeweils fünf Mann reichten eben aus, um eins der Hinterladergeschütze zu transportieren. Mittels eines Ladebaums wurden zunächst die stativartigen schweren Drehbeine aus Eisen auf die Portaltürme gehievt. Anschließend wurden Rohre und Munition heraufbefördert.

Im Gegensatz zu jenen Drehbassen, die an Bord der Schiffe meist in schwenkbaren Halterungen an den Verschanzungen fixiert wurden, hatten die im Gefängnis verfügbaren Hinterlader ihre besonderen Vorteile dadurch, daß sie an nahezu jeden beliebigen Ort getragen werden konnten. Ihre Gabel für Höhen- und Seitenschwenkung ruhte mit dem Zapfen auf dem Stativ, das gewichtsmäßig so bemessen war, daß es beim Schuß nicht umkippen konnte.

Innerhalb von wenigen Minuten waren beide Geschütze einsatzbereit.

José Cámpora harrte auf seinem ursprünglichen Platz auf dem Turm aus und beobachtete voller Spannung, was sich da in der Gasse gegenüber anbahnte.

Der Karren setzte sich in Bewegung, und schon nach den ersten Schritten der beiden Kerle, die ihn schoben, wurde die Absicht deutlich.

Vorn auf dem Karren befanden sich fünf Pulverfässer mit glimmenden Lunten. Unmittelbar dahinter waren Sandsäcke aufgeschichtet. Damit sollten die Kerle geschützt werden, die den „Kampfwagen“ schoben.

Cámpora setzte ein grimmiges Lächeln auf. Die Drehbassen hatten sich in der Waffenkammer befunden, damit sie notfalls bei einem Gefangenenaufruhr eingesetzt werden konnten. Daß sie sich jetzt für einen völlig anderen Zweck bewähren sollten, hätte er niemals für möglich gehalten.

Er begnügte sich mit der Drehbasse, die auf seinem Turm stand, und ließ es sich nicht nehmen, sie eigenhändig auszurichten.

Er ließ die Kerle mit dem Pulverkarren fünf Schritte zurücklegen. Damit hatten sie noch nicht einmal die Straßenmitte vor dem Gefängnistor erreicht, und sie hatten ebenfalls noch keine Gelegenheit gehabt, überhaupt zu erkennen, was ihnen blühte.

Der Aufbau der Drehbassen war unauffällig genug vonstatten gegangen.

Cámpora stieß die Lunte ins Zündloch. Das Kraut zischte.

Im nächsten Atemzug donnerte der Hinterlader los. Eine yardlange Mündungsflamme leckte aus dem Rohr. Die Ladung aus gehacktem Blei und scharfkantigen Eisenstücken raste gebündelt auf die Pulverfässer zu.

Die beiden Kerle hinter den Sandsäcken brachten nicht einmal mehr einen Entsetzensschrei heraus.

Eine haushohe Stichflamme zuckte senkrecht aus den auseinanderwirbelnden Trümmerteilen der Pulverfässer. Das Brüllen der Detonation hallte wie Donner von der Gefängnismauer wider und pflanzte sich rollend durch die Gassen fort. Fast hatte es den Anschein, als würden die Häuser in unmittelbarer Umgebung erbeben oder gar einstürzen.

Die beiden Karrenschieber waren zu Boden geschleudert worden, hatten es aber einigermaßen heil überstanden. Schreiend rappelten sie sich auf und flohen zurück in die Gasse.

De Escobedo schrie Verwünschungen, hämmerte mit den Fäusten gegen die Hausmauer und wünschte sich ein Loch im Erdboden, in das er versinken konnte.

Im Hinterhof, in den der Torweg mündete, harrten die Kerle aus, die zu seiner Gruppe gehörten. Erstaunt blickten sie herüber, als sie das Wutgeschrei ihres Anführers hörten. Einige grinsten unverhohlen.

De Escobedo bemerkte, daß ihn auch Vigo und Gilberto geringschätzig anstarrten. In ihren Mienen las er jedoch noch etwas anderes. Es war Zorn, Zorn auf ihn.

Er verstummte, denn er begriff, daß sie sich allesamt über ihn mokierten. Diese Meute war eben nicht mit Soldaten oder Gardisten zu vergleichen, die gelernt hatten, was Disziplin war. Hier konnte man nicht einfach aufgrund seines Ranges darauf pochen, daß man mit dem gebotenen Respekt behandelt wurde. Hier mußte man sich jeden Tag, ja, jede Stunde von neuem durchsetzen.

Er stieß sich von der Mauer ab, ließ die beiden Unterführer einfach stehen und ging mit wenigen schnellen Schritten auf die Kerle im Hinterhof zu. Acht Mann. Seine Gruppe war bereits kleiner geworden, mußte er feststellen. Er ließ sich jedoch sein Erschrecken darüber nicht anmerken.

Die Kerle hockten auf dem Boden, einige auf leeren Kisten. In der Mitte ihres lockeren Kreises standen Rumflaschen. Ihre Gesichter veränderten sich und wechselten von Spott und Geringschätzung in ein offenes Fragezeichen über.

Auf der kurzen Distanz prägte er sich jenen Kerl genau ein, der am unverschämtesten gegrinst hatte. Ein untersetzter Bursche mit einem speckigen Barett auf dem Kopf und einem dreckverschmierten Gesicht voller Bartstoppeln.

Breitbeinig blieb de Escobedo stehen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte herrisch auf seine Gruppe hinunter.

Ihre Gesichter spiegelten auf einmal Unsicherheit, gemischte Gefühle zumindest. Innerlich grinste er. Natürlich konnten sie sich keinen Vers darauf bilden, was seine plötzliche selbstsichere Anführerpose bedeutete.

Hinter sich hörte er die Schritte von Vigo und Gilberto, die sich langsam näherten.

Durch die Gasse hallten die Schritte der beiden Pulverkarrenschieber, die in panischer Hast in einem der gegenüberliegenden Hauseingänge verschwanden.

„Ich sehe, ihr nutzt die Zeit, um ein bißchen zu trinken“, sagte de Escobedo mit sachlich klingender Stimme. Nicht im geringsten war herauszuhören, ob er die Tatsache mißbilligte, ob sie ihm einerlei war, oder ob er darüber gleich in einen Wutausbruch verfallen würde.

Die Unsicherheit der Kerle wuchs.

„Auf den Schreck brauchten wir einen kleinen Schluck“, sagte einer, ein hagerer Bursche mit strähnig herabhängendem Haar. Sein linkes Auge war geschlossen, was von einer Messernarbe herrührte, die sich von der Stirn schräg über das Auge hinweg bis zum Unterkiefer hinzog.

„Auf welchen Schreck?“ entgegnete de Escobedo scheinbar begriffsstutzig.

Die Kerle runzelten die Stirn.

„Na, darauf, daß sie uns vor der Gefängnismauer fast zusammengeschossen und in Stücke gesäbelt haben“, sagte der mit dem geschlossenen Auge schließlich. Anklagend deutete er auf einen anderen, der ihm gegenübersaß und dessen rechte Schulter von einem dicken Verband umhüllt war. „Sehen Sie sich seine Säbelwunde an, Señor Gouverneur! Und er ist verdammt nicht der einzige.“

„Ach“, sagte de Escobedo sarkastisch, „und das ist ein Grund, sich gleich wieder Schnaps durch den Rachen laufen zu lassen?“

„Einen Grund zum Feiern findet man immer“, sagte eine andere glucksende Stimme.

Es war der Untersetzte mit dem Barett.

De Escobedo bückte sich blitzartig, packte mit krallenartigen Händen zu und riß ihn aus dem renitenten Kreis der Rumtrinker heraus.

Der Mann quiekte wie ein soeben gefangenes Ferkel. Die anderen sahen erschrocken aus, völlig verblüfft.

Es war genau die Wirkung, die de Escobedo beabsichtigt hatte. Er zog den Untersetzten zu sich heran, hielt ihn mit der Linken am Kragen und versetzte ihm zwei Maulschellen, die wie lautes Schmettern klangen. Der Kopf des Kerls flog hin und her. Er wollte die Arme hochreißen, um sich zu schützen.

De Escobedo deutete es absichtlich falsch.

„Was?“ brüllte er. „Du greifst mich auch noch an? Du wagst es, dich einer Maßregelung zu widersetzen?“

Der andere heulte etwas, was aber in den nächsten beiden Ohrfeigen unterging. Das Barett flog davon, und sein fast kahler Schädel erschien.

De Escobedo wußte, daß er gegen den kräftigen Burschen unter normalen Umständen keine Chance gehabt hätte. Aber er mußte das Überraschungsmoment nutzen – und die Tatsache, daß der Strolch doch gewisse Skrupel hatte, sich zur Wehr zu setzen. Alonzo de Escobedo zeigte in diesem Moment, wie er es seinerzeit geschafft hatte, Stadtkommandant zu werden. Tücke, Hinterlist und das Erkennen von Vorteilen – so blitzschnell, daß kein anderer mitkam.

Genau das kriegte der Untersetzte zu spüren. Mit zwei, drei gemeinen Hieben trieb de Escobedo ihn vom Kreis der anderen weg, nach links in den Hinterhof hinein.

Es mußte so schnell gehen, daß sie gar nicht erst zur Besinnung gelangten.

Er stellte es so an, daß keiner der anderen sehen konnte, wohin er schlug. Seine Hiebe erfolgten ohne erkennbaren Bewegungsansatz, und der Untersetzte hatte keine Chance, ihnen auszuweichen, da er bereits ins Wanken geraten war. De Escobedo traf ihn an den empfindlichsten Stellen.

Der Mann schrie immer schmerzerfüllter. Seine Stimme steigerte sich zu einem schrillen Diskant.

„Aufhören!“ brüllte jemand.

Vigo, der Unterführer.

De Escobedo gab dem Schreienden mit einem letzten niederträchtigen Hieb den Rest. Der Untersetzte klappte gurgelnd zusammen, schlug hin, krümmte sich und streckte sich dann, als er das Bewußtsein verlor.

De Escobedo wirbelte herum.

Vigo stand vor ihm. Drohend. Drei Schritte abseits Gilberto. Die Gesichter der Kerle im Kreis waren noch immer starr vor Erschrecken. Ein Grinsen kerbte sich in de Escobedos Mundwinkel, als er sah, daß die Rumflaschen verschwunden waren. Sie befürchteten offenbar, daß er sie ihnen wegnehmen würde. Gut so. Seine Autorität war wieder gewachsen. Er würde sie weiter ausbauen, und zwar mit unnachgiebiger Härte.

„Was soll der Unsinn!“ rief der Rotbärtige scharf. „Einfach einen Mann zusammenschlagen! Wozu?“

De Escobedo antwortete laut und deutlich, so daß vor allem auch die am Boden Hockenden es hörten.

„Der Mann hat soeben eine disziplinarische Strafe erhalten. Er weiß, warum. Er hat sich herausgenommen, einen Vorgesetzten zu verhöhnen.“

„Was für einen Vorgesetzten?“ schrie Vigo begriffsstutzig.

„Mich“, erwiderte de Escobedo knarrend. „Und damit das ein für allemal klar ist! Ich dulde ab sofort keine Unverschämtheiten mehr. Ein Untergebener hat sich über seinen Vorgesetzten nicht lustig zu machen, verstanden? Jeder Verstoß gegen diese Vorschrift wird mit unnachgiebiger Härte geahndet.“

Die Kerle sahen beeindruckt aus.

Vigo dagegen schüttelte fassungslos den Kopf. Er wechselte einen Blick mit Gilberto, der die Angelegenheit etwas nüchterner zu betrachten schien. Dann wandte sich der Rotbärtige wieder de Escobedo zu.

„Wo sind wir hier, Señor Gouverneur?“ sagte er leise. „Auf einem Kasernenhof? Oder wollen wir alle zusammen ein Ziel erreichen, das wir ins Auge gefaßt haben?“

„Letzteres“, entgegnete de Escobedo mit kaltem Grinsen. „Das bedeutet aber noch lange nicht, daß Soldaten alle Dienst- und Disziplinarvorschriften vergessen, sobald sie das Kasernentor hinter sich lassen.“

„Verdammt, wir sind keine Soldaten!“ schrie Vigo.

„Nein!“ brüllte de Escobedo zurück. „Aber ein bißchen von soldatischen Tugenden täte euch schon gut! Mit einem versoffenen Sauhaufen kann ich kein Gefecht gewinnen. Wenn wir die Residenz erobern wollen, dann schaffen wir es nicht, indem wir uns vorher vollaufen lassen und über unsere Vorgesetzten dämlich grinsen.“

Vigo schnaufte. Er mahlte mit den Zähnen, daß es knirschte. Eine passende Antwort fiel ihm nicht ein, denn er spürte, daß der „Señor Gouverneur“ recht hatte.

„Alkohol ist von Übel“, sagte Gilberto, der Besonnenere. „Wir müssen da wirklich einen Riegel vorschieben.“

De Escobedo nickte grimmig und voller Genugtuung.

„Und noch etwas“, sagte er und senkte die Stimme, damit nur die beiden Unterführer mithören konnten. „Streitigkeiten oder Unstimmigkeiten sollten Vorgesetzte niemals in Anwesenheit von Untergebenen austragen. Das mindert die Autorität, falls ihr begreift, was das bedeutet.“

Vigo verzog das wüste Gesicht.

„Das begreifen wir verdammt gut. Man kann es auch einfacher sagen. Die Kerle hören nicht mehr auf dich, wenn sie erst mal kapiert haben, daß du auch nur ein schwacher Hund bist. Richtig?“

„Richtig“, antwortete de Escobedo mit hoch erhobenem Kopf. „Wie wäre es, wenn wir uns jetzt mit dem Naheliegenden befassen und überlegen, welche nächsten Schritte wir ergreifen?“

„Schritte?“ äffte Vigo ihn nach. „Ich würde mir erst mal einen Überblick verschaffen.“

„Ich bin der gleichen Meinung“, sagte Gilberto, „und schlage vor, daß wir ins Haus gehen und uns ein geeignetes Fenster zum Beobachten suchen.“

De Escobedo wiegte den Kopf von einer Seite zur anderen und tat, als müsse er angestrengt nachdenken und das Für und Wider erwägen. In Wahrheit war er dankbar für den Vorschlag, denn er selbst hatte keine Idee. Sein Kopf war wie ausgehöhlt. Das Debakel mit dem Pulverkarren hatte ihn tief getroffen. Er hoffte, daß sich seine alte Geistesbeweglichkeit rasch wieder einstellte. Er brauchte einen geeigneten Einfall, wie es weitergehen sollte.

Die verdammte Geschichte durfte nicht dahin führen, daß die Kerle das Vertrauen in seine Führung verloren, wieder Alkohol schluckten und letztlich meuterten.

„Einverstanden“, sagte er. „Sämtliche Gruppen sollen sich inzwischen hier im Hinterhof sammeln.“

Gilberto gab den Befehl an den Kerl mit dem geschlossenen Auge weiter. Der sprang auf und rannte los, während de Escobedo und seine beiden Unterführer auf den Hintereingang des Hauses zugingen.

Der Bewußtlose stöhnte und krümmte sich. In wenigen Augenblicken würde er in die Wirklichkeit zurückkehren und für eine Weile von aufsässigen Gedanken geheilt sein. Blieb nur zu hoffen, daß sich das abschreckende Beispiel herumsprach und seine Wirkung auf die anderen nicht verfehlte.

Das dreigeschossige Haus hatte offenbar einem der Bürger aus den mittleren Einkommensschichten gehört. De Escobedo bemerkte es an den herumliegenden Einrichtungsgegenständen und Möbelstücken, die der Mob aus Mangel an Interesse nicht mitgenommen hatte.

Die Räume sahen aus wie ein einziger Trümmerhaufen. Nichts war an seinem Platz belassen worden, Bilder von den Wänden gerissen und aufgeschlitzt, Teppiche zerfetzt, Stühle mutwillig zertrümmert und Fenstervorhänge heruntergezerrt.

Mit der gebotenen Vorsicht gingen de Escobedo und die Unterführer hinter zerborstenen Fenstern an der dem Gefängnis zugewandten Seite im Erdgeschoß in Stellung. Bei Cámpora, das hatte sich inzwischen gezeigt, mußte man mit allem rechnen. Der Hundesohn brachte es fertig und ließ auch auf die kleinste Bewegung hinter den Fenstern feuern.

Doch es blieb ruhig.

Alonzo de Escobedo erschrak, als er einen ersten vorsichtigen Blick über die Straße riskierte.

Da drüben lagen sie, die reglosen Gestalten. Am Fuß der Umfassungsmauer hatte es sie erwischt, und sie schienen ausnahmslos von gehacktem Blei oder Eisenstücken getroffen worden zu sein.

„Acht Tote“, sagte Gilberto, der ebenfalls hinübergespäht hatte.

Seinen Worten folgte minutenlange Stille.

„Acht Tote“, wiederholte Vigo dann und wandte sich dem „Vorgesetzten“ mit flammendem Blick zu. „Nicht, daß mir besonders viel an den Kerlen gelegen hätte. Die sind mir völlig egal. Aber die Tatsache zählt. Acht Tote, Señor Gouverneur! Halte dir das mal richtig vor Augen!“

De Escobedo schluckte. Er wußte, was Vigo sagen wollte. Sie hatten nur noch zweiundzwanzig Leute.

Es schien, als hätte der Rotbärtige seine Gedanken gelesen.

„Und vom Rest“, sagte er, „sind mehr als die Hälfte verwundet. Gut, sie sind alle noch kampffähig, aber mit einer Wunde ist man irgendwie nicht der Alte, oder?“

De Escobedo nickte und gab sich keine Mühe, seine niedergeschmetterte Stimmung zu verbergen. Guter Rat war hier wirklich teuer. Seine Gedanken bewegten sich bereits in eine bestimmte Richtung.

Aber noch störten ihn die unterschwelligen Vorwürfe der beiden Unterführer. Sie lasteten ihm die Verluste an, obwohl es der Señor Gefängnisdirektor Cámpora war, der mit seiner sturen Unnachgiebigkeit all dies heraufbeschworen hatte.

Warum, zum Teufel, hatte dieser halsstarrige Kerl nicht gleich zu Anfang eingesehen, daß es sinnlos war, Widerstand zu leisten?

„Wir werden es schaffen“, sagte de Escobedo und gab sich einen Ruck. „Wir wissen jetzt, womit wir zu rechnen haben. Fehler, die wir zu Anfang begangen haben, werden wir nicht noch einmal wiederholen.“

„Das hört sich gut an“, entgegnete Vigo. „Aber wie willst du so was in die Tat umsetzen?“

De Escobedo grinste. Er hatte seine alte Überheblichkeit zurückgewonnen. In der Tat war es nicht einfach nur dahergeredet, was er gesagt hatte. Es entsprang den sich konkretisierenden Gedanken, die sich in seinem Kopf formten.

Fest stand, daß er die fünfzig Galgenvögel aus dem Gefängnis brauchte. Ohne sie, das konnte er drehen und wenden, wie er wollte, würde er nie die Macht über Havanna gewinnen. Und der Weg zu dieser Macht führte ausschließlich über die Residenz. Der Gouverneurspalast mußte fallen, so oder so.

Danach waren die beiden Forts an der Reihe, und dann brauchte man sich die Faktorei von Manteuffel nur noch einzuverleiben wie einen reifen Apfel, den man im Vorbeigehen von einem niedrigen Ast pflückt.

Aber der Weg zu diesem Ziel war dornenreicher, als er sich das vorgestellt hatte.

Ihn persönlich interessierte es herzlich wenig, wenn noch mehr Kerle von seinem Haufen draufgingen. Er hatte keinerlei Beziehung zu diesem Pack. Bei Bastida, der mit diesen Leuten Tag für Tag zusammenarbeitete, war das etwas anderes.

Es kostete jedoch zuviel Substanz, wenn man die Verluste durch sinnlose Angriffe hochschraubte. Nein, das hatte keinen Sinn. Es war eine reine Zweckmäßigkeitsrechnung auf der Basis von Soll und Haben anzustellen.

Mit dem geringstmöglichen Aufwand an Kräften, so sagte sich de Escobedo, mußte er den größtmöglichen Nutzen erzielen. Eben diesen Grundsatz, nach dem die Pfeffersäcke von Havanna gearbeitet hatten, mußte auch er anwenden.

Cámpora hatte bislang keinerlei Verluste hinnehmen müssen. Er hatte die bessere Ausgangsposition gehabt, mit seinen Turmzinnen und Wehrgängen. Aber das sollte anders werden, schwor sich de Escobedo. Von diesem Moment an sollte das grundlegend anders werden.

„Wir werden das Gefängnis stürmen“, sagte er daher, „und zwar ohne weitere Verluste. Wir werden aber nicht sofort stürmen. Vorher werden wir Cámpora und seine Bastarde nämlich weichkochen.“

Vigo und Gilberto sahen ihn staunend an.

Allem Anschein nach zauberte er schon wieder etwas Verblüffendes aus dem Ärmel.

Seewölfe Paket 26

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