Читать книгу Seewölfe Paket 22 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 14
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Оглавление„Warum, zum Teufel, haben wir keine Spektive?“ sagte Sir Robert Monk ärgerlich zischend. „Wenn wir jetzt Spektive hätten, könnten wir genau sehen, was sich abspielt.“
Charles Stewart verschränkte die Arme vor dem Brustkasten, denn er wußte, daß dieser Vorwurf natürlich ihm galt. Er war es gewesen, der sich einen Dreck darum gekümmert hatte, die notwendigen Ausrüstungsgegenstände von der sinkenden „Dragon“ zu bergen.
„Brauchen wir nicht, die Dinger“, entgegnete er grollend. „Was wir sehen müssen, sehen wir auch so.“
Joe Doherty, Stewarts Leibwächter, baute sich in drohender Haltung hinter dem Ex-Kommandanten der „Dragon“ auf. Der grobschlächtige Riese hatte immerhin mitgekriegt, daß sich Sir Robert vorwurfsvoll gegenüber seinem Herrn geäußert hatte. Die Hintergründe dafür begriff Doherty sowieso nicht. Doch ein Wink von Stewart würde genügen, und er schnappte sich diesen adligen Geier und drehte ihm den Hals um.
Aber offenbar schien Stewart derartiges vorerst nicht im Sinn zu haben, und so mußte sich das Monstrum darauf beschränken, seine wüsten Gesichtszüge auf die bewährte und furchterregende Weise zu verzerren.
Es wirkte auch bei Sir Robert. Er verkniff sich weitere Anspielungen auf die nicht vorhandenen Kieker.
Die Männer standen auf der Hügelkuppe einer Insel, durch hohes Buschwerk sichtgeschützt. Zwei, drei winzige Eilande lagen zwischen ihnen und jener Insel, in deren Südbucht die Masten der beiden Schiffe deutlich zu erkennen waren.
Den düsteren Zweidecker hatten sie gesehen, als er von See her die Südbucht der nahen Insel angelaufen hatte. O’Leary hatte den Zweimaster entdeckt, und sofort waren sie mit der Jolle hinter dieser Insel in Deckung gegangen, die sie gerade angesteuert hatten.
Stewart, Monk und O’Leary waren sofort zur Hügelkuppe aufgebrochen, um das weitere Geschehen zu beobachten. Das Monstrum, das wie eine Klette an ihm hing, hatte Stewart nicht zum Zurückbleiben bewegen können. Auch der Hinweis auf die Goldkisten hatte nichts gefruchtet.
Trotz seiner Beschränktheit schien Doherty begriffen zu haben, daß sich hier sowieso niemand die Kisten unter den Nagel reißen und damit verschwinden konnte. Sie waren aufeinander angewiesen, wenn sie noch einer Zukunft entgegensehen wollten.
Stewart wurde es indessen beinahe unangenehm, daß Doherty ihn bewachte wie ein Hofhund seinen Herrn. Zumindest O’Leary und seine Strolche grinsten Insgeheim darüber. Denn wozu, bitte sehr, brauchte ein ausgewachsener Mann einen Leibwächter? So und nicht anders dachten sie wahrscheinlich.
Daß er auf seine Goldkisten aber nicht allein aufpassen konnte, wußte Stewart. Wenn er schlief, brauchte er jemanden, der für ihn wachte. Doherty war der richtige Mann für die Aufgabe. Seine Anhänglichkeit mußte man dafür eben in Kauf nehmen.
Allerdings ergab die Lage durch das Entdecken der beiden Schiffe auch für Charles Stewart völlig neue Aspekte.
Schweigend beobachteten sie, wie der Zweidecker in der Bucht vor Anker ging. Gleich darauf wurde allem Anschein nach ein Boot ausgesetzt, und jemand begab sich an Bord der „Isabella“. Zweifellos war es dieses Teufelsweib, wenn es auch mit bloßem Auge nicht genau zu erkennen war.
Sir Robert Monk wandte sich zu den anderen um.
„Besser konnte es für uns gar nicht kommen“, sagte er frohlockend. „Gentlemen, wir brauchen praktisch nur noch zuzugreifen, und dann haben wir ein Schiff.“
„Stellen Sie sich das nicht so einfach vor“, entgegnete O’Leary. „Wir haben nur eine Handvoll Leute und keine Waffen. Jedenfalls keine richtigen.“
Stewart grinste und klopfte ihm auf die Schulter.
„Man muß sich schon ein bißchen was einfallen lassen, Mister O’Leary. Wie ich unseren verehrten Sir Robert kenne, hat er bereits was auf Lager.“
Sir Robert nickte.
„Wir müssen die Dunkelheit abwarten – nein, noch besser die Nacht, wenn wir sicher sind, daß die meisten an Bord selig schlafen.“ Er kicherte bei der Vorstellung und fuhr dann mit listigem Grinsen fort: „Wir brauchen nur mit ein paar Leuten in völliger Finsternis die ‚Isabella‘ zu entern. Die Deckswachen müssen natürlich im Handstreich überwältigt werden. Dann dringen wir in die Kapitänskammer vor. Dort liegt aller Wahrscheinlichkeit nach der angeschossene Bastard Killigrew.“
„Prächtig!“ rief Stewart begeistert. „Sobald wir den Hundesohn in unserer Gewalt haben, ist alles andere ein Kinderspiel.“
Auch O’Leary setzte eine überzeugtere Miene auf.
„Eins ist aber wichtig“, sagte er. „Wenn wir es so schaffen, wie Sir Robert sagt, dann muß die gesamte Crew von Bord. Außer dem Bastard darf kein einziger von den Mistkerlen an Bord bleiben. Sonst können wir vor Überraschungen niemals sicher sein.“
„Und dann?“ entgegnete Stewart stirnrunzelnd. „Sollen wir mit Ihren paar Leuten diese große Galeone segeln?“
„Nur bis zum nächsten Hafen“, sagte O’Leary. „Das schaffen wir. Und dann können wir jede Menge zuverlässige Leute anheuern.“
„Und die Jagd auf die ‚Lady Anne‘ aufnehmen“, sagte Sir Robert mit einem Nicken. „Ich glaube, Ihr Vorschlag ist gut, O’Leary. Vor Überraschungen müssen wir uns schützen, das stimmt. Da wäre aber auch noch dieser Zweidecker.“
„Den schießen wir leck“, sagte Stewart. „Dann sitzt er auf Grund wie unsere ‚Dragon‘, und die ganze Sippschaft kann sich an Land verziehen.“
„Womit wir den Spieß umgedreht hätten“, sagte Sir Robert zufrieden. „Hat noch jemand etwas hinzuzufügen?“ Er sah die anderen an, doch es gab keine weiteren Vorschläge.
Sorgfältig prägten sie sich die Lage der östlichsten Insel und der zahlreichen Korallenriffs ein. Fest stand, daß sie von Westen her zu der Insel vordringen würden. Wenn Posten aufgestellt waren, würden sie die Seeseite zum Atlantik hin beobachten. Denn von Westen her würde man auf keinen Fall jemanden erwarten – wegen der wirklich unzähligen Korallenriffs und der gefährlichen Untiefen in diesem Bereich der Kleinen Bahama-Bank.
Die Kerle unter dem Kommando von Charles Stewart, Sir Robert Monk und O’Leary warteten bis nach Mitternacht. Allen knurrte der Magen, als sie die Segel setzten. Denn außer ein paar Kokosnüssen hatten sie nichts zu sich nehmen können. Wenn man jedoch davon ausging, daß Hunger ein guter Antreiber war, dann mußte das Unternehmen gelingen.
Sir Robert war voller Hoffnung, nicht zuletzt aus Stolz auf seine Idee.
Eine auflandige Brise strich über die beiden Schiffe, die mit dem Bug nach Südwesten ausgerichtet vor Anker lagen. Nur zeitweise war es stockfinster – immer dann, wenn sich einzelne Wolken oder eine ganze Wolkenbank vor das fast vollkommene Rund des zunehmenden Mondes schoben.
Doch der Südwestwind sorgte dafür, daß jene Zeitabschnitte totaler Finsternis nur äußerst kurz waren.
Smoky, der Decksälteste der „Isabella“, hatte sich auf der Back auf einer Taurolle niedergelassen und strich der Wolfshündin über das Fell. Plymmie war zuverlässig und verhielt sich ruhig – dank der guten Erziehung durch die Zwillinge. Deshalb hatte Ben Brighton zugestimmt, sie an Deck zu lassen. Das übrige Viehzeug, wie Ed Carberry es nannte, mußte unter Deck bleiben. Bei Arwenack, dem Schimpansen, und Sir John, dem Papagei, wußte man nie ganz genau, ob sie nicht plötzlich in ein wildes Gezeter ausbrachen.
Alles war ruhig in der Bucht. Nur das leise Singen des Windes in Wanten und Pardunen und das Schlagen der Wellen gegen die Schiffsrümpfe waren zu vernehmen. Die Tierstimmen, die tagsüber von Land her zu hören gewesen waren, waren jetzt verstummt.
Unvermittelt spürte Smoky, wie sich die Nackenhaare der Wolfshündin sträubten. Im nächsten Moment richtete sie sich auf und witterte nach Westen. Ihre Ohren spielten, und leise begann sie zu knurren.
Der Decksälteste wußte, daß Plymmie alle guten Eigenschaften eines Hütehundes hatte. An erster Stelle stand ihre Wachsamkeit. Ihr Verhalten war nicht etwa eine Laune.
Smoky richtete sich auf, ging leise auf die vordere Balustrade zu und spähte in die Richtung, die Plymmie mit anhaltendem Knurren anzeigte.
Die Bucht wurde von einer langen Landzunge abgeschirmt; die sich von Nordwesten nach Südosten erstreckte. Zu- und Ausgang befanden sich im Südosten der Bucht, wo die „Isabella“ ankerte. Die „Caribian Queen“ lag weiter innen an Steuerbord der „Isabella“.
Als die Wolkendecke aufriß, sah Smoky das Segel, das sich von Westen her dem Zugang der Bucht näherte.
Der Decksälteste reagierte, ohne lange zu überlegen. Ein leiser Zuruf zur Landzunge genügte, um die drei Männer aus der Crew der Roten Korsarin zu alarmieren, die dort postiert waren.
Es dauerte keine Minute, bis gleich darauf alle Arwenacks an Deck versammelt waren und sich hinter das Schanzkleid kauerten. Der Stahl ihrer Waffen schimmerte matt im Mondlicht.
Wenige Augenblicke später waren auch auf der „Caribian Queen“ alle Crewmitglieder hellwach und auf dem Posten.
Die einsame Jolle, die sich von dort draußen der Bucht näherte, segelte auf eine waffenstarrende Festung zu.
Geduckt kauerte O’Leary auf der Achterducht und hielt die Pinne mit verkrampfter Faust. Die gefährlichen Riffe hatten sie überwunden. In der Stille der Bucht mußte auch der Rest leicht zu bewältigen sein.
O’Leary blickte zum Himmel und atmete erleichtert auf. Nur noch Minuten würde es dauern, bis sich eine Wolkenbank vor den Mond schob. Dann konnte das Vorhaben wie geplant abgewickelt werden.
Einen Atemzug später erstarrten der Bootsmann und die übrigen Männer in der Jolle vor Schreck.
„Halt! Wer da?“ ertönte eine energische Männerstimme von der nahen Landzunge.
Stewart und Monk stießen wüste Flüche aus, und auch die anderen verschafften ihrem Schreck durch wütendes Gebrüll Luft. Doch bereits im nächsten Moment überschlugen sich die Ereignisse.
Mündungsblitze zuckten von der Landzunge her auf. Sofort darauf tauchten am Backbord-Schanzkleid der „Isabella“ die Arwenacks auf, und die Musketen in ihren Fäusten begannen Feuer zu spucken.
Joe Doherty, der geduckt neben seinem neuen Herrn hockte, kippte plötzlich außenbords, ohne einen Laut von sich zu geben. Jetzt hämmerten die Musketen auch von der „Caribian Queen“.
O’Leary zog den Kopf ein, halste nach Steuerbord und wollte abdrehen. Es hatte keinen Sinn, das sah er ein.
Unvermittelt sprang Sir Robert Monk mit einem wütenden Schrei auf und wollte O’Leary von der Pinne stoßen. Doch seine Absicht wurde im Ansatz erstickt. Eine Kugel von der „Isabella“ traf ihn wie der Hieb eines Giganten. Robert Monk war bereits tot, als er über Charles Stewart zusammensackte.
Fluchend befreite sich der Ex-Kommandant der „Dragon“ von der Last und wuchtete den Toten kurzerhand über Bord.
O’Leary hatte es unterdessen geschafft, abzudrehen. Mit halbem Wind segelte die Jolle jetzt nach Südosten.
Immer noch peitschten die Schüsse auf den beiden Schiffen, und auch auf der Landzunge luden die Posten zügig ihre Musketen nach. Das gefährliche Surren der Kugeln folgte den Kerlen in der Jolle, und mit wachsender Panik sahen sie die kleinen Fontänen, die das großkalibrige Blei bedrohlich nahe aus dem Wasser riß.
Thomas Lionel Killigrew, der jüngere der beiden ferkelgesichtigen Brüder, schrie plötzlich schrill auf, hielt sich den Kopf mit beiden Händen und schraubte sich von seiner Ducht hoch. Sein Bruder riß ihn zurück, aber das Geschrei wollte kein Ende nehmen.
„Ist nur ein Streifschuß“, rief Simon Llewellyn, sein Bruder.
„Dann soll er das Maul halten, verdammt noch mal!“ brüllte O’Leary. „Sonst fliegt er über Bord!“
Es wirkte. Thomas Lionel verstummte augenblicklich und beschränkte sich auf ein fast lautloses Schluchzen, während er weiter den Kopf unter beiden Händen barg.
Die Schüsse versiegten, nachdem die Jolle zusehends Distanz gewonnen hatte.
„Das wird nichts mehr“, sagte O’Leary, als Stewart sich zu ihm umdrehte. „Die Hunde passen zu scharf auf. Und mit unseren paar Kerlen können wir schlecht gegen sie anstinken.“
„Das ist mir inzwischen auch klar“, sagte Stewart gepreßt.
„Und was jetzt?“ fragte O’Leary.
Charles Stewart rieb sich das Kinn.
„Zurück zu den Grand Cays“, sagte er nach einem Moment. „Vielleicht kann ich die Idioten überreden, mit uns gemeinsam die beiden Schiffe anzugreifen. Wenn wir das schaffen, haben wir nämlich keine Probleme mehr. Dann sind wir wieder beweglich – egal, ob wir in der Karibik bleiben oder wieder nach England segeln.“
O’Leary zog die Schultern hoch. Was die Marine-Affen betraf, war er mehr als skeptisch. Aber er schwieg, denn er wollte Stewart seine Meinung nicht auf die Nase binden.
Die beiden Goldkisten unter der Achterducht waren irgendwie sehr beruhigend. Und eins war sicher: Die Mannschaft hier in der Jolle hörte auf ihn, nicht auf Stewart.
O’Leary steuerte auf die See hinaus und ging auf Nordwestkurs …
ENDE