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6.

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Mardengo lief zwischen seinen Gefangenen auf und ab. Der zuckende Schein eines Lagerfeuers, das im Zentrum der Hüttenrunde errichtet worden war, erhellte seine Gestalt. Seine Züge waren verzerrt. Oka Mama hingegen verfolgte das Geschehen mit stoischer Ruhe.

Der Korse und seine Kumpane blickten sich untereinander an und fragten sich im stillen, was nun kam.

„Wo ist der Rothaarige?“ schrie Mardengo. „Der Hund soll sich melden!“

„Ihr wollt ein Opfer, oder?“ brüllte Carberry und trat zwei kurze Schritte auf Mardengo zu. „Hier, fang bei mir an, du Bastard! Deine Fragen wird trotzdem keiner beantworten!“

Mardengo packte Asiaga und riß sie zu sich heran. „Wollt ihr mich zum Narren halten? Wartet, das treibe ich euch aus! Wer ist das Mädchen?“

„Sie ist meine Squaw“, sagte Tamao. Er wollte sich auf Mardengo stürzen, aber der Kutscher hielt ihn zurück.

„Sie ist eine Timucua“, sagte Oka Mama. „Die Timucua sind feige Frösche, die keine Kraft in den Knochen haben.“

„Das ist nicht wahr!“ stieß Asiaga erbost aus.

„Sind die Seminolen vielleicht besser?“ schrie Little Ross.

Mardengo griff Asiaga mit einer Hand in die Haare und bewegte ihren Kopf hin und her.

„Ihr Drecksäcke“, sagte er wütend. „Ihr Großmäuler. Ihr habt wohl immer noch nicht begriffen, was die Stunde geschlagen hat, wie? Aber ich erkläre es euch. Ihr habt zu gehorchen, sonst nichts. Ich kann mit euch tun, was ich will.“

Hasard kauerte in seiner Deckung und hatte das Entermesser in der rechten, das Messer in der linken Hand. Er war bereit, aufzuspringen und Mardengo anzugreifen, wenn auch nur ein Tropfen Blut floß. Er war zum Handeln gezwungen, wenn der Pirat nicht von diesem Irrsinn abließ. Aus schmalen Augen verfolgte er, was weiter geschah.

„Schöne Haare“, sagte Mardengo. „Soll ich sie ihr abschneiden?“

„Nein!“ rief Ben Brighton und trat neben Carberry. „Das ist nicht erforderlich, Mardengo.“

„Woher weißt du meinen Namen?“

„Er ist in Florida bekannt. Wir haben ihn in St. Augustine erfahren.“

Mardengo stieß ein rauhes Lachen aus. „Auch dort hatte man mich also erkannt? Gut so. Wer bist du, Großmaul?“

„Ben Brighton, der Erste Offizier der ‚Isabella‘.“ Ben wandte sich zu den Kameraden um. „Ihr haltet jetzt gefälligst den Mund und befolgt die Anweisungen, die euch gegeben werden, verstanden? Das ist ein Befehl!“

„Aye, Sir!“ murmelten die Männer.

„Gut so, Brighton“, sagte Mardengo. „Wie kommt es, daß ihr einen Bengel und ein Mädchen vom Stamm der Timucua an Bord habt?“

„Wir haben sie südlich von Daytona aufgefischt, sie waren schiffbrüchig“, erwiderte Ben. „Sie brauchten unsere Hilfe. Das ist alles.“

„Ihnen gehörte also das Kanu, das wir gefunden haben“, sagte Mardengo. „Ich verstehe. Alles andere erörtern wir später. Brighton, du scheinst zum Reden bereit zu sein. Wo ist der Rothaarige?“

„Du meinst – Ferris Tucker, unseren Schiffszimmermann?“

„Ja. Her mit ihm. Warum versteckt er sich? Ich will mich mit ihm befassen.“

„Vielleicht hat er Angst“, sagte Ben. Langsam wandte er sich noch einmal zu den anderen um und ließ seinen Blick über die Gesichter wandern. Als er Dan O’Flynn entdeckte, hielt er inne.

„Ferris“, sagte er. „Komm her.“

Dan trat vor. Der Feuerschein ließ sein blondes Haar rot erscheinen.

„Ich bin der Schiffszimmermann“, sagte er zu Mardengo. „Was willst du von mir?“

Mardengo ließ Asiaga los und bewegte sich auf ihn zu. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Erkannte er Dan wieder? Wußte er, daß er nicht mit Ferris identisch war? Hatte er sich das Gesicht des rothaarigen Riesen gut genug eingeprägt?

Er blieb stehen. „Hast du Angst vor mir?“ fragte er.

„Ja. Ich weiß, daß du dich an mir rächen willst, weil Hasard und ich dich mit der Höllenflaschenabschußkanone …“

„Schon gut, das genügt“, unterbrach Mardengo ihn scharf.

Oka Mama runzelte die Stirn. Sie wußte nicht, wovon die Rede war. Sie nahm sich vor, Mardengo später ein paar klärende Fragen zu stellen.

„Bist du bereit, zu sprechen?“ fragte Mardengo.

„Ja“, erwiderte Dan. Er verdrehte etwas die Augen und fuhr fort: „Es ist ein schöner Abend. Dunkel war’s, der Mond schien helle, als ein alter Kahn blitzesschnelle langsam um die Insel lief. An Bord saßen stehend Leute, schweigend ins Gespräch vertieft. Genügt das – oder soll ich weitersprechen? Versteht ihr mich auch wirklich alle? Ich spreche doch deutlich genug, oder?“

Oka Mama, Mardengo und die anderen Piraten waren sprachlos. Mit halb geöffneten Mündern starrten sie Dan an, als sei er ein Geist, der eben auf Pirates’ Cove eingetroffen war. Dann aber verzerrten sich Mardengos Züge von neuem, und er stieß einen Fluch aus.

„Du mußt verrückt sein, Tucker“, sagte er, nur mühsam beherrscht. „Anders kann es nicht sein. Nur so läßt sich erklären, daß du es wagst, uns zu reizen. Ich überlasse dich Oka Mama, sie wird dich mit dem Messer bearbeiten.“

Oka Mama zückte ihr Messer. „Komm her, Hundesohn“, fauchte sie. „Fangen wir an.“

„Ich nehme mir den Narbenkerl vor“, sagte Mardengo. Dann drehte er den Kopf der Hütte zu, in der Ferris, Roger und Sam lagen, und schrie: „Zum letzten Mal, Killigrew! Redest du? Wo ist euer Schatzversteck? Spuck es aus, und es geschieht euch nichts!“

„Das glaubst du selber nicht!“ brüllte Ferris.

Sie mußten die Piraten um jeden Preis hinhalten, bis Hasard eine Möglichkeit fand, einzugreifen. Mardengo wollte einiges von ihnen wissen – es war der einzige Trumpf, den sie noch in Händen hatten, anderenfalls hätte die Bande sie längst einen nach dem anderen umgebracht.

Mardengo wollte sich auf Carberry stürzen. Hasard hatte sich im Dickicht aufgerichtet und hielt sein Messer wurfbereit. Ben, Carberry, Dan und alle anderen Männer der „Isabella“ duckten sich instinktiv. Sie wollten ihre Haut so teuer wie möglich verkaufen.

Doch genau in diesem Augenblick ertönte ein Knacken und Prasseln, und ein Mann stürzte aus dem Dickicht ins Lager. Mardengo und seine Spießgesellen fuhren zu ihm herum.

„Was willst du?“ schrie Mardengo ihn an. „Solltest du nicht an Bord der Engländer-Galeone Wache halten?“

„Gato und die anderen haben die Galeone besetzt“, erwiderte der Kerl. „Aber wir kriegen Besuch. Sieben Galeonen halten auf die Insel zu. Es scheinen die zu sein, die uns bei Daytona zusetzten.“

„Spanier?“ Mardengo stieß eine ellenlange Verwünschung aus. „Das hat uns jetzt noch gefehlt!“

„Wer sind diese Spanier?“ kreischte Oka Mama. „Du hast mir nichts von ihnen gesagt! Du hast mir etwas verschwiegen, Mardengo, verfluchter Bastard! Der Teufel soll dich holen!“

Im Nu herrschte Wuhling, die Meldung hatte wie eine Kanonenkugel eingeschlagen, Ben, Ferris, Roger, Sam, Dan und alle anderen Arwenacks aber atmeten auf. Das Eintreffen der Spanier erfolgte zum richtigen Zeitpunkt und lenkte die Piraten von ihren Gefangenen ab. Das Verhör, das Mardengo die ganze Zeit über angedroht hatte, erfuhr einen Aufschub. Mardengo mußte sich unverzüglich um den Verband kümmern, der sich von Nordwesten der Insel zu nähern schien.

Darauf hatte auch Hasard nur gewartet. Das unerwartete Auftauchen der Spanier war auch für ihn von Nutzen. Er konnte sich denken, daß es sich um den Verband handelte, der auch hinter der „Isabella“ herjagte, um den Schatz von Fort St. Augustine zurückzuholen. Dennoch war es eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen er über das Erscheinen der „Dons“ erfreut war.

Die Piraten rannten im Lager hin und her, Oka Mama stieß mit spitzer Stimme die übelsten Flüche aus. Die Chancen, die Arwenacks aus den Händen des Gegners zu befreien, wuchsen.

Der Aufruhr wollte kein Ende nehmen. Mardengo riß seine Waffen an sich und rempelte dabei Oka Mama an, die um ein Haar zu Boden stürzte. Sie quittierte sein Mißgeschick mit einer neuen Serie von Flüchen und schlug und trat nach ihm.

Er beachtete sie nicht weiter, winkte dem Korsen und fünf anderen Kerlen zu und stürmte los. Er mußte so schnell wie möglich an Bord der „Isabella“ gelangen, die er bereits zu seinem neuen „Flaggschiff“ erklärt hatte.

Im Prinzip legte sich Mardengo die gleiche Strategie zurecht wie Gato, der von Bord der „Isabella“ aus in diesem Moment immer noch die Laternen der Schiffe beobachtete. Man mußte abwarten und erst einmal herausfinden, was der Gegner vorhatte. Dann konnte man ihn angreifen und versuchen, ihn auf das Riff zu locken. Wie sonst sollten die Piraten gegen sieben gut armierte Galeonen bestehen, die Pirates’ Cove mit ihren Kanonen mächtig einheizen würden?

Der Verband mußte um die Hälfte vermindert werden, dann konnte Mardengo ihn angreifen. Die „Isabella“ konnte es mit zwei, vielleicht sogar mit drei Schiffen aufnehmen, den Rest besorgten die „San Carmelo“ und die beiden Einmaster.

Oka Mama hatte aufgehört zu fluchen und drehte sich zu ihren Gefangenen um.

„Ihr habt uns das alles eingebrockt“, stieß sie hervor. „Macht ihr mit den Spaniern gemeinsame Sache? Sind sie eure Verbündeten?“

„Nein“, erwiderte Ben. „Wir haben nichts mit ihnen zu tun.“

„Du sprichst mit gespaltener Zunge, Sohn eines räudigen Hundes und einer Hure“, sagte die Alte. „Wer traut dir schon? Ich ganz bestimmt nicht.“

„Spanien ist Englands Feind“, bestätigte Big Old Shane Bens Worte. „Wir würden uns niemals mit den Dons einigen. Das gibt es bei uns nicht.“

„Und wieso sprecht ihr so gut Spanisch?“

„Ihr bedient euch doch auch der spanischen Sprache“, erwiderte Ben. „Das hat nichts weiter zu bedeuten – oder seid ihr etwa mit den Spaniern verbündet?“

„Dreh mir nicht das Wort im Mund um!“ schrie sie ihn an. „Ich töte dich!“

„Oka Mama“, erklärte einer der Piraten. „Was die Hunde sagen, könnte stimmen. Es ist ein reiner Zufall, daß die Spanier hier aufgetaucht sind.“

„Halt du dein Maul“, sagte sie grob. Dann vollführte sie eine unwirsche Gebärde. „Los, führt dieses Gesindel ab. Ich will sie vorläufig nicht mehr sehen. Nachher beraten wir, was mit ihnen geschieht – ich entscheide es! Sperrt sie in die Hütten, immer acht Mann auf einmal!“

Die Piraten beeilten sich, den Befehl auszuführen. Oka Mama trat zwischen die Hütten und hob lauschend den Kopf. Noch war kein Kanonendonner zu vernehmen. Wenn die Spanier mit ihren Galeonen auf das Riff liefen, war die Partie halb gewonnen. Wenn einige von ihnen am Nordufer landeten, fanden sie in den Fallen den Tod. Doch wenn es nur einem Teil des Verbandes gelang, nach Osten abzulaufen, die Insel zu runden und in die Ostbucht einzudringen, änderte sich die Lage.

Oka Mama mußte sich bereit halten. Im schlimmsten Fall mußte sie die Landzunge im Osten aufsuchen und das Katapult bedienen mit dem man die pulvergefüllten Tontöpfe auf die Schiffsdecks des Gegners schleudern konnte.

Hasard konnte jede Bewegung der Piraten im Schein des Lagerfeuers beobachten. Er hatte gehofft, daß die Alte sich ihm nähern würde – er hätte nicht gezögert, sie gefangenzunehmen. Aber sie stand an der gegenüberliegenden Seite, für ihn vorerst unerreichbar.

Er mußte handeln und durfte keine Zeit mehr vergeuden, sonst war auch diese Chance vertan. Nur wenige Piraten befanden sich als Wachen im Lager. Sie hatten die Seewölfe jetzt in die Hütten gestoßen und rammten die Türen zu. Riegel wurden vorgeschoben, aber es gab keine Schlösser. Es würde keine Schwierigkeit sein, die Türen wieder zu öffnen.

Die beiden Negersklaven, die mit furchtsamer Miene hin und her eilten, würden kaum Widerstand leisten, sie wurden ohnehin gegen ihren Willen auf Pirates’ Cove festgehalten. Aber gab es in den anderen beiden Hütten, die nicht als Gefängnis dienten, noch weitere Bewohner des Lagers?

Hasard stellte sich diese Frage aus einem guten Grund. Er war etwas weiter in südliche Richtung gepirscht und registrierte in diesem Moment, daß sich an der Rückwand einer der beiden Hütten etwas regte. Er verharrte, ließ sich auf den Bauch nieder und robbte im Schutz des Dickichts weiter.

Jetzt sah er es ganz deutlich: Eins der Bretter, aus denen die Hüttenwände zusammengezimmert waren, wurde von innen her bewegt. Er beschloß, der Sache auf den Grund zu gehen. Wer immer in dieser Hütte war, er mußte ein Motiv dafür haben, daß er sie nicht auf dem normalen Weg durch die Tür verließ. Offenbar traf er Anstalten, sich heimlich zu entfernen. Aber warum?

Seewölfe Paket 18

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